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Sonst kommt dich der Jäger holen

Sonst kommt dich der Jäger holen

Titel: Sonst kommt dich der Jäger holen
Autoren: Michaela Seul
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Waffe gefunden. So was hab ich ja noch nie gehört. Also ich meine, dass Hunde Waffen finden. Manchmal finden Hunde nämlich Leichen, wissen Sie.«
    »Hat er auch schon mal«, sagte Felix.
    »Ach, daher kennen Sie sich?«, kombinierte Johannes und erklärte mir fast unterwürfig: »Wissen Sie, ich bin heute den ersten Tag im Einsatz. Ich habe …«
    »Hol mal die Sachen aus dem Auto«, unterbrach Felix ihn. Auf ein Bitte verzichtete er.
    Während Johannes sich am Auto zu schaffen machte, musterte Felix mich. Ich konnte keine Emotionen an seinem Gesicht ablesen. Dann fragte er: »Was soll das, Franza? Gestern haust du einfach ab und heute das.«
    »Du hattest gesagt, dass du freihast. Dann gehst du doch ans Telefon, mitten in der Nacht.«
    Er hob die rechte Hand zum Himmel und rang nach Worten. »Ich bin Polizist! Ich muss ans Telefon gehen.«
    »Auch ein Polizist hat mal frei. Ich hab einfach keine Lust, ständig auf dich zu warten«, sagte ich lockerer, als mir zumute war.
    Ich war nicht weggelaufen, ich hatte mich in Sicherheit gebracht. Seit ich ihn kannte, versuchte ich mich vor ihm zu retten, denn ich mochte ihn viel zu gern, und so was führt nur in die Abhängigkeit. Das würde mir nie wieder passieren. Das Beste an meiner letzten Beziehung war, dass ich kurz nach der Trennung von Abgehakt diese winzig kleine, schwarze, fiepende Flaumkugel gefunden hatte in einem Gebüsch bei Garmisch-Partenkirchen. Ich brauchte keinen Freund mehr. Flipper genügte mir, voll und ganz. Deshalb hieß er ja auch so. Das mit dem Schwimmen, das war nur zweitrangig, auch wenn er es erstklassig beherrschte.
    »Hier in der Gegend ist neulich ein Jäger erschossen worden, Franza. Da drüben.« Felix wies nach links. »Wo der Wald aufhört, hinter dem Hügel an einem Maisfeld, Luftlinie sind das keine fünfhundert Meter.«
    Ich wusste, wo das war. Dort flatterte das Polizei-Absperrungsband im milden Septemberlüfterl am Hochsitz.
    »Es wird dich also nicht wundern, Franza, dass ich mich wundere, warum du ausgerechnet hier Gassi gehst.«
    »Aber ich bin doch gar nicht im Maisfeld. Ich bin im Wald.«
    »Ich frage mich«, fuhr Felix fort, »was diese Maschinenpistole hier soll. Nicht, dass ich eine Jagdbüchse weniger erstaunlich gefunden hätte. Das alles kommt mir sehr merkwürdig vor. Ich frage mich«, sagte Felix, »ob du dahintersteckst.«
    »Was?« Ich riss die Augen auf. Er verdächtigte mich, eine Waffe im Wald zu vergraben? Das war nicht sein Ernst.
    »Nämlich bei dir«, sagte Felix, »kenn ich mich überhaupt nicht aus. Du machst Sachen, die sind einfach … unlogisch.«
    »Ich war noch nie so logisch wie jetzt!«, rief ich. »Wen hätte ich denn anrufen sollen? Einen Bestatter? Einen Arzt?«
    »Genau das mein ich«, seufzte Felix und schenkte mir zum ersten Mal in diesem Fall ein Lächeln.
    »Total unlogisch.«
    Johannes kehrte mit einem kleinen Köfferchen zurück. Er klappte es auf, zog einen Fotoapparat heraus und fotografierte die Waffe von allen Seiten. Dann streifte er sich Handschuhe über.
    »Was meinst du, Johannes«, fragte Felix, »ob wir hier mit einem Metalldetektor suchen sollen oder die Hundestaffel anfordern?«
    »Aber warum, Chef?«
    »Weil, wo eine Waffe liegt, noch mehrere liegen können, und für Patronenhülsen würde ich mich auch interessieren.«
    Röte schoss in Johannes’ Gesicht.
    »Ach was«, entschied Felix. »Ruf die Hundestaffel. Die Sprengstoffsuchhunde sollen hier mal durchlaufen. Die sind entschieden leistungsfähiger als ein Metalldetektor.«
    »Äh, Entschuldigung, das hab ich noch nie gemacht, die Hundestaffel angefordert, sage ich da, wie sonst auch, bei der Einsatzzentrale Bescheid?«
    »Schon gut«, erwiderte Felix freundlich. »Ich kümmere mich selbst darum. Ist die Waffe eigentlich geladen?«
    »Äh, Moment«, sagte Johannes.
    Ohne eine Antwort abzuwarten, ging Felix zu seinem BMW . Neugierig beobachtete ich, wie Johannes die Waffe in eine Plastiktüte packte. »Die kommt in die Asservatenkammer«, erzählte er mir unaufgefordert. Ich fand ihn putzig. Viel zu lieb für einen coolen Bullen. Aber vielleicht würde sich das abschleifen von Fall zu Fall. Vielleicht war Felix auch mal so gewesen. Vielleicht waren sie alle mal so und wurden dann zu den harten Kerlen, wegen denen Frauen wie ich uns verflüssigten, während wir überlegten, wie wir sie weichkochen konnten.
    »Also, Sie kennen sich von einer anderen Sache?«, fragte Johannes. »Das ist ja ein Zufall, dass Sie sich jetzt noch
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