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Todesfessel - Franken-Krimi

Todesfessel - Franken-Krimi

Titel: Todesfessel - Franken-Krimi
Autoren: Volker Backert
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Herr Kommissar? Gerade noch legen Sie recht überzeugend dar, dass der Täter aus dem unmittelbaren Umfeld unserer Ballerina stammt. Und jetzt wollen Sie plötzlich diese Riesenmaschinerie wieder anwerfen? Aktivierung SOKO über die Polizeipräsidien in Bayreuth und München, verbunden mit maximalem Medienhype – ich bitte Sie!«
    Er beugte sich nach vorn, zeigte mit dem Finger auf Charly.
    »Nein, Herr Kommissar, hier geht’s um den Freundes- und Kollegenkreis des Opfers, um Besitzer von Theaterschlüsseln, meinetwegen noch ein paar Recherchen im SM -Milieu – dazu brauchen wir doch keine frankenweite SOKO , das ist unsere ureigenste Coburger Hausaufgabe!«
    Eigensinnig schüttelte Charly den Kopf. »Bedenken Sie das Ausmaß seiner Tatortinszenierung. Allein diese zeitraubende, fast kunstvolle Fesselung seines Opfers. Wie er sie dann noch rittlings auf den Stuhl drapiert hat. Das geht über eine spontane Einzeltat weit hinaus, das schreit doch nach Wiederholung, nach Serialität!«
    »Zum jetzigen Zeitpunkt bloße Spekulation, Herr Kommissar!« Stein verschränkte entschlossen die Arme. »Nicht jeder perverse Täter ist gleich ein Serientäter, lassen Sie sich da mal nicht von Ihrer glorreichen Vergangenheit als, wie war das doch gleich, als fränkischer Super-Cop blenden!«
    Ritter unterband eine drohende Eskalation. »Stellen wir die Entscheidung über eine SOKO doch bis morgen früh zurück …«

Sonntag
    06:50 Uhr – Coburg, Am Ölberg
    »War, children, it’s just a shot away, shot away!« , dröhnte es durch Charlys Apartment. »War, children, it’s just a shot away, shot away!«
    Merry Clayton, die einzige weibliche Stimme, die jemals einen Song der Stones dominieren durfte. Merry Clayton, die sich bei diesem Overdub-Duett mit Mick Jagger so verausgabte, dass sie eine Fehlgeburt erlitt.
    »Gimme Shelter«, im Sommer 1969.
    Da saß ich noch im Sandkasten im Untersiemauer Kindergarten, dachte Charly schwer atmend.
    »War, children …«
    »… neun … zeehn!«
    Mit einem urwüchsigen Stöhnen stieß er die Dreißig-Kilo-Hantel ein letztes Mal nach oben und ließ sie dann mit einer letzten kontrollierten Bewegung in den Ständer rollen. Ausgepumpt blieb er auf der Bank liegen.
    Ich sollte doch lieber in ein Studio gehen, dachte er. Endlich wieder unter normale Leute kommen.
    »Love, sister, it’s just a kiss away, kiss away …!«
    Echte Frauen sehen …
    Er griff nach seiner offenen Volvic-Flasche, trank mit gierigen Zügen.
    Das Telefon klingelte.
    Er zuckte zusammen, verschluckte sich und bekam einen Hustenanfall.
    Eine Münchner Nummer, um diese Zeit?
    »Herrmann.«
    Erneut zwei heftige Huster. Drei. Vier.
    »Na, na, na, mein lieber Kommissar! Bist wohl doch wieder unter die Raucher gegangen?«
    Die dunkle, weiche Stimme, der amüsierte Unterton: Vor Charlys geistigem Auge erstand sofort ein spöttisch lachender Mund mit zwei markanten Grübchen; er spürte förmlich ihr langes schwarzes Haar in seinem Gesicht. Barbara Antlkofer, die Profilerin des Polizeipräsidiums München.
    »Ciao, Bella …«, lächelte er ins Telefon und drehte mit der anderen Hand die Stones leise. »Nein, ich rauche natürlich nicht … für heiße Luft in Franken bleibt immer noch München zuständig!«
    »Ah geh … Bist immer no der oide Franken-Sturschädel …?«
    »Das hat dir doch damals schon gefallen, gib’s ruhig zu!«
    »Den Teufel werd ich tun!«, lachte sie. Gleich darauf wurde sie wieder ernst. »Du, ich bin hier grad online in der Süddeutschen und dem Münchner Merkur: ›Brutaler Mord an Ballerina‹, ›Theatermord erschüttert Coburg‹ . Was ist denn da passiert, was ist denn in Coburg los, Charly? Ist doch grad erst mal zwei Jahre her, dass wir Nik the Ripper aus dem Verkehr gezogen haben!«
    Nachdenklich betrachtete er seine Fingernägel. »Weiß der Geier. Wenn’s so weitergeht, machen wir hier langsam San Diego Konkurrenz.«
    »San Diego …?«
    »Inoffizielle Welthauptstadt der Serienmörder. Liest du keine FBI -Statistiken?«
    »Ach … das war doch in den späten Siebzigern«, konterte sie gelassen. »Lies mal was Aktuelleres als diese FBI -Opas Douglas und Ressler! Aber sag, warum gehst du schon wieder von einer Serie aus?«
    Charlys Blick fiel auf die verdreckte Scheibe des Balkonfensters. Eine weißbraune Vogelkotspur zog schräg nach unten, durchkreuzte die Turmspitze der Morizkirche.
    »Instinkt«, sagte er langsam. »Erfahrung und Instinkt. Du hättest sehen sollen, wie er das Ganze
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