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Sherlock Holmes - Sein letzter Fall und andere Geschichten

Sherlock Holmes - Sein letzter Fall und andere Geschichten

Titel: Sherlock Holmes - Sein letzter Fall und andere Geschichten
Autoren: Arthur Conan Doyle
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Drittel mit vielen einzelnen rotverschnürten Papierbündeln angefüllt.
    »Hier gibt’s Fälle im Überfluß, Watson«, sagte mein Freund mit schlauem Lächeln. »Wenn du wüßtest, was ich alles in diesem Koffer habe, du bätest mich vielleicht, ein paar Pakete herauszunehmen, statt noch mehr hineinzulegen.«
    »Das sind wohl die Akten über deine älteren Sachen?«, fragte ich. »Schon oft habe ich mir gewünscht, Auszüge davon zu besitzen.«
    »Jawohl, mein Junge, das sind lauter Arbeiten, die ich allzu früh unternommen habe, ehe noch mein Biograph erschien, um meinen Ruhm zu verkünden.«
    Er nahm ein Bündel nach dem andern heraus und betrachtete es mit fast zärtlichen Blicken. »Nicht alles ist mir gelungen, Watson«, sagte er, »aber es sind einige ganz hübsche kleine Probleme darunter. Hier sind die Aufzeichnungen über den Mord in Tarleton, die Geschichte des Weinhändlers Bamberry, das Abenteuer der alten Russin, das sonderbare Vorkommnis mit der Aluminium-Krücke, ferner ein langer Bericht über Ricoletti mit dem Klumpfuß und sein abscheuliches Weib. Und hier – ja, das ist wirklich etwas ganz Auserlesenes.«
    Er holte aus der Tiefe des Koffers ein kleines hölzernes Kistchen mit einem Schiebedeckel hervor, das wie eine Spielzeugschachtel aussah. Darin lag ein zerknittertes Stück Papier, ein altmodischer bronzener Schlüssel, ein Holzpflock, um den ein Knäuel Bindfaden gewickelt war, und drei verrostete Metallplättchen.
    Holmes lächelte über mein verwundertes Gesicht.
    »Nun, mein Junge, was sagst du zu diesem Kram?«
    »Es ist eine merkwürdige Sammlung.«
    »Ja, sehr merkwürdig, und die Geschichte, die damit zusammenhängt, würde dir noch absonderlicher vorkommen.«
    »Also es knüpft sich eine Geschichte daran?«
    »Ja, sogar ein Stück Weltgeschichte.«
    »Wie ist das möglich?«
    Holmes nahm die Gegenstände nacheinander heraus und legte sie in einer Reihe auf den Tisch. Dann zog er einen Stuhl heran, setzte sich und betrachtete sie mit befriedigten Blicken.
    »Dies«, sagte er, »ist alles, was mir zum Andenken an die merkwürdige Begebenheit übrig geblieben ist, die sich auf den Katechismus der Familie Musgrave bezieht.«
    Ich hatte ihn schon öfters von dem Fall reden hören, doch war es mir nie gelungen, etwas Näheres darüber zu erfahren. »Du tätest mir einen großen Gefallen«, sagte ich, »wenn du mir die Sache einmal erzählen wolltest.«
    »Dann bliebe ja all der Krimskrams hier doch wieder liegen. Wie verträgt sich denn das mit deiner Ordnungsliebe, Watson?«, erwiderte er, mich schalkhaft anblinzelnd. »Aber, es wäre mir wirklich lieb, wenn du den Fall unter deine Berichte aufnehmen wolltest, weil Dinge dabei vorkommen, wie sie weder in der Verbrecherchronik unseres Landes, noch in irgend einer anderen verzeichnet sind, soviel ich weiß. Deine Schilderung meiner geringen Taten würde höchst unvollständig sein, wenn dieser sonderbare Vorgang dabei fehlte.
    Alle Welt kennt jetzt meinen Namen, und nicht nur das Publikum, sondern auch die Polizei betrachtet mich als die letzte Berufungsinstanz bei zweifelhaften Fällen. Schon damals, als wir beide zuerst miteinander bekannt wurden, hatte ich eine Menge Beziehungen angeknüpft, die freilich nicht gerade sehr einträglich waren. Aber du machst dir keinen Begriff davon, mit welchen Schwierigkeiten ich anfänglich zu kämpfen hatte und wie lange ich warten mußte, bis ich nur einigermaßen vorwärts kam.
    Meine erste Wohnung in London war in der Montague Street, ganz nahe beim Britischen Museum. Dort saß ich, wartete auf Klienten und benützte zugleich meine überreichliche Muße zum Studium von mancherlei Wissenschaften, die in mein Fach schlugen. Dann und wann wurden mir, hauptsächlich durch Vermittlung früherer Universitätsfreunde, allerlei Probleme vorgelegt; denn während meiner letzten Studienjahre war unter den Studenten viel von mir und meiner Methode die Rede gewesen. Von diesen ersten Fällen hat keiner ein so allgemeines Interesse erregt und ist mir dadurch auch für mein späteres Fortkommen so nützlich gewesen, wie die Geschichte vom Katechismus der Familie Musgrave mit ihrer sonderbaren Verkettung der Umstände, die zu einem höchst denkwürdigen Ergebnis führten.
    Reginald Musgrave war zugleich mit mir auf der Universität gewesen, doch wurden wir damals nur flüchtig bekannt. Er galt für hochmütig bei den jüngeren Studenten, vielleicht mit Unrecht, denn mir schien, daß er die stolze Miene nur zur
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