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Showdown

Showdown

Titel: Showdown
Autoren: Dirk Müller
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eine strenge Finanzkontrolle helfen, denn wenn auch der griechische Staat bettelarm ist, die Griechen sind es weit weniger. Aber auf solche Reformen wird man in Athen schwer, sehr schwer eingehen, denn nur ein starker Druck könnte da helfen. Und wenn auch Deutschland wollte – ob die zunächst meistbeteiligten Mächte England und Frankreich mitmachen würden, ist recht sehr die Frage. Jedenfalls muss aber ernstlich die Angelegenheit im Auge behalten werden, sonst ist alles Geld, welches Griechenland erhalten hat, total verloren. Schonung solchem Staat gegenüber üben zu wollen, ist freilich Torheit, aber die Langmut mehrerer Großmächte gegenüber Griechenland hat tief, unendlich tief blicken lassen.«
    Nur die geschwurbelte Ausdrucksweise und das Datum von 1897 erinnern daran, dass diese Zeilen nicht aus der »Süddeutschen Zeitung« vom letzten Montag stammen. Wie sich Geschichte doch wiederholt.
    Es fühlt sich natürlich wohlig an – damals wie heute –, sich aus deutscher Sicht entspannt zurückzulehnen und über den Griechen zu schmunzeln. »Ja, ja, der Grieche – der ist nicht wie wir. Klar, den Grillteller beherrscht er wie kein Zweiter, aber mit dem Steuerzahlen hat er’s nicht so. Sind halt ausgekochte Schlitzohren. Den Kretateller zahle ich – wenn er mir noch einen Ouzo drauflegt –, aber dass ich diesen Schlawinern mein teuer Geld nach Athen überweise? So weit kommt’s noch!«
    Wir können mit unserer preußischen Staatsergebenheit nicht ansatzweise verstehen, warum in Griechenland die Steueruhren anders ticken. Warum der Staat dort nicht als wichtiges Element des Gemeinwesens, sondern vielmehr als gemeines Wesen gesehen wird, das es an allen Fronten zu meiden gilt. Um hier das deutsch-griechische Verständnis auf eine etwas weitere Basis als nur die gastronomische zu stellen, ist mal wieder ein Blick in die Geschichte nötig. Hier gilt wie kaum woanders die alte Weisheit: »Nur wer die Geschichte kennt, versteht die Gegenwart.«
    Es war einmal ein fernes Land in ferner Zeit, in dem eine Wiege stand. In dieser Wiege schrie die frischgeborene Demokratie nach Leibeskräften, wuchs und verbreitete sich über den ganzen europäischen Kontinent.
    Das mit der Wiege der Demokratie ist schon ziemlich lange her – so etwa 2500 Jahre. In der Zwischenzeit sind Römer, Slawen, Osmanen, Italiener und Deutsche mehr oder weniger unfreundlich durchs Land gezogen und haben neben der Demokratie gleich noch alle anderen Schätze des Landes mitgenommen. Den Osmanen hat es spätestens seit der Eroberung Konstantinopels 1453 so gut in Griechenland gefallen, dass sie gleich 400 Jahre blieben und sich der vielgerühmten griechischen Gastfreundschaft erfreuten. Das wird selbst dem gutmütigsten Griechen irgendwann zu viel, und so nahmen sich die Osmanen das, was sie nicht freiwillig bekamen, mit der Macht des (Steuer-)Gesetzes von der griechischen Bevölkerung. Dass der Grieche dadurch keine liebevolle Beziehung zu seinem Staatswesen entwickelt, sondern »denen da oben« möglichst viel vorenthält, ihnen bei jeder sich bietenden Gelegenheit den blanken Allerwertesten zeigt und ansonsten zusieht, dass er sich mit seinen Nachbarn und seiner Familie selbst um seine Angelegenheiten kümmert, bevor er beim osmanischen Stadthalter anfragt, ist durchaus nachvollziehbar. Es dauerte mehrere kriegerische Jahrzehnte von 1821 bis 1919 , bis man den ungebetenen osmanischen Gast aus dem letzten griechischen Nebenzimmer hinauskomplimentiert hatte. Doch von erholsamen Ruhetagen oder gar harmonievoller Herausbildung von Staatsbürgern konnte keine Rede sein, denn kurz darauf brach der Zweite Weltkrieg aus, und die Deutschen stürmten gemeinsam mit den Italienern die griechischen Theken und benahmen sich wie die Axt im Walde. Schon wieder nahmen sich diese ungebetenen Gäste, was sie kriegen konnten, und gerne noch ein wenig mehr. Statt zu zahlen, wurde auch noch die Kasse geplündert.
    Doch weg von der launigen Erzählung hin zu den harten Fakten der griechischen Geschichte, deren Kenntnis unabdingbar ist, um die heutige verfahrene Situation Griechenlands zu verstehen. Nur wer die tragische Geschichte des griechischen Volkes kennt, kann ohne Arroganz nachvollziehen, warum Griechenland, seine Bürger und seine Verwaltung heute genau so sind, wie wir sie erleben, und warum hier Überheblichkeit fehl am Platze ist.
    Tatsächlich war die griechische Antike ( 750 bis 176 v.Chr.) die Wiege der westlichen Kultur und Demokratie
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