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Soljanka (German Edition)

Soljanka (German Edition)

Titel: Soljanka (German Edition)
Autoren: Niklas Frost
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Rampe hochschoben, wartete, bis sie im Bereich
     des Biergartens waren, und erhob sich dann, um sich winkend bemerkbar zu
     machen. Sie begrüßten sich mit Küsschen und rückten alle an den Tisch. Ein
     Kellner hatte die Neuankömmlinge erspäht und kam, um die Bestellung
     aufzunehmen. Corinna Metzger orderte ein Radler, Wanja hatte sich von Stamms
     halb vollem Weizenbierglas anstecken lassen.
    Stamm deutete auf die Rheinische Post auf dem Tisch und sagte zu
     Wanja: »Ich habe dich heute Morgen vermisst.«
    Er schlug den Lokalteil auf. Von einem großen Bild auf der ersten
     Seite lachte ihnen eine offensichtlich gut gelaunte Männerclique entgegen, die
     ein eindrucksvolles Hochhaus-Modell in die Kamera hielt. Die Bildzeile lautete:
     »So soll das neue Handelszentrum am nördlichen Eingangstor zu Düsseldorf
     aussehen. Oberbürgermeister Achim Kostedde, Architekt Professor David Waleska,
     Bauunternehmer Rolf Keilmeier und Direktor Hubertus Faller von der Deutschen
     Bank präsentierten die Pläne für das höchste Gebäude Düsseldorfs, das unweit
     des Arag-Hauses am Mörsenbroicher Ei entstehen soll.«
    »Alle maßgeblichen Mitglieder der konspirativen Rotweinrunde plus
     Oberbürgermeister vereint«, sagte Stamm. »Und wo ist Wolfgang Anton Janicki?«
    Wanja grinste. »Du hast die Antwort doch selbst gegeben. Alle
     maßgeblichen Mitglieder … Zu diesem illustren Kreis würde ich mich nie zählen.«
    »Heißt das, du bist immer noch raus aus dem Geschäft?«, fragte
     Stamm.
    »Das habe ich nicht gesagt. Aber es gibt eben Leute, die drängen ins
     Rampenlicht, und andere nicht. Nun, wir haben ein paar Gespräche geführt, und
     ich konnte die Herren davon überzeugen, dass ich nach all den Turbulenzen
     vielleicht doch noch ein paar wertvolle Dienste für die gute Sache einbringen
     kann.«
    »Hört sich für mich nach Erpressung an«, sagte Eva schläfrig.
    »Eva, ich bin entsetzt«, rief Wanja gut gelaunt. Er klopfte mit dem
     Zeigefinger kräftig auf die Zeitung. »Das sind alles Ehrenmänner. Womit um
     Himmels willen sollte ich die wohl erpressen können? Abgesehen davon, dass ich
     das nie tun würde. Und Corinna schon gar nicht. Sie hat nämlich ein gutes Wort
     für mich eingelegt.«
    »Heißt das, du bist wieder bei Kostedde?«, fragte Stamm, an Corinna
     gewandt.
    »Nein«, sagte sie. »Wir haben uns auseinandergelebt, das wäre für
     beide Seiten nicht gut. Wahrscheinlich steige ich sogar ganz aus der
     Stadtverwaltung aus.«
    »Und bei mir ein«, sprudelte Wanja hervor. »Ich kann eine kompetente
     Partnerin sehr gut gebrauchen.«
    »Na, das sind ja Neuigkeiten«, sagte Stamm. »Darauf sollten wir
     anstoßen.« Er hob sein Glas und prostete ihnen zu.
    »Und wie geht es in Waren?«, fragte Stamm, als sie die Gläser wieder
     abgestellt hatten.
    »Ganz gut«, sagte Corinna. »Angela ist viel ausgeglichener. Sie
     beginnt zu verstehen, dass ihre Peiniger keine unendlich bedrohlichen Dämonen
     waren, sondern kleine miese Schurken, die ihr nichts mehr zuleide tun können.
     Sogar die Anwesenheit meiner Mutter hat sie akzeptiert.«
    »Deine Mutter ist wieder in Waren?«
    »Ja, zunächst zu Besuch, aber wenn es gut läuft, will sie wieder
     hinziehen. Schauen wir mal.«
    »Habt ihr Angela gesagt, dass Thilo Bach ihr Vater ist?«
    Corinna schüttelte den Kopf. »Frau Dr. Terlinden hält das noch
     nicht für klug. Sie glaubt, es würde Angela zu sehr durcheinanderbringen.
     Irgendwann werden wir es ihr mitteilen, es müsste ihr eigentlich helfen, sich
     von meinem Vater ganz zu lösen. Ich überlege sogar, ob es nicht hilfreich wäre,
     wenn ich sie mal herhole und wir zusammen einen Besuch in der Uni-Klinik
     machen. Wenn sie sieht, wie er da so hilflos vor sich hin vegetiert …«
    »Ist vielleicht keine schlechte Idee«, sagte Stamm.
    »Noch besser wäre es sicherlich, wir könnten ihr den toten van
     Wateren präsentieren.«
    »Mhm«, machte Stamm. »Aber das können wir nicht.«
    Sie sah ihn ernst an. »Nein, das können wir nicht«, wiederholte sie.
     »Aber wir können davon ausgehen, dass er tot ist.«
    Stamm nickte langsam. »Das können wir wohl.«
    »Dann würde ich gerne fragen, warum du nicht darüber schreibst«,
     sagte Corinna.
    »Dann frag doch«, erwiderte Stamm mit einem gequälten Lächeln.
     »Nein, im Ernst, warum ich nicht darüber schreibe? Wegen Angela. Ich bin
     unsicher, was ihr nützen und was ihr schaden könnte. Das ist ja keine Story,
     die zwingend ins Blatt muss.
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