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Sommer unter dem Maulbeerbaum

Titel: Sommer unter dem Maulbeerbaum
Autoren: Jude Deveraux
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gutem Grund getan. Er hat sich etwas davon versprochen, also werde ich mich an das Testament halten.«
    »Manville ist tot«, entgegnete einer der Anwälte mit vor Verzweiflung hochrotem Kopf. Seine Gedanken standen ihm ins Gesicht geschrieben: Welche Frau konnte nur Milliarden von Dollar ablehnen?
    Nach der dritten Zusammenkunft war Lillian vom Tisch aufgestanden und hatte gesagt: »Ich habe all Ihre Argumente gehört und mir all Ihre Indizien angesehen, die mir meine Gewinnchancen deutlich machen, aber ich werde es trotzdem nicht tun. Ich halte mich an den letzten Willen meines Mannes.« Dann drehte sie sich um und ging weg.
    Einer der Anwälte, ein Mann, der Jimmy nicht gekannt hatte und seine Frau ganz offensichtlich erst recht nicht, kicherte und sagte leise: -Anscheinend ist sie zu einfältig, um zu wissen, was Geld bedeutet.«
    Lillian hatte seine Worte gehört. Ganz langsam drehte sie sich um und schaute den Mann auf eine Art an, die Phillip so an James Manville erinnerte, dass er den Atem anhielt. »Was Sie nicht verstehen«, bemerkte sie leise, »ist, dass es im Leben um mehr geht als um Geld. Sagen Sie mir, wenn Sie Milliardär wären und stürben und Ihrer Frau keinen Pfennig hinterließen, würde sie dann darum kämpfen? Oder würde ihr die Erinnerung an Sie mehr bedeuten als das Geld?« Sie wartete die Antwort nicht ab, sondern drehte sich um und ging aus dem Zimmer.
    Unfähig, ihr Lachen zu verbergen, wandten die übrigen Anwälte ihre Gesichter von dem Mann ab, den Lillian soeben in die Schranken verwiesen hatte. Tatsächlich hatte er gerade seine dritte, äußerst schmutzige Scheidung hinter sich gebracht, und seine Exfrau hatte noch um den letzten antiken Türknauf mit ihm gefeilscht.
    Am Ende hatte Phillip den Versuch aufgegeben, Lillian zum Kämpfen zu überreden. Am Abend der letzten Besprechung war er neben Carol ins Bett ge-fallen und hatte gesagt: »Ich weiß nicht, was ich noch tun soll.«
    »Ihr helfen«, erwiderte Carol.
    »Was glaubst du wohl, was das alles gewesen ist?«, hatte er seine Frau angefahren.
    Carol ließ sich nicht aus der Fassung bringen. Sie blickte nicht einmal von ihrer Zeitschrift auf. »Du hast versucht, etwas aus ihr zu machen, was sie gar nicht ist. Du bist ein noch schlimmerer Tyrann, als James es war.«
    »Ja, wie ich sehe, bist du ganz schrecklich von mir eingeschüchtert«, erwiderte er sarkastisch. »Was geht denn nun schon wieder in deinem hübschen, kleinen Köpfchen vor?« Nach zwölf Jahren Ehe konnte er fast ihre Gedanken lesen - er wusste, wann sie ihm etwas sagen wollte. Wie immer hatte sie abgewartet, bis er versagt hatte. Erst dann bot sie ihre Hilfe an.
    »Du musst ihr helfen, das zu tun, was sie will«, sagte Carol.
    »Irgendeine Ahnung, was das sein könnte?«, fragte er und sah sie skeptisch an. »Sie bleibt für sich im Gästezimmer und spricht mit niemandem. All diese so genannten Freunde, mit denen James sein Haus voll stopfte, haben sie nicht einmal besucht, um ihr Beieid zu bekunden.« Seine Stimme war voller Abscheu.
    »Ich kenne sie nicht besonders gut, aber mir scheint, dass sie sich, wenn sie mit James zusammen war, große Mühe gab, ein normales Leben zu führen.«
    Phillip schnaubte verächtlich. »Normal? Mit James Manville? Carol, hattest du Scheuklappen an? Sie haben in riesigen Häusern überall auf der Welt gelebt. Sie waren umgeben von Dienstboten. Gleich nach James’ Tod habe ich sie mit in ein Kaufhaus genom-men, und ich könnte schwören, dass sie nie zuvor eins gesehen hatte. Jedenfalls nicht, seit sie von zu Hause fortgelaufen ist und ihn geheiratet hat.»
    »Das stimmt ja alles, aber was hat Lillian gemacht, wenn sie sich in all diesen Häusern aufhielt? Partys gegeben?«
    Phillip verschränkte die Hände hinter dem Kopf und sah zur Decke hinauf. »Nein«, antwortete er nachdenklich. »James hat die Partys gegeben und Lillian hat mal vorbeigeschaut. Ich glaube nicht, dass ich jemals einen unglücklicheren Menschen gesehen habe als sie bei diesen Veranstaltungen. Sie saß immer ganz allein für sich in einer Ecke und aß, das arme Ding.«
    »Hast du sie je glücklich gesehen?«
    »Nein ...«, hob Phillip an, dann hielt er inne. »Das stimmt nicht. Einmal habe ich James ein paar Papiere zum Unterschreiben vorbeigebracht. Als ich sein Haus verließ, merkte ich, dass er eins übersehen hatte, also ging ich noch einmal zurück. Ich hörte Stimmen aus dem hinteren Teil des Hauses und lief in die Richtung, da sah ich sie. Sie waren
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