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Stehaufmädchen: Wie ich mich nach dem Attentat meines Stiefvaters zur Boxweltmeisterschaft zurückkämpfe (German Edition)

Stehaufmädchen: Wie ich mich nach dem Attentat meines Stiefvaters zur Boxweltmeisterschaft zurückkämpfe (German Edition)

Titel: Stehaufmädchen: Wie ich mich nach dem Attentat meines Stiefvaters zur Boxweltmeisterschaft zurückkämpfe (German Edition)
Autoren: Felicia Englmann , Rola El-Halabi
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alle nett zu mir waren, jeder mir meinen Erfolg gönnte, jeder mich anhimmelte. Ich dachte wirklich, dass mich jeder mochte. Aber das war nur, solange ich oben stand. Dann saß ich im Rollstuhl, auf Hüfthöhe der Leute und irgendwie ganz unten. Ich musste aufschauen zu den Leuten und mich begaffen lassen. Im echten Leben, im normalen Leben, sind alle auf Augenhöhe. So sollte es ein. Da will ich hin. Jeder macht seinen Job, und alles ist in Ordnung. Ich jedenfalls kann allen in die Augen sehen.
    Noch immer treffe ich Menschen, die auf der Straße vor mir weglaufen. Sie kennen mich von früher, und sie gehören zu denen, die sich nach dem 1. April einfach in Luft aufgelöst haben. Manche sind beleidigt, weil ich auf ihre eine magere SMS nicht geantwortet habe. Die ducken sich jetzt weg, wenn sie mir begegnen, dabei bin doch ich diejenige, die enttäuscht wurde – aber ich gehe ihnen aufrecht entgegen, allen. Weil die Menschen nun mal so sind, wie sie sind, das weiß ich jetzt.
    Auch mein Team muss sich nun auf Rola, die Geschäftsfrau, einstellen. Ich lasse mir nichts mehr vorschreiben und mich nicht mehr bevormunden, das müssen jetzt auch alle, die mit mir zusammenarbeiten, verstehen und respektieren. Ich möchte niemanden im Team gegen jemand anderen austauschen müssen, auch wenn im Grunde jeder in jedem Team der Welt austauschbar ist. Aber wer mit mir, der neuen Rola, nicht klarkommt, wird gehen müssen – so schade ich das fände, denn ich mag mein Team. Wir alle arbeiten jetzt zusammen an etwas, das es kein zweites Mal gibt: Rola, der Boxerin mit einer einzigartigen Geschichte, die wieder da oben im Ring steht.

Lust auf die Zukunft
    Mein neues Leben begann langsam, sich gut anzufühlen. Mir ging es besser, körperlich und seelisch, und mochte es auch Tage geben, an denen die alte Angst wieder hochkam, so blickte ich doch nach vorne, voller Lebensfreude, voller Lust auf die Zukunft. Kosta war mir in all den schlechten Zeiten eine so große Stütze gewesen, hatte alle meine Launen, meine schlimmen Tage und die durchheulten Nächte tapfer mit mir durchgestanden. Wir hatten uns eine Beziehung aufgebaut, von der wir selbst nicht gedacht hätten, dass sie je so stark werden könnte. Im März 2012 eröffneten wir dann zusammen ein Café in der Ulmer Altstadt. Kosta gab seinen alten Laden auf. Wir bauten uns so nicht nur eine private, sondern auch eine gemeinsame berufliche Basis auf: das »BaRola«.
    Kosta ist der Gastronom von uns beiden, es war seine Idee, dass wir ein gemeinsames Café eröffnen. Ich selbst wäre wohl nicht darauf gekommen, dass es mir Spaß machen könnte, Kaffee zuzubereiten, obwohl ich ja die Erfahrung mit dem libanesischen Restaurant meiner Eltern hatte. Von damals wusste ich noch: Der Gastronom arbeitet dann, wenn alle anderen frei haben. Da gibt es kein Weihnachten, keinen Geburtstag, kein Wochenende. Privatleben oder eine eigene Familie mit diesem Beruf zu verknüpfen ist schwierig. Doch ich vertraute Kosta, der seit zwölf Jahren in der Branche arbeitet, und irgendwie war es wie selbstverständlich, dass wir etwas gemeinsam machen. Wir wählten die Inneneinrichtung zusammen aus, dekorierten die Wände, klebten mühsam Silberfolie an die Decke und ließen meine schönsten Box-Fotos auf große Leinwände ziehen. Alle sind von Andreas Reiner, dem Fotografen, der freiwillig gegen meinen Vater ausgesagt hat. Ich brachte meine Ideen ein, Kosta seine und seine Erfahrungen als Gastronom sowieso. So begann nicht nur für mich, sondern auch für Kosta beruflich ein neues Leben. Privat hatte es ja schon begonnen.
    Bei der Eröffnung im März setzten wir noch auf Ganztagesbetrieb. Aus einem Tagescafé mit Kuchen und Frühstücksangebot sollte abends eine Bar werden. Wir sperrten um acht Uhr auf und hatten bis nach Mitternacht geöffnet. Das waren lange und anstrengende Tage, daher ist das »BaRola« jetzt ein Abendcafé und eine Shisha-Bar. Es gibt Wasserpfeife und Cocktails, und wer etwas essen möchte, kann ein Sandwich oder einen anderen kleinen Snack bekommen.
    Anfangs stand ich jeden Tag hinter dem Tresen. Kosta und ich arbeiteten zusammen, auch an den Wochenenden. Es machte mir viel Freude, doch im Vorfeld des Comeback-Kampfes musste ich mich weitgehend aus dem täglichen Cafébetrieb zurückziehen, um mich auf den Sport zu konzentrieren und mich um die Organisation des Events, die Sponsorensuche und all diese Dinge zu kümmern. Wenn heute kurzfristig Personal für das Café ausfällt,
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