Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Seelenmoerder

Titel: Seelenmoerder
Autoren: authors_sort
Vom Netzwerk:
gibt es doch diese Stelle, an die man schreiben kann, dann wird man von unerwünschter Werbung befreit. Das habe ich vor zwei Jahren gemacht, und es hat tatsächlich geholfen.«
    Abbie sprach in lockerem Ton weiter. »Manchmal lege ich einfach alles auf einen Stapel und sortiere es erst nach ein paar Tagen, aber manchmal schaue ich die Briefe gleich durch. Hängt wohl irgendwie von der Stimmung ab.«
    Die Verkrampftheit der anderen Frau löste sich wie von Zauberhand. »Ich bin ein ordentlicher Mensch und sehe immer alles sofort durch. An dem Tag habe ich einen Brief von meiner Tante erhalten. Den habe ich gleich im Flur aufgemacht und auf dem Weg zur Küche gelesen. Meine Tante hat ein künstliches Hüftgelenk bekommen und mir geschildert, wie der Eingriff verlaufen ist. Ich habe den Brief neben das Telefon gelegt, um ihn später meiner Mutter vorzulesen. Und die Rechnungen habe ich auf dem kleinen Schreibtisch deponiert, den ich in der Küche stehen habe.«
    »Haben Sie die Umschläge vorher geöffnet?« In Rynes Kopf lief eine imaginäre Uhr, mit der er abzuschätzen versuchte, wie viel Zeit verstrichen war, seit sie durch die Garage ins Haus gekommen war.
    Sie schüttelte den Kopf. »Rechnungen bezahle ich alle zwei Wochen. Ich lege sie einfach zu den anderen. Dann bin ich an den Kühlschrank gegangen, um mir zu überlegen, was ich zum Abendessen mache. Und als ich mich umgedreht habe …« Ihr versagte die Stimme. »Da habe ich ihn gesehen.«
    »Wo war er?«
    Barbara Billings zog die Decke enger um sich. »Im Esszimmer.
Ich habe eine kleine Küche mit angrenzender Essecke. Da hat er gestanden, ganz locker, eine Schulter an die Wand gelehnt.« Ihre Stimme hatte zu zittern begonnen.
    »Was haben Sie dann gemacht?«
    »Ich habe geschrien. Mehr als einmal, glaube ich. Er ist nicht sofort auf mich losgegangen, sondern hat gewartet, bis ich auf die gläserne Schiebetür zugerannt bin, ehe er mich von hinten gepackt und zu Boden geworfen hat. Dann fing er an, auf mich einzuschlagen.« Sie ballte eine Faust und schlug sich leicht gegen den Schoß, um ihre Worte zu unterstreichen. »Wieder und wieder und wieder.«
    Die Blutergüsse in ihrem Gesicht waren grelle Belege für ihre Qualen. Von den Bildern, die sie zuvor gesehen hatten, wussten sie, dass dies die geringsten ihrer Verletzungen waren.
    »Vielleicht könnten Sie Barbara etwas zu trinken bringen? Ein Glas Wasser oder Eistee?« Ryne richtete die Worte an Nancy Billings, ohne den Blick von ihrer Tochter abzuwenden. Er führte nur selten in Gegenwart von Angehörigen Vernehmungen durch, doch Barbara hatte schlichtweg abgelehnt, sich allein mit ihnen zu treffen. Als die Ältere seiner Bitte nachkam, sprach er weiter. »Hat irgendetwas in der Küche gefehlt, ehe Sie versucht haben davonzulaufen? War irgendetwas nicht an seinem Platz?«
    Die Frage schien Barbara zu verwundern. Stirnrunzelnd schüttelte sie den Kopf. »Ich habe mich nicht genau umgesehen. Ich habe nur nach einem Fluchtweg gesucht, einem Weg aus …« Sie verstummte abrupt, als wäre ihr die Erkenntnis soeben erst gekommen. »Die Messer waren weg.«
    Ryne wechselte einen Blick mit Abbie.
    »Ich habe einen Messerblock auf der Arbeitsfläche stehen. Während ich geschrien habe, habe ich mich danach umgesehen, aber die Messer waren weg.«

    Also war der Täter wahrscheinlich schon im Haus gewesen, als die Frau nach Hause kam, sinnierte Ryne grimmig. »Wohin hat er Sie noch geschlagen? Und wie oft?«
    »Vor allem ins … ins Gesicht.« Ihre Mutter kam mit einem Glas Eistee zurück, das sie ihrer Tochter in die Hand drückte. »Und in den Bauch, aber vor allem ins Gesicht. Ich weiß nicht mehr, wie oft.«
    »Haben Sie sich gewehrt?«
    Sie nickte ruckartig. »Zuerst schon. Ich habe gekämpft wie eine Wilde und versucht, ihn durch Treten und Kratzen abzuschütteln.«
    »Haben Sie ihn eventuell verletzt? Ihm womöglich eine Kratzwunde zugefügt?« In ihrer früheren Aussage hatte sie den Mann als ganz in Schwarz gekleidet beschrieben. Langärmliges schwarzes Hemd, Handschuhe, schwarze Jeans und Turnschuhe. Da keine nackte Haut herausgesehen hatte, waren die Aussichten gering, dass er eine Kratzwunde davongetragen haben könnte.
    »Ich glaube nicht.« Die Frau hielt das Glas fest umklammert und starrte hinein. »Er hatte eine Maske mit Schlitzen für Augen, Nase und Mund auf. Und er hatte Handschuhe an. Ich würde ihn niemals wiedererkennen.«
    »Nein. Aber vielleicht erinnern Sie sich an andere Details. Größe,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher