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Stadtgeschichten - 04 - Tollivers Reisen

Stadtgeschichten - 04 - Tollivers Reisen

Titel: Stadtgeschichten - 04 - Tollivers Reisen
Autoren: Armistead Maupin
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das?«
    »Ziemlich gut, Kleiner.« Er legte Wilfred den Arm um die Schultern und rüttelte ihn sanft. Dann sah er Mona an. »Du bist heut abend voller Überraschungen.«
    »Komm«, sagte sie, »wir ergehen uns auf dem Wehrgang.« Sie nahm ihn am Arm und zog ihn fort. Nach ein paar Schritten blieb sie noch einmal stehen und rief Wilfred zu: »Aber nimm ja nicht das über der Bibliothek. Das ist meins. Es ist das einzige, wo’s nicht reinregnet.«
    Als sie die Treppe hinaufstiegen, fragte Michael: »Wann hast du das denn eingefädelt?«
    »Heute mittag.«
    »Du willst mich verarschen.«
    »Nö. Na ja … vielleicht schon ’n bißchen früher, aber heute mittag hab ich endlich mit Teddy darüber gesprochen. Ich hab daran gedacht, was du gesagt hast, weißt du … ich war tatsächlich drauf und dran, mal wieder zu kneifen. Ich hab mir’s zu einfach gemacht, und das war mir auch klar. Weißt du, Teddy war nie besonders scharf drauf, Easley zu verkaufen. Er wollte bloß die Verantwortung nicht haben.«
    »Na gut«, meinte er, »aber was ist mit dem Geld, um das es ging?«
    »Na, das kriegt er jetzt eben nicht. Aber es kommt ja nach wie vor die Miete von den Leuten im Dorf, und ich schick ihm jeden Monat einen Scheck. Das wird ganz gut hinhauen. Wilfred will mir im Sommer helfen, einen Tearoom für die Touristen einzurichten.«
    »Im Ernst?«
    »Einen echten Tearoom, du Dussel.«
    »Natürlich.«
    »Wir könnten einen Gärtner gebrauchen«, sagte sie, als sie eines der Schlafzimmer durchquert hatten und am Fuß der Treppe standen, die zum Wehrgang führte.
    Das Angebot entlockte ihm ein Lächeln. »Ihr habt doch Mr. Hargis.«
    »Du hast ihn schon kennengelernt, was?«
    Er nickte. »Grade vorhin.«
    »Ist er nicht fabelhaft?«
    »Ja … das ist er.«
    »Seine Frau ist auch nicht von Pappe. Sie wissen, wie alles funktioniert … oder nicht funktioniert, je nachdem. Ich krieg das hin, Mouse. Ich weiß, daß ich es kann. Leck mich am Ärmel … Lady Roughton! Ist das zu fassen? Findst du nicht, daß ich eine tolle Vermieterin abgebe?«
    »Kein Wunder«, meinte er. »Bei so einem Vater.«
    Ihr Lächeln war herzerwärmend. »Wie geht’s ihr?«
    »Gut. Und wenn ich ihr von dir erzähle, wird’s ihr noch besser gehn.«
    »Ich geb dir einen Brief mit. Diesmal, finde ich, sollte sie’s von mir erfahren.« Sie ging in der Dunkelheit auf der schmalen Stiege voran. »Das Problem mit ihr und mir ist … wir sind uns zu ähnlich. Sie will, daß ich eins von ihren Küken bin, und ich will meine eigene Glucke sein.« Sie öffnete die Tür zum Wehrgang und ging hinaus in den Mondschein.
    Er folgte ihr. »Ja, aber die Glucken können sich ja ab und zu treffen.«
    Unter ihnen strichen Scheinwerfer über die dunklen Felder – die ersten Gäste machten sich auf den Heimweg. »Ich kann sie mir hier richtig vorstellen«, sagte Mona. »Du nicht auch? Wie sie mit ihrem Hut auf dem Kopf durch die Gegend stiefelt.«
    »Gott, ja«, stimmte ihr Michael zu.
    »Ich möchte, daß du bleibst, Mouse.«
    Er wandte den Kopf und sah sie an.
    »Wir drei könnten soviel Spaß haben«, sagte sie.
    »Ich hab schon daran gedacht, Mona. Seit du den Gärtnerjob erwähnt hast.«
    »Na, laß dir’s noch mal durch den Kopf gehn. Ein ganz neues Leben, Mouse. Weit weg von all dem Scheiß zu Hause.«
    Er lachte in sich hinein.
    »Was ist?« fragte sie.
    »Na ja … ich mag den ganzen Scheiß.«
    »Ach nee.«
    »Doch. Ich weiß nicht, wie lange ich das alles entbehren könnte. Eigentlich fehlt es mir jetzt schon.«
    Sie seufzte und schaute zum Horizont. »Wenn du meinst.«
    Er erinnerte sich an etwas und mußte schmunzeln.
    »An was denkst du?« fragte sie.
    »Diese drei Dinge … was war das noch mal? Toller Job, toller Liebhaber und …«
    »Tolle Wohnung.«
    Er lachte. »’ne tolle Wohnung, würd ich sagen, ist das hier.«
    »Und ein toller Job«, ergänzte sie.
    »Mit der Liebe wird es hier draußen vielleicht ein bißchen schwierig.«
    Sie gab sich entrüstet. »Hast du schon die Postmeisterin von Chipping Camden gesehn?«
    »Nein«, sagte er und grinste.
    »Dann wär ich mir an deiner Stelle auch nicht so verdammt sicher.«
    »Eine tolle Postmeisterin? Also komm.«
    »Ich schwör’s dir. Neben der sieht Debra Winger wie ’n Batzen Hundescheiße aus.«
    Er lachte schallend.
    Sie lächelte, kuschelte sich an ihn und legte ihm den Arm um die Taille. »Ach Mouse«, sagte sie leise.
    Er wußte, daß sie wieder an Jon dachte. »Ich werd dir den Ring schicken«,
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