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Stefan Bonner und Anne Weiss

Stefan Bonner und Anne Weiss

Titel: Stefan Bonner und Anne Weiss
Autoren: Generation Doof
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kleinen Regenbrunnen mit Farbwechsellampe und Naturklän-gen. Maik bekommt den Luft-Ionisator für die erholsame Nacht. Falls die beiden unsere Geschenke schon hätten, wäre das auch
kein Problem. Zum Glück gibt es eine Tchibo-Filiale in ihrer Nähe,
für den Umtausch … und wöchentlich eine neue Welt.
    »Denn die Menschen ohne Seele mögen Dinge ohne Seele, mögen Plastik.« Jan Delay Tchibo ist einer der Großlieferanten für den bürgerlichen Konsum traum. Besonders die Generation Doof hungert danach: Konsum ist neben Alkohol eine weitere Strategie, die viele von uns anwenden, um den Alltag angenehmer zu gestalten.
    Auch wenn wir längst nicht so viel Geld haben, wie wir ausgeben könnten, hindert uns dies nicht am Erwerb nutzlosen Tands. Die Bedürfnisbefriedigung steht für die Generation Doof im Vordergrund, und dabei shoppen wir auch Dinge, die kein Bewohner einer einsamen Insel je auf seine Liste fürs Überlebensnotwendige schreiben würde. Erwiesen ist, dass wir beim Einkauf mit EC-oder Kreditkarte mehr ausgeben als bei der Bargeldzahlung. Und inzwischen verwenden schon viele das einfache Plastikgeld. Ausgiebiges Shopping wird zur Ersatzbefriedigung, vor allem nach der Arbeit auf dem Weg zum heimischen Kokon. Dabei kommen uns die längeren Ladenöffnungszeiten sehr entgegen. Einkaufserkenntnis Nummer eins lautet dabei: Shopping macht glücklich, Shopping bis 22.00 Uhr macht glücklicher.
    Und in unserem Kaufrausch erfüllen wir uns jeden Wunsch sofort. »Ich verdien doch jetzt Geld, da will ich nicht mehr warten«, sprach unsere Freundin Sofie und griff nach der neuen CD der Fan tastischen Vier. Sie zählte gleich noch ein paar Gründe auf, warum sie sich in diesem Monat noch eine dritte CD kaufe: viel Stress im Büro, der Streit mit ihrem Freund und dass es diesen Freitag in der Kantine keine Fischstäbchen geben würde.
    Da wir es gewohnt sind, uns jeden Wunsch sofort zu erfüllen, und sei er auch noch so nichtig, haben wir das Warten verlernt. Vorfreude hat keinen Platz mehr im Denken der Generation Doof. Wir agieren selbst im fortgeschrittenen Alter wie Kinder an der Quengelkasse. Alles muss gleich und sofort passieren, auf Geschenke oder Güter wollen wir nicht mehr warten. Der Harry-PotterWahn in Buchhandlungen mit Erstverkaufstagspartys nachts um zwölf ist das Paradebeispiel. Dasselbe gilt für das neueste Computerspiel, das man sich schon vor Weihnachten leistet, die neue Nase, die man sich gönnt, weil einem die alte zum Hals heraushängt, oder für die zehnte Jeans, die wir unbedingt heute noch brauchen, auch wenn wir sie unglücklicherweise in der Flaute zwischen zwei Gehaltsschecks entdeckt haben. Sogar Spezialitäten sind oft keine mehr und werden deswegen schal. Wenn ich Chorizo und Man-chego bei Extra an der Frischtheke bekomme, warum soll ich dann noch nach Spanien fahren? Die Welt ist ein Dorf – die Globalisie-rung macht der eigenen Bedürfnisbefriedigung Beine.
    Darauf fußt die nächste Strategie der Generation Doof zur Spaßbefriedigung. Für schlappe achthundert Euro können wir uns eine intelligente Fernbedienung zulegen, die all unsere Geräte inklusive des Heimkinos steuert. Navigationssysteme führen dazu, dass wir gar nicht mehr wissen, wie man einen Atlas benutzt.
    Was sagen Sie? Da schlägt man doch das Handy über dem Kopf zusammen? Richtig. Die mobilen Telefone können auch immer mehr und sind nicht nur als Fotoapparat und Videokamera, son dern auch als MP3-Player zu gebrauchen – dabei nutzen die we nigsten Käufer diese Funktionen, wie die Markt-und Meinungsforscher von TNS Infratest in der Studie Global Tech Insight 2006 herausgefunden haben.
    Dennoch reißen wir uns um die modernsten Gadgets und sind ständig neidisch auf die neuesten Spielzeuge der anderen, denn die elektronischen Begleiter sind unsere Statussymbole, wenn es zum Porsche Cabrio nicht gereicht hat. Sie bieten darüber hinaus genü- gend Möglichkeiten, die Zeit zu überbrücken, in der wir uns sonst erschreckenderweise mit uns selbst befassen müssten. Wie paraly sierend das Leben mit elektronischen Anästhetika sein kann, erle ben wir auf der Geburtstagsfeier von Maik und Latoya.
    20:00 Uhr, ein Mehrfamilienhaus in Köln-Sülz. Beim zweiten Klingeln öffnet Latoya die Tür. Wir sind spät dran. In der Küche haben sich die anderen Gäste schon über das Büffet hergemacht, im Hintergrund wummert trendige Musik.
    Unsere mitgebrachte Flasche Wein wandert postwendend auf den Geschenketisch, neben das
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