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Titanen-Trilogie 02 - Die Kinder der Titanen

Titanen-Trilogie 02 - Die Kinder der Titanen

Titel: Titanen-Trilogie 02 - Die Kinder der Titanen
Autoren: Piers Anthony
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war, hatte er die Sprache erlernt oder vielmehr wiedererlernt. Nun verstand er zwar alles, doch Mund und Zunge waren nicht imstande, die Silben richtig wiederzugeben.
    Also ging er ein wenig verärgert zur nächsten. Auf eine Weigerung war er nicht gefaßt gewesen, und er wußte nicht recht, wie er sich verhalten sollte. Das zweite Mädchen war etwas jünger, mit helleren Haaren. Eigentlich sah sie viel besser aus als die erste. Er faßte wieder nach seinem Reif.
    Sie sah ihn gleichgültig an. »Kannst du nicht sprechen?«
    Verlegen preßte er das Wort hervor: »A-m-rreif.« Armreif. In seinem Bewußtsein sah er es deutlich vor sich.
    »Scher dich fort, Tölpel!«
    Var wußte nicht recht, was er tun sollte, deswegen nickte er einfach und ging weiter.
    Keines der Mädchen war interessiert. Manch eine zeigte ihm ihre Verachtung mit niederschmetternder Unverblümtheit. Schließlich kam eine ältere Frau auf ihn zu. Sie trug bereits einen Reif. »Krieger, du verstehst es wohl nicht, deswegen will ich es dir erklären! Ich habe dich kämpfen gesehen. Glaube mir, daß ich dich nicht kränken möchte.«
    Var war überglücklich, daß wenigstens eine ihn respektvoll behandelte. Dankbar hörte er ihr zu.
    »Diese Mädchen hier sind noch jung«, sagte sie. »Die kennen keine Plackerei, haben noch keine Kinder geboren, haben wenig Erfahrung. Die sind nur aufs Vergnügen aus. Du – nun ja, du bist fremd hier und deswegen sind sie mißtrauisch… Und du bist ein noch unerfahrener Krieger, deswegen sehen sie dich von oben herab an. Und – das muß ich dir sagen – du bist nicht hübsch anzusehen. Das spielt im Ring zwar keine Rolle, aber hier ist es von Bedeutung. Eine Frau mit Erfahrung könnte Verständnis dafür aufbringen, aber diese vergnügungssüchtigen jungen Gänse niemals. Sie können nichts dafür. Die Zeit bringt es mit sich, daß sie anders werden – ähnlich einem Krieger. Auch ein Krieger kann Fehler machen.«
    Var nickte. Ihre Worte bereiteten ihm zwar eine Enttäuschung, dennoch war er dankbar, obgleich er nicht alles verstand. »Wer – «
    »Ich bin Tyla, die Frau des Anführers. Ich wollte dir das alles nur begreiflich machen.«
    Er hatte sie eigentlich fragen wollen, an welches Mädchen er sich denn am besten wenden sollte, doch nun war er froh, daß er wußte, wer diese hilfsbereite Frau war.
    »Geh zurück in dein Heimatlager, wo man dich kennt«, sagte sie. »Tyl kann dich nicht leiden, und damit stehen deine Chancen hier noch schlechter. Es tut mir leid, daß ich dir deinen großen Abend verderben muß, aber so ist es nun einmal.«
    Jetzt hatte er begriffen. Er war hier nicht erwünscht. »Dank«, brachte er hervor.
    »Viel Glück, Krieger. Dir wird die Richtige noch begegnen. Und das Warten wird sich lohnen. Hier hast du nichts verloren.«
    Var verließ das Zelt.
    Erst als die kühle Nachtluft ihn umfing, kam die Reaktion. Er war hier nicht erwünscht. Im Lager des Herrn hatte man ihn liebevoll aufgenommen, und niemand hatte ihm gesagt, er wäre häßlich. Trotz seiner Kindheit und des Lebens in der Wildnis hatte er das Gefühl, seinen Platz in der Welt der Menschen zu finden. Jetzt wußte er, daß man ihn beschützt hatte, nicht körperlich, sondern menschlich. Und heute war er mit der Erreichung der Mannbarkeit der Wahrheit begegnet. Er war noch immer ein Kind der Wildnis, zum Leben mit den Menschen nicht geschaffen.
    Zunächst war er so verlegen, daß ihm die Hitze in den Kopf stieg und seine Hände zitterten. Wie unbefangen er seinen schimmernden jungfräulichen Armreif angeboten hatte!
    Und dann packte ihn der Zorn? Warum das alles? Welches Recht hatten diese gezähmten Menschen, so über ihn zu urteilen? Er hatte versucht, sich ihren Regeln anzupassen, und nun lehnten sie ihn ab. Und dabei hätte keiner von ihnen im Ödland lange überlebt.
    Er holte seine schimmernden Metallstöcke hervor und wog sie liebevoll in der Hand. Ja, damit konnte er gut umgehen. Er war nun ein Krieger. Und er brauchte sich von niemandem mehr etwas gefallen zu lassen. Er betrat den Ring und schwenkte seine Waffen.
    »Kommt und kämpft mit mir!« rief er. Er wußte, daß seine Worte nur als Gestammel herauskamen, doch das störte ihn nicht. »Ich fordere euch alle heraus!«
    Aus einem kleinen Zelt trat ein Mann. »Was soll der Lärm?« Tyl war es, der Lagerführer, in einem groben wollenen Nachthemd. Der Mann, der Var bereits so deutlich seine Abneigung gezeigt hatte. Var konnte sich nicht erinnern, ihm jemals zuvor
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