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Stern der Göttin

Stern der Göttin

Titel: Stern der Göttin
Autoren: Sandra Melli
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wie Luft. Der Stoff umspielte ihre langen, harmonischen Glieder, und in der Hand hielt sie eine weiße Blüte, die einen atemberaubenden Duft verströmte.
    Es dauerte ein paar Augenblicke, bis Laisa erkannte, dass ein Teil dieser Erscheinung eine geschickte Illusion war. Ihren Zwecken war das jedoch dienlich, denn als sie nach einer Passage zu den unteren Seen am Bärenfluss fragte, überschlugen sich die Kapitäne förmlich, ihr zu Diensten zu sein.
    Laisa selbst trug zwar noch ihre Lederstreifenrüstung aus dem Blauen Land, hatte jedoch auf das blaue Tarnartefakt verzichtet und trat wie selbstverständlich durch die für die Leute dieser Seite bestimmte Tür in die Herberge. Die Wirtin wollte sich ihr in den Weg stellen, trat aber auf eine Handbewegung Meanils hin beiseite. Verblüfft wie sie war, hätte sie wahrscheinlich auch Ysobel und Rongi nicht verboten, durch diese Tür zu kommen, doch die beiden hatten sich bereits für den anderen Eingang entschieden. Der Tisch dort war der einzige, der noch frei war. Kurz entschlossen winkte Laisa ihren beiden Freunden, ihn über den trennenden Strich zu schieben, und half mit, bis er halb auf ihrer und halb auf der anderen Seite stand.
    »So, jetzt können wir uns setzen«, sagte sie zu Meanil. Diese lächelte sanft, während weiterhin ein Strom heilender und stärkender Magie von ihr ausging und alle Anwesenden erfasste.
    Laisa hatte schon oft gehört, wie ihre Mitmenschen göttlichen Segen erbaten, doch nun verstand sie erst, was es damit auf sich hatte. Die Ausstrahlung der Eirun gab den Leuten neue Kraft und Lebensmut. Auch war es wohl selten so gesittet in dieser Gaststube zugegangen wie an diesem Tag, aber dennoch würde er allen, die dabei waren, in schönster Erinnerung bleiben.
    Niemand wagte es, die Gruppe von sich aus anzusprechen. Nur der Kapitän, den Laisa für die Weiterfahrt zum Bärenfluss und auf diesem bis zu den unteren Seen ausgesucht hatte, kam an den Tisch, um ihnen mitzuteilen, dass sein Schiff für sie bereitläge, wann immer sie es wollten.
    In der Gaststube herrschte eine so friedliche Stimmung, dass sich sogar niemand darüber aufregte, als Ysobel wegen des Salzfässchens über die trennende Linie griff und für ein paar Augenblicke fast ganz auf der verbotenen Seite weilte. Sie merkte es selbst und zog sich mit einem erschrockenen »Tut mir leid!« zurück.
    Meanil lächelte jedoch nur und reichte ihr ihren eigenen Becher. »Menschen erkennen oft nicht einmal die Farbe ihres Gegenübers, doch ich sehe bis in dein Herz. Es ist das eines guten Menschen.«
    Dieser Erkenntnis konnte Laisa nur aus vollem Herzen zustimmen.
    Die friedliche Stimmung hielt auch am nächsten Morgen noch an. Die Schiffer halfen einander, vom Steg loszukommen, und es waren wohl noch nie so wenige Schimpfworte gefallen wie an diesem Tag. Zum Abschied gab Meanil ihnen noch einmal einen Beweis ihrer Macht. Der Wind stand ungünstig für jene, die stromauf fahren wollten, und die meisten hätten kreuzen müssen, um zu den Treidelpfaden zu gelangen. Die Eirun hob jedoch nur die Hand, dann flaute der störende Wind ab, um bald wieder aufzufrischen und in eine für die Schiffer günstige Richtung zu wehen.
    Laisa hatte diesen Zauber schon einmal bei Khaton gesehen, doch dieser hatte damals nur ein einzelnes Flussboot bewegt und nicht wie Meanil Dutzende großer Stromschiffe. Auch das Schiff, mit dem sie fuhren, wurde von diesem Wind zum Beginn der Treidelstrecke getrieben, und die übrigen Kapitäne warteten, bis sechs kräftige Pferde vorgespannt wurden und den Prahm, auf dem die Eirun reiste, zu ziehen begannen. Danach reihten sich die Goisen in mustergültiger Ordnung in die Schlange der Schiffe ein und verwirrten die tenelianischen Treidelknechte durch ihre ungewohnte Höflichkeit.
    Da sie nun alle Gefahren gut überstanden hatte und der Stern der Göttin in ihrem Besitz war, drängte es Laisa, Khaton zu treffen und ihm das Artefakt zu übergeben. Aus diesem Grund vermied sie es, länger in Tanfun oder Gamindhon Rast zu machen, obwohl man ihr dort gerne Gastfreundschaft erwiesen hätte.
    Bei den unteren Seen angekommen, mussten sie das Schiff verlassen und zwei Tage lang bis zu den oberen Seen reiten. Die neun Kisten mit den Versteinerten wurden auf Karren gelegt und von Fuhrleuten die Anhöhen hinaufgeschafft. Während der Fahrt setzte Laisa sich immer wieder auf den vordersten Karren und kratzte nachdenklich an der einen oder anderen Kiste. Es juckte sie in den Fingern,
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