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Teller, Janne

Teller, Janne

Titel: Teller, Janne
Autoren: Nichts
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Eskildsens Fragen nach Wind und Wetter und Gewässern in Amerika antworten konnte, und
zwar sowohl in Nord- wie in Südamerika. Von Zeit zu Zeit fuhr ich wie zufällig
mit dem Finger über die Kante der schwarzen Karten mit Goldrand in der Tasche,
um mich noch ein weiteres Mal zu versichern, dass ich an vieren davon die raue
Kante spüren konnte.
    Als es
nach der letzten Stunde klingelte, hatten wir unsere Taschen schon gepackt und
verschwanden jeweils zu dritt in unterschiedliche Richtungen. Wir benutzten
vier verschiedene Wege zum stillgelegten Sägewerk und gingen immer in ganz
kleinen Gruppen. Die Erwachsenen sollten auf keinen Fall misstrauisch werden
und zu schnüffeln anfangen. Vom Klingeln bis zur Ankunft der Letzten vergingen
nur zwanzig Minuten. Ich zog die schwarzen Karten aus meiner Schultasche und
gab sie Jan-Johan. Er betrachtete sie lange, und ich musste wegschauen, um
nicht zu offensichtlich auf seine Hände zu starren, die eine Karte nach der
anderen nach Markierungen abzusuchen schienen. Ich konnte nicht anders und
musste lächeln, als er schließlich zufrieden war und sie sorgfältig zu mischen
begann.
    Jan-Johan
hob ab und platzierte den Stoß Karten auf ein Brett, das quer über zwei
Sägeböcken lag.
    »Gut«,
sagte er. »Damit es keine Mogeleien gibt, nimmt jeder von uns die Karte, die
oben auf dem Stoß liegt. Zwei ist die niedrigste, As
die höchste. Stellt euch in einer Reihe auf...« Jan-Johan sagte noch mehr, aber
ich hörte es nicht. Plötzlich war mir, als müsste ich ganz schrecklich nötig
pinkeln, und mir wurde eiskalt, so dass ich glaubte, ich würde krank. Ach,
hätte ich doch nur die andere Lösung gewählt und stünde jetzt mit einem Zweier
in der Tasche hier!
    Es war
nichts zu machen. Ich musste brav irgendwo mitten in der Schlange hinter
Marie-Ursula stehen und so tun, als wäre nichts.
    Alle
trippelten nervös, so dass es aussah, als bewege sich die Schlange, auch wenn
sie still stand. Nur Ole und Elise, die danebenstanden und zuschauten und lachten und Witze machten, wirkten unberührt. Es war ihnen
völlig egal, dass niemand mitmachen wollte.
    Gerda zog
die erste Karte und sah weder erleichtert noch enttäuscht aus, sie hielt sie
nur dicht an die Brust, sobald sie draufgeschaut hatte. Der große Hans lachte
los und hielt eine Drei hoch, so dass wir sie alle sehen konnten. Sebastian
lachte auch, aber nicht ganz so laut, er hatte Karo acht .
Einer nach dem anderen aus der Schlange ging vor, Einzelne jubelten, wenige
verstummten, die meisten machten es wie Gerda und hielten die Karte dicht an
den Körper, während der Rest eine Karte zog.
    Marie-Ursula
war an der Reihe. Sie zögerte kurz, hob dann die oberste Karte ab und seufzte
erleichtert auf. Sie hatte eine Fünf gezogen. Dann war ich dran.
    Ich wusste
sofort, dass keine Zwei obenauf lag. Die erste raue Kante, die zu sehen war,
lag etliche Karten unter der obersten. Einen Moment lang überlegte ich, wie ich
den Berg so umstoßen könnte, dass es wie ein Missgeschick aussah, und wie ich dann die Karten aufsammeln und wie zufällig die Zwei
nach oben legen könnte. Aber Richard trieb mich von hinten an, und ich konnte
nichts anderes tun, als die oberste Karte abzuheben, deren Goldrand bis in
alle Ecken heil war und glänzte. Pik As.
    Dreizehn von dreizehn ist dreizehn.
     
    Ich wurde nicht ohnmächtig.
    Aber die
restliche Verlosung ging vonstatten, ohne dass ich irgendetwas davon
mitkriegte. Ich kam erst wieder zu mir, als ich mit Ole, Elise, Jan-Johan,
Richard und dem frommen Kai in einem Kreis stand. Von nun an bestimmte Ole.
»Wir treffen uns um elf Uhr in Richards Fahrradschuppen. Von dort ist es nicht
weit bis zum Friedhof .«
    »Also, das
ist keine gute Idee«, sagte der fromme Kai mit bebender Stimme. »Ich könnte
aus der Inneren Mission verstoßen werden .«
    »Ich finde
auch nicht, dass die Idee gut ist .« Auch Elise bekam
wohl kalte Füße. »Kannst du dir nicht was anderes überlegen, was ich abliefern
muss? Zum Beispiel meine Uhr.« Elise streckte den Arm vor, so dass wir alle die
rote Armbanduhr sehen konnten, die ihr Vater ihr gekauft hatte, als sie zu den Großeltern
zog.
    Ole
schüttelte den Kopf.
    »Mein Discman ?« Elise klopfte auf ihre Jackentasche, wo sie, wie
wir wussten, das Wunder versteckte, mit dem niemand aus der Klasse konkurrieren
konnte.
    Ich glaube
kaum, dass es Elise leidtat , dass wir ihren kleinen Bruder
ausgraben sollten. Ich glaube, Elise hatte Angst, ihre Eltern könnten es
entdecken und
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