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SOS Kinderseele: Was die emotionale und soziale Entwicklung unserer Kinder gefährdet - - und was wir dagegen tun können (German Edition)

SOS Kinderseele: Was die emotionale und soziale Entwicklung unserer Kinder gefährdet - - und was wir dagegen tun können (German Edition)

Titel: SOS Kinderseele: Was die emotionale und soziale Entwicklung unserer Kinder gefährdet - - und was wir dagegen tun können (German Edition)
Autoren: Michael Winterhoff
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auch andere Kinder ablenkten, kamen wir im Laufe des Schuljahres zu dem Schluss, alle Kinder so zu setzen, dass sie sich nicht mehr während intensiver Arbeitsphasen anschauen konnten. Auch bekamen einzelne Kinder einen Verhaltensplan, der mit den Eltern abgesprochen war und eine tägliche Rückmeldung beinhaltete. Diese Maßnahmen, eine geringe Toleranz gegenüber Störungen und ein enger Kontakt mit häufigen Elterngesprächen führte dazu, dass mit der Zeit ein ertragreiches Arbeiten in der Klasse möglich wurde.«
    Das ist ein schönes Beispiel, wie ein Anfang mit »Bordmitteln« möglich ist, wenn Lehrer sich intensiv Gedanken machen und sich nicht von der Forderung nach scheinbar »freien« Arbeitsweisen verrückt machen lassen. Die Lehrer an dieser Schule setzten im ersten Schritt über einen auf den Lehrer zentrierten Unterricht auf Klarheit und Struktur für die Schüler. Dieses »Konzept« ist sehr gut geeignet, um die Kinder nicht noch weiter zu verwirren. Die Lehrer beziehen in diesem Beispiel die Kinder stark auf sich. Der einzelne Lehrer signalisiert ihnen immer wieder: »Hallo, hier bin ich, ich bin deine Orientierung, ich gebe dir Halt, leite dich an und begleite dich liebevoll.« Dieses konsequente Anleiten und Begleiten sorgt schließlich für eine psychische Entwicklung und entsprechend der Entwicklungspyramide für Schulfähigkeit im richtigen Alter.
    Solch gute Grundschularbeit entließe natürlich den Kindergarten nicht aus der Verantwortung. Auch die Arbeit im Kindergarten müsste sich sehr viel stärker an der Beziehung zwischen Erzieherinnen und Kindern orientieren. Deshalb gehören im Grunde genommen sämtliche derzeit kursierenden Konzepte offener Arbeit und angebotsorientierter Pädagogik zumindest auf den Prüfstand. Der grundsätzlich richtige Partizipationsgedanke in der frühkindlichen Pädagogik darf keine heilige Kuh sein, sondern muss letztlich in jedem Einzelfall auf seine Wirkung auf die Kinder untersucht und somit hinterfragt werden. Partizipation, richtig verstanden, hat nämlich nichts mit dem Konzept »Kind als Partner« zu tun, sondern zielt darauf ab, Kindern Unterentscheidungen zu ermöglichen. Das bedeutet beispielsweise: Die Erzieherinnen entscheiden, dass draußen gespielt wird, die Kinder dürfen aber mitbestimmen, welche Spiele gespielt werden.
    Weitere Forderungen sind: mehr gut ausgebildetes Personal, kleinere Gruppen, konstante Bezugspersonen, Beziehungsarbeit im Vordergrund sowie die Erweiterung der Ausbildung um das heute wichtigste Thema, die Entwicklung der emotionalen und sozialen Psyche.
    Neues Bewusstsein für ein neues Sein
    Die angesprochenen Änderungen in Kindergärten und Schulen erfordern nicht nur mehr Personal, sie können auch nur umgesetzt werden, wenn sich bei Erzieherinnen und Lehrern ein neues Bewusstsein ihres Berufs bildet und die Politik es ihnen ermöglicht, danach zu handeln. Bereits während der Ausbildung muss deshalb vermittelt werden, dass Pädagogen in Kindergärten und Schulen »Entwicklungshelfer« sein müssen. Nur so kann die Verantwortung für die emotionale Entwicklung der Kinder dort verbleiben, wo sie auch tatsächlich hingehört: in Kindergärten und Schulen. Erzieherinnen und Lehrer müssen sich mit dieser neuen und so wichtigen Aufgabe vollkommen identifizieren. Nur dann widerstehen sie der ständigen Versuchung, die Verantwortung entweder an die Eltern zurückzugeben, deren Überlastung wie bereits beschrieben hinter der Nichtentwicklung ihrer Kinder steht, oder die Probleme mit den Kindern an Therapeuten zu delegieren.
    Eine solch weitreichende Identifikation, wie ich sie fordere, kann man natürlich nur dann verlangen, wenn die organisatorischen Voraussetzungen dafür vorhanden sind, damit Erzieherinnen und Lehrer diese Leistungen erbringen können. Hier ist einerseits die Gesellschaft, andererseits aber vor allem die Politik gefragt. Es muss künftig erklärter politischer Wille sein, dass Kinder wieder Kinder sein können, und diese Möglichkeit müssen sie während ihrer Entwicklungsphase auch tatsächlich haben. Dafür müssen Schulen und Kindergärten personell wie räumlich ausreichend ausgestattet sein. Zudem sollten Politiker stärker den Praktikern an den Bildungseinrichtungen zuhören und sich die Probleme schildern lassen, anstatt Studie um Studie in Auftrag zu geben, in der man sich die Zahlen dann so zurechtbiegt, wie es ins jeweilige (partei-)politische Programm passt.
    Wie die Realität derzeit vielfach
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