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Tiger Eye

Titel: Tiger Eye
Autoren: Marjorie M. Liu
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und Hari umkreisten sich. Hari wandelte sich zum Teil. Seine Hände wurden zu Klauen, und auf seinen anschwellenden Armen wuchs Fell.
    »Ich dachte, die Macht des Magiers wäre schwächer geworden«, sagte Dela, als seine Hände zu glühen begannen.
    »Er hat seine Macht niemals verloren, aber nachdem er Hari verfluchte, hat sich seine Magie allmählich gegen ihn selbst gewendet. Die letzten zweitausend Jahre hat ihm jeder Gebrauch seiner Gabe Schmerzen bereitet. Wie viel allerdings, das weiß ich nicht.« Long Nü beugte sich über Dela, und ihre goldenen Augen glühten kurz auf. »Es gibt nur ein Ende in diesem Kampf, Dela. Und zwar den Tod für den Magier - und für Hari.«
    »Was wollen Sie damit sagen?«
    »Ich habe keine Zeit, es zu erklären. Nur so viel: Ihre Leben sind miteinander verwoben. Jeder entspricht der Schwäche des anderen. Sie sind zwar unsterblich, aber nicht in Bezug zueinander, Dela. Wenn Hari den Magier tötet, wird auch er sterben.«
    *
    Zweitausend Jahre flogen an Haris innerem Auge vorbei, aber das Einzige, was die Bestie in ihm zum Heulen brachte, war die Erinnerung an Delas Gesicht und Körper, die beinahe bis zur Unkenntlichkeit verletzt worden waren. Der Magier hatte Haris Partnerin misshandelt, die Frau, die er mehr liebte als sein Leben.
    Nein. Dela war sein Leben.
    »Ich habe darauf gewartet«, sagte er. »Seit dem Tag, an dem du meine Schwester ermordet hast. Von dem Moment an, da mir klar wurde, dass du noch lebst.«
    Der Magier lachte bitter. »Und ich habe die letzten zweitausend Jahre an nichts anderes gedacht als an dich. Daran, was für einen verdammten Mist ich da gewirkt habe!« Seine Finger glühten in weißem Feuer. Hari bemerkte, wie der Magier zitterte. »Ich habe viele Jahre lang Zeit gehabt, mich an den Schmerz zu gewöhnen, Hari. Und ich habe ihn so gering wie möglich gehalten. Aber jetzt... jetzt ist der Augenblick gekommen, sich an einiges zu erinnern, was ich verloren habe.«
    Die Hände des Magiers explodierten in einem weißen Lichtball und knisternder Hitze. Hari wich den beiden Flammenspeeren aus, die in die Nacht hinaus flogen. Im nächsten Moment war der Gestaltwandler wieder auf den Beinen und schlug mit ausgefahrenen Krallen nach der Kehle des Magiers. Der konnte den Schlag aber abblocken und schleuderte Feuer auf Haris Haut.
    Stahl blitzte in der Hand des Magiers auf. Ein Dolch, den er in einer Scheide unter seinem Hemd verborgen hatte. Hari grinste und spreizte die Finger, als die Bestie aus ihm herausbrach.
    Endlich. Blut.
    *
    »Was für ein Unsinn ist das?« Dela versuchte sich aufzurichten, schaffte es aber nur, sämtliche Luft aus den Lungen zu keuchen. Dann brach sie zusammen, und Lise nahm ihren Kopf auf ihren Schoß. Dela sah Long Nü finster an. »Weiß Hari das?«
    »Nein. Und du darfst es ihm nicht sagen. Falls du es tust, könntest du alles zerstören.«
    »Es dürfte kaum mehr Zerstörung geben als den Tod!«, fuhr Dela sie an.
    »Er muss nicht sterben.« Long Nüs Augen glühten in jenem unirdischen Licht. »Ich hätte nicht so viel von mir gegeben, wenn dies das einzig mögliche Ende gewesen wäre.«
    Dela starrte sie an, während sich in ihrem Hinterkopf eine Vorahnung regte. Die Erinnerung an einen Traum, in der Badewanne in China. Tod, der mit einem Seufzer daherkam. Haris gequälter Blick.
    »Erklärt Euch!«, befahl Dela.
    Long Nü fuhr mit den Händen über Delas Gesicht, zwar ohne es zu berühren, aber sehr dicht. Dela roch Sandelholz und Stein.
    »Ein Leben für ein Leben. Das war der Preis des Bannes, dieses Fluches, die Motivation, wegen der er gewirkt wurde. Hari hat sein Leben für seine Schwester gegeben. Es gibt kein größeres Geschenk, doch der Magier hat die Macht von Haris Opfer verfälscht, um etwas Dunkles, Perverses zu schaffen. Er glaubt noch immer, dass die Dunkelheit der Schlüssel ist, um den Fluch zu brechen.« Long Nü warf Lise einen vielsagenden Blick zu.
    Dela sah, wie Hari kaum sieben Meter entfernt nach dem Magier schlug und seine Krallen die Brust des Mannes zerfetzten. Der Magier schrie, Stahl blitzte in seiner Hand auf. Hari sprang zurück. Seine Bewegungen glichen einem Tanz, und erneut traf er den Magier, diesmal ins Gesicht. Blut spritzte durch die Luft.
    »Genug von der Geschichte!«, schrie Dela, die fühlte, dass der Tod gleich käme. »Wie brechen wir den Fluch?«
    Eine Andeutung von Wärme kroch in Long Nüs Blick. »Eine gute Wahl«, flüsterte sie und strich Delas Haar zurück. »Deine Wahl,
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