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Sie belieben wohl zu scherzen, Mr. Feynman

Sie belieben wohl zu scherzen, Mr. Feynman

Titel: Sie belieben wohl zu scherzen, Mr. Feynman
Autoren: Richard P. Feynman
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nur noch auf herkömmliche Weise redlich zu sein.
    Ich möchte etwas hinzufügen, das für die Wissenschaft nicht wesentlich ist, aber an das ich irgendwie glaube, nämlich daß Sie auch dem Laien nichts vormachen sollten, wenn Sie als Wissenschaftler sprechen. Ich will Ihnen nicht klarmachen, was Sie tun sollen, wenn Sie Ihre Frau betrügen, Ihrer Freundin etwas vormachen oder dergleichen, denn dabei handeln Sie ja nicht als Wissenschaftler, sondern als ganz gewöhnlicher Mensch. Diese Probleme überlassen wir Ihnen und Ihrem Rabbi. Das, wovon ich spreche, ist eine spezifische, besondere Art von Integrität, die nicht lügt, sondern sich jede nur erdenkliche Mühe gibt, aufzuzeigen, worin Sie möglicherweise irren, eine Integrität, die Sie haben sollten, wenn Sie als Wissenschaftler handeln. Und darin besteht die Verantwortung, die wir als Wissenschaftler nicht nur gegenüber anderen Wissenschaftlern, sondern, wie ich glaube, auch gegenüber den Laien tragen.
    Ich war beispielsweise ein wenig überrascht, als ich mich mit einem Freund unterhielt, der eine Rundfunksendung vorbereitete. Er arbeitet über Kosmologie und Astronomie und fragte sich, wie er die Anwendungen seiner Arbeit erklären sollte. »Nun«, sagte ich, »es gibt keine.« Er sagte: »Ja, das stimmt, aber wenn ich das sage, bekommen wir dafür keine Forschungsmittel mehr.« Ich finde das irgendwie unredlich. Wenn man sich als Wissenschaftler darstellt, sollte man den Laien erklären, was man tut - und wenn diese einen unter diesen Umständen nicht mehr unterstützen wollen, dann ist das eben ihre Entscheidung.
    Ein Beispiel für diesen Grundsatz ist folgendes: Wenn Sie sich entschlosssen haben, eine Theorie zu überprüfen, oder wenn Sie eine Idee erläutern wollen, sollten Sie stets bereit sein, das zu veröffentlichen, ganz gleich, was dabei herauskommt. Wenn wir nur bestimmte Ergebnisse veröffentlichen, können wir das Argument in gutem Licht erscheinen lassen. Wir müssen aber beide Arten von Ergebnissen veröffentlichen.
    Dies ist auch von Belang, wenn man als Berater der Regierung tätig ist. Angenommen, ein Senator fragt Sie nach Ihrer Meinung, ob in diesem Staat eine Bohrung vorgenommen werden sollte, und Sie kommen zu dem Schluß, es wäre besser, das in einem anderen Staat zu tun. Mir scheint, wenn Sie ein solches Resultat nicht veröffentlichen, geben Sie keinen wissenschaftlich fundierten Rat. Dann werden Sie benutzt. Fällt Ihre Antwort in dem Sinn aus, der der Regierung oder den Politikern genehm ist, dann können diese sie als Argument zu ihren Gunsten verwenden; fällt sie gegenteilig aus, machen sie sie überhaupt nicht publik. Das ist nicht der Sinn eines wissenschaftlichen Rats.
    Andere Irrtümer sind eher charakteristisch für schlechte Wissenschaft. Als ich in Cornell war, habe ich mich oft mit den Leuten aus dem Fachbereich Psychologie unterhalten. Eine der Studentinnen erzählte mir, sie wolle ein Experiment machen, das etwa folgendermaßen ablaufen sollte: Es war herausgefunden worden, daß Ratten unter bestimmten Bedingungen, X, etwas Bestimmtes, A, tun. Sie wollte nun wissen, ob die Ratten immer noch A tun, wenn sie die Bedingungen nach Y hin veränderte. Sie schlug also vor, das Experiment unter den Bedingungen Y durchzuführen und zu sehen, ob die Ratten auch dann noch A tun.
    Ich erklärte ihr, sie müsse zunächst im Labor das Experiment wiederholen, das von anderen angestellt worden war - das heißt unter den Bedingungen X überprüfen, ob sie ebenfalls das Resultat A bekäme, und dann die Bedingungen nach Y hin verändern und sehen, ob A sich änderte. Dann wisse sie, ob das, was sie unter Kontrolle zu haben glaube, der wirkliche Unterschied sei.
    Sie freute sich sehr über diese neue Idee und ging zu ihrem Professor. Und dessen Antwort war nein, sie könne das nicht machen, denn das Experiment sei ja bereits gemacht worden und sie vergeude damit nur Zeit. Das war so um 1947, und es scheint damals die Regel gewesen zu sein, psychologische Experimente nicht zu wiederholen, sondern nur die Bedingungen zu ändern und zu sehen, was dann geschieht.
    Heutzutage besteht eine gewisse Gefahr, daß das gleiche sogar auf dem vortrefflichen Gebiet der Physik passiert. Ich war entsetzt, als ich von einem Experiment hörte, das von jemandem unter Verwendung von Deuterium am Teilchenbeschleuniger im National Accelerator Laboratory durchgeführt wurde. Um die von ihm mit schwerem Wasserstoff erzielten Resultate mit dem zu vergleichen,
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