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Sterntaucher

Sterntaucher

Titel: Sterntaucher
Autoren: Astrid Paprotta
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»Hier ist jemand mit dem Buchstaben E, mit dem oder der hatte er an einem Samstag um 12 Uhr ein Date. Super. Und hier ist –« Der kleine Robin Kammer hatte große Buchstaben gemalt, 1. KaKa, 1000, -. Ein Männlein auf der nächsten Seite und ein Geschöpf, das aussah wie ein mißratener Hund. Darunter stand: 2. KaKa 500, -. Nie hatte er sich verschrieben, nichts war durchgestrichen oder übermalt, 3. KaKa 500- und auf derselben Seite: Gessner, Zimmer 316.
    »Meine Güte«, flüsterte sie.
    Kissel sah hin. »Gessner? Unser Gessner von der Sitte?« Er pfiff. »316, stimmt. Hat er wohl eine Vorladung bekommen.«
    Sie legte den Finger auf den Eintrag. »Könnte es sein, daß Robin seine Mutter erpreßt hat?«
    »Alles kann sein. Mit was denn?« Kissel kniff die Augen zusammen. »Du meinst –«
    »Ich meine, daß er Namen auf diese Weise abgekürzt hat.« Sie zeigte ihm den Einband. » RoKa, da erkennen wir unschwer Robin Kammer.« Sie schlug den Block wieder auf und blätterte zur Seite mit dem Eintrag 3. KaKa 500, -. »Und das?«
    »Kassandras Kaschmirteppich. Kostete ursprünglich Tausend, hat er dann auf Fünfhundert runtergehandelt.« Kissel klopfte mit zwei Fingern aufs Steuer. »Katja Kammer, na schön. Sie wird ihm Geld gegeben haben, sie ist seine Mama. Vielleicht auch geliehen, darum notiert er die Beträge. Was soll denn das sein, erstens, zweitens, drittens? «Er lachte. »Gescheit wäre das nicht, ein anständiger Erpresser notiert sich das Datum. Ein guter Erpresser hinterläßt gar keine Aufzeichnungen.«
    »Erster, zweiter, dritter Versuch«, schlug sie vor. »Ein gewöhnlicher Mörder deckt auch sein Opfer nicht auf diese Weise zu, oder? Das ist irgendwie so – mütterlich. Außerdem der Friedhof, ich meine, wenn ich eine Leiche loswerden will, bring ich sie in den Wald oder stopf sie sonstwohin, aber ich leg sie doch nicht ordnungsgemäß auf dem Friedhof ab. Das sieht nach Beziehungstat aus.«
    »Und Mama hat sich schon mal vorsorglich unsichtbar gemacht?« Er nahm ihr das Notizbuch aus der Hand und blätterte zurück. » Hure geh sterben, fang an « , las er laut. »Da fehlt ein Komma nach Hure.«
    »Erklär mir bitte auch«, sagte sie, »warum er sich den Namen eines Kollegen notiert, der Pornozeug bearbeitet. Der bearbeitet doch Pornozeug, oder?«
    »Aber sie ist doch eine berühmte Sängerin, erzählt uns der Sohn.« Kissel lächelte. »Jetzt hast du sie so weit, daß ihr zweiter Sohn sie mit, wie nennst du das, Pornozeug erpreßt hat, weshalb sie ihn schnell mal gemetzelt hat, auch noch feige, wahrscheinlich von hinten. Weiter.«
    »Ich will bloß wissen, ob der Gessner Pornos … Paragraph –«
    »Aber ja doch«, sagte Kissel. »Der macht genau das, was du früher gemacht hast. Als es dir noch gut ging bei der Sitte, als du nicht dauernd Leichen gucken mußtest.«
    »Laß mich in Ruhe«, sagte sie. »Außerdem hatte ich kaum Pornos, mir haben sie immer diese blödsinnigen Exhis zugeschoben. Wahnsinnig aufregend, viel frische Luft.«
    »Ina, ist dein Vater Maurer? Du mauerst so schön.«
    »Mein Vater war Bäcker und ich backe sehr gut.«
    Er sah sie an. »Einer von uns beiden war beim Polizeipsychologen, ich war das nicht.«
    »Und ich melde mich nicht dauernd krank und hur dann rum, du –« Sie riß ihm den Block aus der Hand und schlug ihn in die offene Handfläche. »Diese Kammer, wo steckt die Tussi, wer ist das überhaupt?« Dorians Worte fielen ihr ein, eigentlich waren sie die ganze Zeit schon in ihrem Kopf. Sie ist immer unterwegs, hatte er gesagt, den Sternen hinterher und dem Glück.
     
    Ihre Wohnung war dunkel und so still, daß sie den Hall ihrer Schritte auf dem Parkett hören konnte. Schon am Anfang verloren sie Zeit – wo war die Mutter? Warum hatte Dorian Kammer ihnen eine falsche Adresse gegeben? Sie warf ihr Notizbuch quer durch den Flur, wo der Kater, ein schwarzweißer Brummer namens Jerry, es mit einer Maus verwechselte.
    Heimkehrrituale: Sie schloß ihre Waffe weg, prüfte zweimal das Schloß und stellte ihre Schuhe neben den quietschbunten Schirmständer, den eine von Toms unzähligen Nichten nach Erpressermanier mit Zeitungslettern beklebt hatte, FÜR TOMMY CZERWINSKI UND INA HENKEL IN DIE SCHÖNE NEUE WONUNG. Dann wusch sie sich dreimal hintereinander die Hände, wobei sie wußte, daß es Blödsinn war, weil einmal gründlich reichte. Man kam aber nicht immer gegen sich selber an. In ihrer Tasche steckten noch die Latexhandschuhe vom Fundort Robin Kammer, schnell
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