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Themba

Themba

Titel: Themba
Autoren: Lutz van Dijk
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Verwandten. Da er inzwischen weiß, dass er bei Nomtha und mir mit so was nicht landen kann, winkt er uns nur kurz zu und ruft: » Sobonana, bantwana - bis später, Kinder!« Wir nicken und kauen ruhig weiter.
    Bis dahin ist Onkel Luthando immer vor Einbruch der Dunkelheit aus der Stadt zurückgekommen. An diesem Abend wartet Mutter mit dem Essen bis spät in die Nacht. »Vielleicht hat er den letzten Bus verpasst«, versucht Tatomkhulu sie zu beruhigen.
    Er wartet mit uns noch eine Weile, geht dann aber doch zurück zu seiner Hütte zum Schlafen. »Wenn etwas ist, schickst du den Jungen«, sagt er und nimmt seinen Stock. Er streicht Nomtha und mir liebevoll über den Kopf.
    Kurz nachdem er gegangen ist, erklärt Mutter entschlossen: »Wir gehen jetzt auch schlafen. Bestimmt wissen wir morgen mehr.« Sie deckt Nomtha, die sich schon hingelegt hat, zu und nimmt mir vorsichtig ein Schulbuch aus der Hand, in dem ich noch gelesen habe. Dann pustet sie die letzte Kerze aus.
    Bevor ich einschlafe, höre ich Mutter, wie sie sich unruhig hin und her wälzt, schließlich wieder aufsteht, zum Fenster geht und durch den Spalt im Vorhang nach draußen schaut. Als sie sich wieder umdreht, halte ich meine Augen fest geschlossen.
    Mitten in der Nacht werden wir gleichzeitig wach, als sich ein Auto mit übertrieben hochgepeitschtem Motor den kleinen Pfad zu unserer Hütte hinaufquält. Die vielen Schlaglöcher auf dem Weg lassen die Scheinwerfer des Autos auf und ab tanzen und ein wildes Lichtspiel auf die Gardine werfen. Mutter ist als Erste an der Tür und reißt sie weit auf. Ihr im Wind flatterndes Nachthemd wird wie auf einer Bühne angestrahlt. Mit der rechten Hand schirmt sie ihre Augen gegen das grelle Licht ab und versucht zu erkennen, wer in dem Auto sitzt, das jetzt vor dem Eingang zu unserem Garten hart abbremst. Der Motor stirbt mit einem Knall ab.
    Inzwischen bin ich neben ihr und sehe, wie ein junger Mann auf der Fahrerseite herausspringt und Mutter zuruft: »Sind Sie Mandisa?«
    Als Mutter nickt, winkt er sie herbei und sagt: »Sie müssen mir helfen. Luthando ist verletzt. Er hat mir befohlen, ihn hierher zu bringen.«
    Mutter und ich rennen gleichzeitig zum Auto. Erst als wir unmittelbar davor stehen, erkennen wir Onkel Luthando, scheinbar schlafend auf dem Rücksitz in einer eigenartig zusammengekauerten Position.
    »Messerstiche, zwei oder drei, er hat Blut verloren«, erklärt der fremde Mann. »Bevor er ohnmächtig wurde, hat er klar gesagt: keinen Arzt!«
    Dann öffnet er eine der hinteren Wagentüren und zerrt Onkel Luthando am Oberkörper grob heraus, bis dessen Füße auf den Boden fallen. Dann schnauzt er uns an: »Nun fasst schon mit an, verdammt!«
    Mutter ergreift Luthandos Beine, aber der Onkel ist schwer, und sein Begleiter wird immer ungeduldiger. Schließlich gelingt es, als ich das rechte Bein nehme und Mutter das linke. Zu dritt schleppen wir ihn hinauf in unsere Hütte. Nomtha, die im Türrahmen steht und uns entsetzt zugeschaut hat, springt im letzten Moment zur Seite. Der Mann sieht Mutters Bett, zerrt uns dorthin mit und lässt dann Onkel Luthandos Oberkörper einfach fallen.
    »Er hat zwei Stiche im Arm, soweit ich das mitbekommen habe, und einen im Bauch«, sagt er dann und wischt seine blutverschmierten Hände an Mutters sauberer Bettdecke ab.
    »Was ist denn nur geschehen?«, stößt Mutter endlich hervor.
    Aber der junge Mann ist schon an der Tür: »Das soll er Ihnen lieber selbst erzählen. Und nicht vergessen: keinen Arzt, keine Polizei!« Damit dreht er sich ohne ein weiteres Wort um und läuft zurück zum Auto. Der Motor springt mit einem erneuten Knall an. Er wendet den Wagen ungeschickt und holpert dann mit aufheulendem Motor den Pfad hinunter zur Straße. Während der Lärm langsam abebbt, gehen in zwei Hütten auf einem der Hügel gegenüber die Lichter an.
    » Kwenzeka ntoni - was ist los? Braucht ihr Hilfe?«, schreit die alte Nachbarin, die wir alle Mama Zanele nennen und deren Rundhütte auf dem Hügel gegenüber steht. Ihr Mann ist schon lange tot, die älteren Kinder sind aus dem Haus und ihre jüngste Tochter starb vor gut einem Jahr nach einer längeren Krankheit.
    »Luthando hatte einen Unfall«, ruft Mutter zurück. »Aber wir schaffen das schon.«
    »Ich komme!«, schreit sie erneut.
    Wir gehen zurück ins Haus, Mutter schließt die Tür von innen. Nomtha entzündet eine Öllampe, während ich einen Kessel mit Wasser auf den kleinen Paraffinkocher stelle. Mutter hat
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