Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Tanz um Mitternacht

Titel: Tanz um Mitternacht
Autoren: Kat Martin
Vom Netzwerk:
einen Einzigen enttäuschen, bedrückte ihn.
    Seufzend wandte er sich wieder zu den Hauptbüchern, die zuvor seinem jüngsten Vetter gehört hatten. »Wer immer es war, der Schurke hat den Jungen in den Bankrott getrieben. In knapp zwölf Monaten hat Jonathan fast jeden Penny seines Erbes investiert - und letzten Endes alles verloren.«
    Ephram Barclay, sein Anwalt, runzelte die Stirn. »Nie gab sich der junge Jonathan mit seinem Besitz zufrieden, immer wollte er noch mehr. Er war fest entschlossen, ein Riesenvermögen zu machen und seine Fähigkeiten zu beweisen.«
    Auf der anderen Seite von Ephrams Schreibtisch lehnte sich Rand in den tiefen Ledersessel zurück und rieb seine Augen. Plötzlich fühlte er sich todmüde. »Der Junge war zu vertrauensselig. Wäre er zu mir gekommen...«
    »Dann hätten Sie ihm erklärt, dieses Unternehmen sei zu riskant, Euer Gnaden. Jonathan glaubte, um möglichst viel Geld zu scheffeln, müsste er ein gewisses Wagnis eingehen. Unglücklicherweise war er nicht auf die Konsequenzen vorbereitet.«
    Und es waren schlimme Konsequenzen. Vor den Augen seiner Freunde gedemütigt und unfähig, seine enormen Schulden zu bezahlen, hatte er seine hoch geschätzte Mitgliedschaft im Almack’s eingebüßt. Statt um Hilfe zu bitten, hatte sich der 22-jährige Jonathan Randall Clayton das Leben genommen. Vor zwei Wochen hatte ein Stallknecht die Leiche des jungen Mannes gefunden, an einen Deckenbalken der Stallungen erhängt, die zu seinem verpfändeten Familiensitz gehörten.
    »Welche Fehler er auch immer begangen hat, er war ein guter Junge«, erwiderte Rand. »Nach dem Tod seiner Eltern hätte ich besser auf ihn achten müssen. Zumindest teilweise trage ich die Schuld an seinem unrühmlichen Ende.«
    Ephram beugte sich über den Schreibtisch, ein großer, dünner, grauhaariger Mann, der seit zwanzig Jahren die Angelegenheiten der Familie Beldon regelte. »Machen Sie sich keine Vorwürfe. Was der Junge trieb, wussten Sie nicht. Erst letztes Jahr trat er sein Erbe an. Wer konnte ahnen, wie unklug er sein Geld investieren oder dass er nach seinem Fehlschlag Selbstmord verüben würde?«
    Trotzdem wurde Rand von Gewissensqualen geplagt. Blutjung und leicht zu beeindrucken, hatte sich Jonathan jahrelang gelobt, das kleine Erbe seines Vaters in ein gigantisches Vermögen zu verwandeln. Stattdessen hatte er den ganzen, ohnehin geringfügigen Besitz seiner Familie verloren. Vor lauter Verzweiflung war er freiwillig aus dem Leben gegangen.
    Rand neigte sich wieder über das aufgeschlagene Hauptbuch. »Da steht nicht, wohin das Geld verschwunden ist.«
    »Nein, hier nicht.« Ephram öffnete ein anderes Buch und zeigt es seinem Klienten. »Wie Sie sehen, ging fast die gesamte Summe an Merriweather Shipping. Damit sollte Kopra von den West Indies gekauft werden. Ein erfolgreiches Geschäft hätte das Investment Ihres Vetters verdoppelt, Euer Gnaden. Bedauerlicherweise ging das Schiff in einem wilden Sturm unter, die Besatzung kam ums Leben, und Jonathan büßte sein ganzes Hab und Gut ein.«
    In Ephrams Stimme schwang ein seltsamer Unterton mit. Seit Rand nach dem Tod seines Vaters den Titel des Dukes geerbt hatte, genoss der Anwalt sein rückhaltloses Vertrauen. »Also gut, mein Freund. Offenbar steckt noch mehr dahinter. Erzählen Sie mir alles.«
    Ephram nahm seine Brille mit dem Drahtgestell ab und legte sie auf die Tischplatte aus poliertem Eichenholz. »So, wie ich Sie kenne, dachte ich mir, dass Sie möglichst viel über Merriweather Shipping erfahren wollen. Und so zog ich Erkundigungen ein - nicht die üblichen. Gewisse Informationen muss man kaufen. Allem Anschein nach sind mehrere Schiffe dieses Unternehmens im Meer versunken - und zahlreiche Investoren verloren ihr Geld.«
    Rands Augen verengten sich. »Was deuten Sie an, Ephram?«
    »Wie ich herausgefunden habe, wurden sämtliche Frachten ausschließlich mit dem Geld von Investoren finanziert. Wäre das Schiff nicht gesunken, sondern irgendwo anders als in England gelandet, hätten sich die Firmeninhaber den beträchtlichen Profit angeeignet.«
    »Also ein Betrug im großen Stil?«
    »Möglicherweise täuschte Merriweather Shipping den Untergang des Schiffs vor, änderte seinen Namen und ließ es in irgendeinen fernen Hafen bringen. Dann wäre der Gewinn beachtlich.« Kalter Zorn krampfte Rands Magen zusammen. Durch die Schuld niederträchtiger Schwindler hatte sein junger Vetter den Tod gefunden. Statt einer glücklichen Zukunft
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher