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Sturmwolken am Horizont -: Roman (German Edition)

Sturmwolken am Horizont -: Roman (German Edition)

Titel: Sturmwolken am Horizont -: Roman (German Edition)
Autoren: Elisabeth Büchle
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lasse nicht zu, dass Sie meine Verlobte noch länger beschimpfen!«
    Sowohl Bruno als auch Demy fuhren erschrocken zu Philippe herum.
    Grete rutschte zu ihm und klammerte sich Schutz suchend an sein rechtes Bein.
    »Packen Sie Ihre Sachen und verlassen Sie das Haus!«, befahl Philippe. Seine Wut auf den Mann wuchs zunehmend. Was fiel dem Kerl ein, eine Frau dermaßen unhöflich anzugehen, zumal es sich auch noch um Demy handelte …
    »Nein, Bruno soll bleiben«, fiel Demy ihm in den Rücken. »Der Herr Rittmeister braucht einen Freund an seiner Seite«, versuchte sie zu erklären. Im Licht der elektrischen Deckenlampe entdeckte er die Spuren harter Arbeit an ihren bittend erhobenen Händen.
    Bruno nahm Demys Widerspruch zum Anlass, um die Küche zu verlassen. Er ging nicht zurück zu den Feiernden, sondern verschwand in die entgegengesetzte Richtung. Vermutlich war er auf dem Weg in seine Kammer.
    »Ich werde schon mit ihm fertig«, sagte Demy erstaunlich gelassen. »Er regt sich immer schnell auf, aber er vertritt die Interessen des Rittmeisters. Und er pflegt ihn. Ich möchte ungern auf seine Hilfe verzichten, zumal er – außer dem Herrn Rittmeister – der einzige Mann im Haus ist.«
    Philippe presste unwillig die Lippen zusammen. »Sie haben genug um die Ohren, auch ohne dass Ihnen jemand Steine in den Weg legt und womöglich irgendwann in den Rücken fällt.«
    »Bruno ist nicht dumm. Er weiß, wenn er das jetzige System zerstört, wird auch er untergehen.«
    »So hörte sich seine Argumentation für mich aber nicht an.«
    »Vielleicht kenne ich ihn inzwischen besser als Sie.«
    Aus Sorge um sie und weil sie ihn so herausfordernd anblitzte, nahm er, wie er es bereits einmal getan hatte, ihr Gesicht in seine Hände. So konnte sie wenigstens nicht weglaufen und musste ihm zuhören. »Ich weiß längst nicht alles, was hier geschieht und welchen Kämpfen Sie ausgesetzt sind, schwarzes Schäfchen. Aber ich möchte nochmals ausdrücklich darauf hinweisen, dass Sie sich jederzeit an mich wenden können, falls Sie Hilfe benötigen.«
    »Das weiß ich, und ich werde es beherzigen.«
    »Davon bin ich nicht überzeugt.«
    »Das dürfte aber Ihr Problem sein.« Damit entzog sie sich seiner Berührung und ging vor der verstörten kleinen Grete in die Knie.
    Noch immer zögerte er, sich endgültig abzuwenden, aber letztlich rang er sich dazu durch. Langsam stieg er die Stufen in den ersten Stock zu seinem Pflegevater hinauf. Seine Gedanken jedoch blieben bei Demy. Er fühlte eine angenehme Zufriedenheit in sich; eine neugeborene Vorfreude auf ein Wiedersehen mit ihr. Bei der Erinnerung daran, wie nah sie ihm gewesen war, wie stark ihr Blick ihn aufgewühlt, wie intensiv er die Berührung empfunden hatte, als er ihr Gesicht berührt hatte, spürte er ein verloren geglaubtes Feuer in sich aufflackern.
    Philippe lächelte. Er war mit einer aufregenden Frau verlobt, und sein Herz war bereit, sich nach dem Verlust von Udako wieder neu zu verlieben.

Kapitel 47
    Petrograd, Russland,
Dezember 1916
    Der Droschkenkutscher öffnete ihr die Tür und bot Anki die Hand zum Aussteigen. Sie ergriff sie, trat vorsichtig auf das glatte Pflaster und bedankte sich herzlich, was den älteren Herrn verwundert die Augenbrauen heben ließ.
    Anki fand nicht die Energie, um ihm zu erklären, dass sie ein einfaches Kindermädchen war, auch wenn sie die Hauptpforte eines Palastes benutzte. Sie sah dem Wagen nach, wie er leicht schlingernd davonfuhr. Behutsam, um nicht zu stürzen, drehte sie der vereisten Mojka den Rücken zu und betrachtete die in Gelb und Weiß gehaltene prächtige Fassade des Palais. Die gewaltigen runden Säulen, die das schmucke Vordach trugen, vermittelten den Eindruck, als stünden sie vor dem Haus Wache. Und Anki war dazu bestimmt, die vier Chabenski-Kinder zu beschützen. Sie würde sich dieser Aufgabe stellen, vermutlich ihr ganzes Leben lang und mit all ihrer Kraft. Aber in diesen Zeiten war es sogar schwer, von einem Tag zum nächsten zu planen.
    Rasputins Leichnam war sehr schnell gefunden worden; die Täter bereits ausgemacht. Doch die Zarenfamilie machte ihren Einfluss geltend, und vermutlich würden die Verschwörer ungeschoren davonkommen. Die Lage war verwirrend, die Gerüchteküche brodelte und das Volk hungerte jeden Tag mehr, wodurch die Bereitschaft, auf die Stimmen der roten Revolutionäre zu hören, ständig anwuchs.
    In all dem Chaos versuchte Anki, der ruhende Pol der Fürstenkinder zu sein und von Tag zu
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