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Tod auf der Donau

Titel: Tod auf der Donau
Autoren: Michal Hvorecky
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nicht vielleicht irgendwie anders hätte lösen können. Er dachte nur noch eines: was zu tun war, um das Ziel zu erreichen.
    Er blieb vor einem Laden mit Kindersachen stehen. Er kaufte einen Autokindersitz. Er ging in die Drogerie, wo ihn die Verkäuferinnen in ihren Weihnachtskostümchen so zuvorkommend behandelten wie noch nie zuvor. Er erklärte ihnen, dass er eine ganze Reiseausstattung bräuchte, Hygieneartikel et cetera, sie berieten ihn und gaben Nora sogar das Fläschchen. Er legte das Baby auf den Rücksitz und befestigte es mit einem Sicherheitsreißverschluss und einem Gurt. Seinen Rucksack holte er nicht mehr bei Mona ab. Auf der vollen Autobahn fuhr er schnell, aber besonnen, bei riskanten Abschnitten ließ er sich überholen. Obwohl er das Auto heizte, war ihm kalt.
    Er hielt regelmäßig an, alle zwei Stunden. In den jeweils dafür vorgesehenen Bereichen auf den Raststätten wechselte er unbeholfen die Windeln. Nora saugte eifrig am Fläschchen, während sie mit ihren Handflächen Martins Finger umklammerte.
    Er traute sich nicht, in einem Stück durchzufahren. Ein bisschen fürchtete er auch die Staatsgrenze. In der Nähe Wiens nächtigte er in einem Hotel. Sobald er mit der Kreditkarte bezahlt hatte, erhielt er eine Rechnung aus dem Automaten, die einen Strichcode enthielt, mit dem er anschließend die Tür öffnen konnte. In einem kleinen, menschenleeren Restaurant bestellte er eine Kleinigkeit zum Essen, aß schnell und legte sich danach gleich hin. Nora weckte ihn im Verlauf dieser Nacht alle zwei Stunden.
    Er brach früh auf, ein ganz normaler Fahrzeuglenker im dichten Feiertagsverkehr. Es war noch dunkel. Jeder Laternenmast war wie ein Alarmsignal. Die letzten 60 Kilometer legte er in einer Stunde zurück. In Kittsee wurde er von niemandem kontrolliert. In Bratislavawarteten Bodenfrost und Schneefall auf ihn. Er parkte, und mit dem Baby im Arm betrat er das Haus.
    In der Wohnung legte er seine Jacke ab, trank einen Kaffee und entschied sich, Nora gleich seinen Platz am Fluss zu zeigen. Die Sonne schien schwach mit einem Licht, dem man sofort ansah, dass das Jahr zu Ende ging. Das Ufer war mit einer dünnen Eisschicht bedeckt.
    Es schien ihm fast so, als könnte er in der flimmernden Luft die
America
sehen. Stolz ragte sie aus dem Wasser, und auf ihrem oberen Deck stand die versammelte Schiffsmannschaft. Er trat noch einen Schritt vor, und das Bild verschwand.

DANK
    Mein großer Dank gilt Roman Cangár, der mich als Erster auf das Donauschiff mitgenommen hat; er ist mir bei diesem Romanprojekt stets hilfreich gewesen. Jana Cviková und Tom Kraushaar danke ich für die Unterstützung, kritische Lektüre und liebevolle Textbearbeitung. Zora Jesenská, Ján Rozner, Jarmila Samcová, Ján und Pavel Vilikovský, Miroslava und Stanislav Vallo, Ján Zambor,
Alma Münz
und Michaela Jurovská danke ich für ihre besondere Leistung im literarischen Übersetzen ins Slowakische und für die inspirativen theoretischen Betrachtungen zu diesem Thema. Valentin Gheorghe navigierte mich durch das Donaudelta und dolmetschte dabei fleißig. István Pinter erinnerte mich an viele Gespräche mit den Passagieren. Die bekannten slowakischen Donaukapitäne Pavol Buzgovič und Július Ilka vermittelten mir an Bord ihre Erfahrungen aus drei Jahrzehnten. Michael Szatmáry beantwortete ausführlich meine Fragen zum jüdischen Leben im alten Bratislava. Für das Ergebnis ist allein der Autor verantwortlich. Alle Figuren und Firmen sind erfunden.

Informationen zum Autor
    © Stefan Laktis
    Michal Hvorecky, geboren 1976, lebt in Bratislava. Er hat bisher einen Roman und zwei Erzählbände veröffentlicht. In der FAZ und der ZEIT sowie zahlreichen weiteren Zeitschriften sind Essays und Geschichten von ihm erschienen. Er ist der erfolgreichste slowakische Autor seiner Generation und wurde mit zahlreichen Preisen und Stipendien ausgezeichnet.
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