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Streiflichter aus Amerika

Titel: Streiflichter aus Amerika
Autoren: Bill Bryson
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durchgängig ein imponierend hohes Niveau biochemischer Kenntnisse voraus. Die Vaginalzäpfchenanzeige versichert den Leserinnen selbstbewußt, daß die Einahme von Diflucan der von »Monistat7, Gyne-Lotrimin oder Mycelex-7 über sieben Tage hinweg vergleichbar ist«, während die Anzeige für Prempro verspricht, daß es »die gleiche Wirkung hat, wie wenn man Premarin und ein Progestin separat einnimmt«.
    Führt man sich vor Augen, daß das für Tausende und Abertausende Amerikaner sinnvolle Aussagen sind, scheint die Tatsache, daß unser Bowlingbruder eine Tube Hämorrhoidensalbe in der Hemdtasche hat, nicht mehr ganz so abwegig.
    Ich weiß nicht, ob diese landesweite zwanghafte Beschäftigung mit der eigenen Gesundheit wirklich was bringt. Ich weiß nur, daß es einen viel angenehmeren Weg gibt, vollkommene innere Harmonie zu erlangen. Trinken Sie sechs Gläser Bier, und schauen Sie vor dem Schlafengehen neunzig Minuten Open University. Das hat bei mir noch immer gewirkt.

    Die Post! Die Post!

    Zu den Reizen des Lebens in einer kleinen, altmodischen Stadt in Neuengland gehört eine kleine, altmodische Post. Unsere ist besonders reizend. Das hübsche, fast zweihundert Jahre alte Backsteingebäude ist stattlich, aber nicht protzig, und sieht genauso aus, wie eine Post aussehen sollte. Es riecht sogar gut – nach einer Mischung aus Gummikleber und etwas zu hoch aufgedrehter alter Zentralheizung.
    Die Angestellten am Schalter sind stets flink und effizient und geben einem gern ein Stück Tesafilm, wenn sich die Lasche eines Briefcouverts zu lösen droht. Darüber hinaus beschäftigen sie sich nur mit postalischen Aufgaben – sie kümmern sich weder um Rentenzahlungen noch Kindergeld, Kraftfahrzeugsteuern, Fernsehgebühren, Pässe, Lotteriescheine oder sonst eines der hundert Dinge, die einen Besuch in einer britischen Post zu einem solch beliebten Ganztagsereignis machen und schwatzhaften Leuten, die nichts so genießen wie eine ordentlich lange Jagd nach dem genauen Geldbetrag in ihren Börsen und Handtaschen, einen todsicher befriedigenden Zeitvertreib bieten. Hier dagegen gibt es nie Warteschlangen, und man ist in Minutenschnelle drin und wieder draußen.
    Und das Allerbeste ist, daß jede amerikanische Post einmal im Jahr einen sogenannten Kundentag feiert. Unserer war gestern. Von diesem wundervollen Brauch hatte ich noch nie gehört und war sofort angetan. Die Angestellten hatten Fahnen aufgehängt, einen langen Tisch mit einer hübschen, karierten Decke aufgestellt und einen Festschmaus mit Donuts, Pastetchen und heißem Kaffee aufgetischt – alles gratis.
    Es kam mir wie das reinste Wunder vor, daß sich eine gesichtslose staatliche Behörde bei mir und meinen Mitbürgern dafür erkenntlich zeigte, daß wir sie als Kunden beehrten. Ich war beeindruckt und dankbar, und fand, ehrlich gesagt, auch gut, daß man daran erinnert wurde, daß Postangestellte nicht nur hirnlose Automaten sind, die ihre Tage damit verbringen, Briefe zu zerreißen und mutwillig meine Honorarschecks an einen Typen in Vermont namens Bill Bubba zu schicken, sondern engagierte Spezialisten, die ihre Tage damit verbringen, meine Briefe zu zerfetzen und meine Honorarschecks an einen Typen in Vermont namens Bill Bubba zu schicken.
    Wie dem auch sei, ich war hingerissen. Daß Sie nun denken, meine Loyalität zur Post sei billig mit einem Schokodonut und einem Plastikbecher Kaffee zu kaufen, ist mir zwar peinlich, aber es trifft zu. Sosehr ich auch die Post Ihrer Majestät der Königin von England schätze, einen morgendlichen Imbiß hat sie mir noch nie angeboten, und ich muß gestehen, daß ich nach Erledigung meiner Besorgungen nach Hause schlenderte, mir die Krümel aus dem Gesicht wischte und hinsichtlich des Lebens in Amerika im allgemeinen und der Post der Vereinigten Staaten im besonderen nur Gutes zu sagen hatte.
    Aber wie bei fast allen staatlichen Dienstleistungen währte die Freude nicht lange. Als ich nach Hause kam, lag die Post auf der Fußmatte. Die Massen an Werbemüll und -schrott, die tagtäglich in jedem US-amerikanischen Haushalt eintrudeln, können Sie sich einfach nicht vorstellen. Unter den üblichen zahlreichen Aufforderungen, einen Regenwald zu retten, neue Kreditkarten oder die lebenslange Mitgliedschaft in der nationalen Inkontinenzstiftung zu erwerben, meinen Namen (gegen eine kleine Gebühr) in den Who's Who der Menschen in Neuengland, die Bill heißen , eintragen zu lassen, Band eins der Großen Explosionen zur
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