Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Stirb mit mir: Roman (German Edition)

Stirb mit mir: Roman (German Edition)

Titel: Stirb mit mir: Roman (German Edition)
Autoren: Ruth Dugdall
Vom Netzwerk:
unsere Liebe das, was ich bereits spüre? Sie ist die Einzige, und ich weiß, dass sie mich heilen kann.
    Als ich mich beruhigt habe, fragt sie: »Was ist denn passiert? Warum bist du so durcheinander? Liegt es an dem Urteil, das morgen gefällt wird?«
    Noch immer halten ihre Arme mich fest umschlungen. Ihre Küsse auf meinem Hals sind wie die Perlen einer Kette. Ich möchte ihr alles gestehen, doch mein Mund gleicht einer Festung, die sämtliche Worte zurückhält. Ich kann ihr nicht sagen, dass ich krank sein könnte.
    »Ich weiß es«, flüstert sie. »Die Geschichte mit David Jenkins kenne ich. Alice, meine süße Liebe.«
    Ich versuche, mich zu befreien. Sie lockert ihren Griff ein wenig, doch ihre Arme umfangen mich noch immer. Als ich mich abwenden will, wiegt sie mich. Ich gebe nach und lasse meine Last zu ihrer werden. Ich bin wieder Kind, und Lee ist ein Elternteil. Irgendwann schließe ich die Augen und lasse es zu – das Gefühl, geliebt zu werden. Ich muss den Gedanken an die Krankheit verbannen. Er wurde wie ein schlechter Same in meinen Kopf gesät.
    Plötzlich erinnere ich mich an meine Mutter, an ihre kühle Haut und die frisch lackierten rosafarbenen Nägel. Ich denke an den Moment, als ich zum letzten Mal mit ihr zusammen war und mein Kopf an ihrer Brust lag. Wie sehr ich sie zurückhaben möchte, jene Liebe. Ich möchte meine Mutter zurückhaben …
    »Komm, wir gehen nach oben«, sage ich.
    Lee führt mich die Treppe hinauf in mein Schlafzimmer.
    Sie entkleidet sich und schaut mich an. Ich behalte das weiße Kleid an, ich möchte nicht nackt sein. Als sie im Bett liegt, greift sie nach mir und zieht mich sanft zu sich auf die weiche Matratze. Ich schlüpfe unter die frischen Laken. Lees Lächeln ist voller Wärme, und trotzdem fange ich an zu frösteln.
    »Küss mich«, sage ich. »Ich möchte, dass du mich liebst.«
    Lee streichelt mich, schiebt ihr Bein zwischen meine Schenkel. Als sie die Augen schließt, ziehe ich das Messer unter dem Kopfkissen hervor. Ihre Augen öffnen sich, sie mustert mich. In ihren Pupillen spiegelt sich das Messer.
    »Bitte nimm das Messer herunter.«
    Es steckt in meiner erhobenen Hand, die Spitze zeigt auf Lees Herz. Jetzt ist der richtige Moment gekommen.
    »Alice, bitte.«
    Ich bin wie Lots Frau, unbeweglich, starr und weiß wie eine Salzsäule.
    »Es ist vorbei, nicht wahr?« Meine Frage kommt von einem Ort, der jenseits meines Bewusstseins liegt. Nichts regt sich, nur der Sand im Stundenglas verrinnt. »Ich werde lebenslänglich bekommen.«
    Ihr Blick richtet sich auf die Klinge, die ihre Haut berührt, auf meine blasse Hand, die den Holzgriff umschlossen hält. »Ganz gleich, was geschieht, Alice, wir finden eine Lösung. Ich gehe nie wieder fort – doch jetzt möchte ich, dass du mir das Messer gibst.«
    Sie bewegt sich vorsichtig, als hielte sie einen Löwen in Schach, der sie an die Gitter seines Käfigs gedrängt hat. Ich könnte jeden Moment zustoßen, aber wir liegen zu dicht nebeneinander, und ihr Bein ruht zwischen meinen Beinen. Mein Herz schlägt heftig, und ich bin sicher, dass sie die Schweißperlen auf meiner Oberlippe sieht. Findet sie mich immer noch schön?
    Langsam, ganz langsam umfasst Lee meine Hand und zieht die Spitze des Messers so tief, dass sie ihr in die Brust ritzt. »Ist das dein Wunsch, Alice? Willst du mich töten?«
    Sie führt meine Hand noch ein Stück tiefer. Die Messerspitze sticht in ihre Haut, nähert sich dem Herz. Wie ein Rubin erblüht ein Bluttropfen auf der silbernen Klinge.
    Lee sieht mich unverwandt an, hält meinen Blick fest. »Ist das dein Wunsch, Alice?«
    Wie Risse in Marmor bricht meine starre Haltung auf. Als ich spreche, klinge ich zittrig und laut. »Er hat mich betrogen. Er hat gelogen. Ich dachte, wir wollten beide das Gleiche, aber was ich für Liebe gehalten habe, war nichts weiter als sein Wunsch, mich zu infizieren. Ich bin krank, Lee, vielleicht sterbenskrank. Smith hat mich umgebracht.«
    Mit einem Ruck richte ich das Messer auf mein Herz. Die scharfe Spitze senkt sich und dringt in meine Haut, doch ich führe das Messer nicht mehr. Ich bin besiegt und krümme mich – und dann weine ich wie ein Kind.
    Lee hält mich in den Armen, in einer Hand das Messer. Sie küsst mich. Ich habe keine Schmerzen mehr. Sie flüstert mir Intimitäten zu. Das also ist der Moment, den ich von jeher gesucht habe. Man schenkt mir Liebe. Lee liebt mich, selbst jetzt tut sie es noch. Obwohl sie weiß, dass ich einen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher