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Sie belieben wohl zu scherzen, Mr. Feynman

Sie belieben wohl zu scherzen, Mr. Feynman

Titel: Sie belieben wohl zu scherzen, Mr. Feynman
Autoren: Richard P. Feynman
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tun!
    Als Aushilfskellner mußte ich im Speisesaal die Tische abräumen. Man stapelt das ganze Zeug von den Tischen auf ein Tablett an der Seite, und wenn genug drauf ist, trägt man es in die Küche. Dann holt man sich ein neues Tablett, nicht? Man sollte es in zwei Schritten machen - das volle Tablett wegnehmen und ein neues hinlegen -, aber ich dachte: »Ich werde das in einem Schritt machen.« Also versuchte ich, das neue Tablett darunterzuschieben und gleichzeitig das alte vorzuziehen, und es rutschte weg - PENG! Das ganze Zeug fiel auf den Boden. Und dann war natürlich die Frage: »Was hast du gemacht? Wie konnte das runterfallen?« Na ja, wie sollte ich erklären, daß ich versuchte, eine neue Art zu erfinden, mit Tabletts zu hantieren?
    Bei den Desserts gab es so eine Art Kuchen zum Kaffee, der ganz hübsch auf einem Zierdeckchen serviert wurde, das auf einem kleinen Teller lag. Aber wenn man nach hinten ging, sah man da einen Mann, der der Küchenmeister genannt wurde. Seine Aufgabe war, das Zeug für die Desserts fertig zu machen. Also, der Mann muß vorher Bergarbeiter gewesen sein oder so etwas Ähnliches: kräftig gebaut, mit ganz kurzen, dicken, runden Fingern. Er nahm diesen Stapel Zierdeckchen, die mit einer Stanze hergestellt werden und deshalb alle aneinanderhingen, und versuchte, die Zierdeckchen mit seinen Wurstfingern auseinanderzubekommen, um sie auf die Teller zu legen. Ich hörte immer, wie er dabei »Diese verdammten Dinger!« sagte, und ich erinnere mich, daß ich dachte: »Was für ein Gsgensatz - der Gast am Tisch bekommt diesen schönen Kuchen auf einem Teller mit Zierdeckchen, und der Küchenmeister da hinten mit seinen Stummeldaumen sagt: >Diese verdammten Dinger! <« Das war also der Unterschied zwischen der Welt, wie sie wirklich war und wie sie zu sein schien.
    Als ich dort den ersten Tag arbeitete, erklärte mir die Küchenmeisterin, daß sie gewöhnlich für den, der Nachtschicht habe, ein Schinkenbrot oder etwas anderes mache. Ich sagte, ich äße gern Desserts. Wenn vom Abendessen ein Dessert übrig sei, dann würde ich das gerne nehmen. In der nächsten Nacht hatte ich Spätschicht bis 2 Uhr morgens, weil diese Kerle Poker spielten. Ich saß herum, hatte nichts zu tun und langweilte mich, als mir plötzlich einfiel, daß ich ein Dessert essen konnte. Ich ging zum Kühlschrank und öffnete ihn, und da hatte sie sechs Desserts hingestellt! Es gab Schokoladenpudding, ein Stück Kuchen, einige Pfirsichhälften, etwas Milchreis, Wackelpeter - was man sich nur wünschen konnte! So setzte ich mich hin und aß die sechs Desserts - es war sagenhaft!
    Am nächsten Tag sagte sie zu mir: »Ich habe ein Dessert für dich stehenlassen ...«
    »Es war wunderbar«, sagte ich, »ganz wunderbar!«
    »Aber ich hatte dir sechs Desserts hingestellt, denn ich wußte ja nicht, welches du am liebsten hast.«
    Von da an stellte sie mir immer sechs Desserts hin. Jeden Abend hatte ich sechs Desserts. Sie waren nicht immer verschieden, aber es waren immer sechs Desserts.
    Einmal, als ich Portier war, ließ, ein Mädchen neben dem Telephon beim Empfang ein Buch liegen, als sie zum Essen ging, und ich schaute es mir an. Es war Das Leben Leonardos , und ich konnte nicht widerstehen. Das Mädchen lieh es mir aus, und ich habe das ganze Ding gelesen.
    Ich schlief in einem kleinen Zimmer auf der Rückseite des Hotels, und es gab immer etwas Zoff, weil man das Licht ausmachen sollte, wenn man sein Zimmer verließ, und ich brachte es nie fertig, daran zu denken. Angeregt von dem Leonardo-Buch, bastelte ich einen Apparat, der aus einem System von Schnüren und Gewichten bestand - Cola-Flaschen voller Wasser - und der so funktionierte, daß, wenn ich die Tür öffnete, an dem Kettchen gezogen wurde und das Licht anging. Man öffnete die Tür, und die Dinger wurden in Bewegung gesetzt und machten das Licht an; dann schließt man die Tür hinter sich, und das Licht ging aus. Aber meine beste Erfindung kam später.
    Ich mußte in der Küche Gemüse kleinschneiden. Grüne Bohnen mußten in Stücke geschnitten werden, ungefähr ein Inch lang. Das sollte man folgendermaßen machen: Man hält zwei Bohnen in der einen Hand, das Messer in der anderen, und dann drückt man das Messer gegen die Bohnen und den Daumen und schneidet sich dabei fast. Das ging sehr langsam. Also gebrauchte ich meinen Verstand und kam auf eine ziemlich gute Idee. Ich setzte mich draußen vor der Küche an den Holztisch, stellte mir eine Schüssel
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