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Seelenflüstern (German Edition)

Seelenflüstern (German Edition)

Titel: Seelenflüstern (German Edition)
Autoren: Mary Lindsey
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wurde aus seinem Akzent nicht ganz schlau, aber vielleicht war er ja ein Tourist. Seine raue Stimme besaß die knappe Präzision der Briten, andererseits klang der Ton ein wenig kontrastlos, also eher amerikanisch. Vielleicht hielt er mich für eine Einheimische.
    »Du hättest trotzdem fragen müssen!«
    Er zuckte elegant mit den Schultern.
    Er wollte den Film nicht herausrücken. Diese Fotos könnten schließlich im Internet landen. Für jedermann zugänglich. Jemand wie er hatte ja keine Ahnung, wie es war, auf ein wehrloses Tier reduziert zu werden.
    Schluss damit, sinnlos Energien zu verschwenden, Remy! Ohne ein weiteres Wort stapfte ich davon.
    Seine tiefe Stimme folgte mir. »Das war’s? So schnell gibst du auf?«
    »Ja!«, rief ich zurück.
    »Und du willst gar nicht wissen, wieso ich dich fotografiert habe?«
    So gern ich es getan hätte, die Genugtuung gönnte ich ihm nicht. Stattdessen rief ich: »Nein!«
    Plötzlich lief er neben mir, ohne dass ich ihn kommen gehört hatte, trotz der knirschenden Muscheln und Steine unterunseren Füßen. Erschrocken stolperte ich über ein Stück Treibholz. Er streckte mir helfend eine Hand entgegen, doch ich sprang schnell beiseite.
    »Ich tu dir doch nichts!«
    »Hab ich auch gar nicht erwartet.«
    »Dann hör endlich auf, überzureagieren.« Als würde er einem Kind gut zureden, nahm seine Stimme einen sanften Tonfall an.
    »Scher dich zum Teufel!«
    Wir funkelten einander an, bis der Wind an meiner Bluse zerrte. Ich widerstand dem Reflex, die Blutergüsse wieder unter dem Stoff zu verbergen.
    »Wer hat dir das angetan?« Er deutete mit einem Kopfnicken auf meinen Hals.
    Nach jahrelangem Zusammenleben mit Dean war ich inzwischen eine Meisterin darin, irgendeine Ausrede parat zu haben, weil mir die Wahrheit sowieso keiner abnahm. Die meisten fragten allerdings erst gar nicht und wenn doch, gaben sie sich mit der erstbesten Erklärung zufrieden, um nur ja nicht in irgendetwas hineingezogen zu werden.
    »Ich bin in eine Tür gelaufen.« Nicht gerade die beste Lüge, aber was machte das schon?
    »Wann bist du in diese … Tür gelaufen?«
    Ich seufzte. »Vor drei Tagen. Bist du immer so neugierig?«
    Eine Brise zerzauste sein Haar und in seinen Augen erschien ein abwägendes Glitzern.
    Ich fragte mich, ob er ahnte, wozu ich imstande war. Wer ich war. Ein Freak. Eigentlich unwahrscheinlich, ich beschleunigte trotzdem meinen Schritt. Keine Ahnung, was geschehen würde, wenn die Wahrheit über mich ans Licht kam, aber ich rechnete mit dem Schlimmsten.
    Ich schaute zum Parkplatz des Strandes und sah dort Bens silbernen Mercedes einbiegen. Er hatte entdeckt, dass ich verschwunden war, und sich auf die Suche nach mir gemacht. Sobald er aus dem Auto gestiegen war und eine Hand aufs Dach gelegt hatte, winkte ich ihm zu.
    »Hier!«
    Die seidig-tiefe Stimme des Jungen ließ mich innehalten, ich drehte mich um und sah, dass er mir auf seiner Handfläche die Filmrolle entgegenhielt.
    »Nimm sie«, meinte er, als ich zögerte.
    Ich weiß nicht, wieso ich es tat. Ich hatte noch nie versucht, jemanden zu scannen, ohne ihn zu berühren. Eigentlich brauchte ich dazu immer Körperkontakt. Und doch senkte ich meine mentale Mauer und öffnete meine Sinne, ließ mich von der Energie durchfluten, bevor ich sie zu ihm weiterleitete.
    Der Junge runzelte die Stirn und riss die Augen auf. Er neigte den Kopf zur Seite, als könne er spüren, dass ich ihn scannte. Ich versuchte, die Verbindung zu unterbrechen. Normalerweise reichte dazu ein Gedanke. Diesmal jedoch strömte eine glühend heiße Energie von ihm zu mir zurück. Der Junge hatte sich nicht gerührt und sein Gesichtsausdruck war äußerst konzentriert.
    So etwas hatte ich noch nie erlebt.
    So funktionierte meine Art zu heilen nicht. Wenn ich jemanden zum ersten Mal berührte, machte ich mich auf Schmerzen gefasst, ich wusste ja nicht, woran derjenige unter Umständen litt. Aber danach folgte immer ein … Summen. Ein spannungsgeladenes Summen durchströmte mich und ich konnte den Energiefluss anweisen, die Person zu scannen. Auf diese Weise erfuhr ich, was sie hatte – gebrochene Knochen, Prellungen, was auch immer – und wie ich dagegen angehen konnte. Es war, als würden Tausende von Ameisenunter meiner Haut krabbeln, als wäre mein gesamter Körper ein großes eingeschlafenes Körperglied. Es war immer eine Erleichterung, den Kontakt mit jemandem nach dem Heilen aufzuheben, wenn das Summen langsam verklang. Das war der Zeitpunkt,
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