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Seelen im Eis: Island-Thriller (German Edition)

Seelen im Eis: Island-Thriller (German Edition)

Titel: Seelen im Eis: Island-Thriller (German Edition)
Autoren: Yrsa Sigurdardóttir
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verkaterter auf als sonst, hatte seine Kreditkarte etwas mehr strapaziert als sonst, doch an jenem Abend war der Preis für sein exzessives Feiern höher gewesen als Kopfschmerzen und Übelkeit.
    In der Taxischlange hatte er eine junge Frau angesprochen. Sie hieß Lára und war genauso unsicher auf den Beinen wie er. Er konnte sich unmöglich erinnern, worüber sie geredet hatten, aber sie hatte sich offenbar in ihn verguckt, trotz seines angeschlagenen Zustands, und sie waren bei ihm zu Hause gelandet. Auch der Sex in jener Nacht war aus seiner Erinnerung gelöscht, und wenn er so ähnlich gewesen war wie das, was später folgte, lohnte es sich nicht, ihn sich noch mal ins Gedächtnis zu rufen. Wobei das erste Mal wohl anders gewesen sein musste. Zumindest hatte er Lára angerufen, nachdem die Frau in der Reinigung ihm zwei Wochen später einen zerknitterten Zettel mit ihrer Telefonnummer zugesteckt hatte, den sie in seiner Hosentasche gefunden hatte. Das war ihm noch nie passiert, dass eine Mitarbeiterin in der Reinigung ihm irgendetwas gegeben hätte, noch nicht mal einen alten Kreditkartenauszug.
    Doch so war es gewesen, und daraus ergab sich der Rest. Óðinn hatte den Zettel glattgestrichen, Lára zum Essen eingeladen und damit eine Kette von Ereignissen ausgelöst, bei der kein Ende in Sicht war, obwohl Lára diese Welt bereits verlassen hatte. Nach ihrem ersten richtigen Date hatte er zahlreiche Gelegenheiten gehabt, sich aus dem Staub zu machen, doch stattdessen waren sie zusammengezogen und hatten schließlich geheiratet. Obwohl sie nicht besonders gut zusammenpassten. Wenn Óðinn vorgeschlagen hatte, jeder solle doch lieber seinen eigenen Weg gehen, hatte sie irgendetwas Bezauberndes gemacht, und er war zurückgerudert. Erst nach der Hochzeit war ihnen beiden ein Licht aufgegangen, und als das Thema Scheidung aufkam, wunderten sie sich, dass sie plötzlich einer Meinung waren. Und waren nicht minder erstaunt, als Lára etwa zur selben Zeit schwanger wurde, so dass die Scheidung wieder hinfällig war.
    Doch auch ihre Tochter änderte nichts an der Situation. Sie war vom ersten Tag an ein schwieriges Kind gewesen, hatte ständig Bauchschmerzen und weinte viel, und obwohl Óðinn das kleine Wesen gernhatte, ließ seine Liebe nach, je tiefer die Ringe unter seinen Augen wurden. Kurz nach ihrer Hochzeit hatten sie eine kleine Dachgeschosswohnung in der Innenstadt gekauft, die für ihn nach und nach zum Gefängnis wurde. Zu allem Überfluss verfiel Lára in eine Depression, schlief fast nur noch und sprach kaum mehr mit ihm. Nach vier Monaten hielt er es nicht mehr aus. Als er ging, überließ er Lára die Wohnung, davon ausgehend, dass das Kind bei ihr blieb, denn sonst hätte er sie nicht verlassen. In seinen Augen hatte Lára den schlechteren Deal gemacht, deshalb konnte er nicht auch noch die Hälfte des kleinen Anteils, den sie bereis an der Wohnung besaßen, verlangen. Die Mutter bekam das Kind und das Dach überm Kopf – und er seine Freiheit.
    Was war er nur für ein mieses Schwein gewesen. Das sah er jetzt, da sich das Blatt komplett gewendet hatte. Nach der Trennung hatte er nur jedes zweite Wochenende mit seiner Tochter verbringen müssen oder wenn Lára verhindert war. Er war seinen Wochenendpflichten mehr schlecht als recht nachgekommen und hatte nie mehr gemacht als nötig. Je mehr Zeit seit der Scheidung vergangen war, desto weniger hatte Lára seine Hilfe in Anspruch genommen, und obwohl er sich jetzt dafür schämte, hatte er es damals vor sich selbst damit gerechtfertigt, dass er so viel arbeiten müsse, seine Freizeit zur Erholung brauche und so weiter. Lára bekam ja jeden Monat Unterhalt, und das war das Wichtigste. Darum kümmerte sich zwar der Staat und schickte ihm anschließend eine Rechnung, aber trotzdem … Eins war jedenfalls klar: Er war nicht stolz auf sein damaliges Verhalten.
    Plötzlich wurde es im Auto vor der Sporthalle sehr kalt. Óðinn wollte die Heizung hochdrehen, merkte aber, dass sie schon auf der höchsten Stufe stand. Er drehte die Lüftung auf, aber nichts passierte. Verärgert blies er in seine Hände und versuchte, sich damit zu trösten, dass der Wagen noch nie kaputt gewesen war. Vielleicht war das nur ein kurzer Ausfall. Zuversichtlich schlug er gegen das Armaturenbrett, denn er wollte bei dieser Kälte keinesfalls mit kaputter Heizung fahren. Nichts passierte. Er hob wieder die Hand und erstarrte, als er vom Rücksitz ein Knarren hörte. Obwohl es nicht
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