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Search inside yourself

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Titel: Search inside yourself
Autoren: Chade-Meng Tan
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amüsierten uns auch über die Widersprüchlichkeit unseres Strebens, einerseits faul auf unseren Kissen zu sitzen und zu meditieren und andererseits unermüdliche Bodhisattvas (Weltretter) zu sein.
    Am besten ist mir von diesem Gespräch aber im Gedächtnis geblieben, wie sehr mich Roshis Wesen inspirierte. Sie ist eine der mitfühlendsten Seelen, die ich jemals die Ehre hatte kennenzulernen. Dies verrät allein der Blick in ihre Augen. Sie hat die sanftesten, mitfühlendsten Augen von allen Menschen, die ich kenne. Zu den vielen erstaunlichen Dingen, die sie heimlich, still und leise in ihrem Leben tut, gehört unter anderem, dass sie sich jahrzehntelang um Sterbende gekümmert und sie getröstet hat. Sie ist Äbtissin eines Zen-Klosters und gehört dem Ausschuss der Direktoren des »Mind and Life«-Instituts an, dessen Arbeit nach wie vor vielen Menschen zugutekommt.
    Roshi ist unablässig damit beschäftigt, anderen zu helfen, doch man kann spüren, dass es ihr einfach Spaß macht, genau das zu tun, was ihr am meisten liegt. Als ich über ihren Charakter nachdachte, fiel mir auf, dass dieser Wesenszug allen inspirierenden, erleuchteten Menschen zu eigen ist, mit denen ich die Ehre hatte, Zeit verbringen zu dürfen: dem Yogameister Sadhguru Jaggi Vasudev, dessen Organisation den Weltrekord für die meisten an einem einzigen Tag gepflanzten Bäume hält; dem bescheidenen Englischlehrer A. T. Ariyaratne (»Dr. Ari«), der sich dazu veranlasst sah, den Menschen zu
helfen und der am Ende die größte Nichtregierungsorganisation auf Sri Lanka gründete; Matthieu Ricard, der nicht nur der glücklichste Mensch der Welt ist, sondern auch noch ehrenamtlich eine humanitäre Organisation leitet, die vielen Leuten hilft; und natürlich dem Dalai-Lama.
    All diese Bodhisattvas sehen in ihrem unermüdlichen Engagement für die Menschheit kaum mehr als die Gelegenheit, freudig jene Dinge zu tun, die ihnen zufallen. Gelegentlich bezeichnen sie sich scherzhaft als »faul«, obwohl sie oft mehr zu tun haben als viele überlastete Geschäftsführer, die ich kenne. Der Dalai-Lama etwa sagte trotz seines vollen Terminkalenders: »Ich tue nichts.« Darüber hinaus sind all diese Menschen ausnehmend fröhlich. Sadhguru meinte, er sollte genau wie ich die Berufsbezeichnung Jolly Good Fellow tragen.
    Meine Erkenntnis zu diesem Thema ist: Wenn man »die Welt retten« möchte, ist das so schwierig und aufreibend, dass man wahrscheinlich nicht lange durchhalten wird, wenn man sich überanstrengt. Da ist es geschickter, sich darauf zu konzentrieren, inneren Frieden zu finden, Mitgefühl zu entwickeln und die Absicht zu stärken. Wenn der innere Friede, das Mitgefühl und die Absicht stark sind, entsteht das mitfühlende Handeln ganz natürlich und organisch und ist damit auch von Dauer.
    Der große Zen-Meister Thich Nhat Hanh gehört ebenfalls zu diesen Bodhisattvas, die unermüdlich der Welt dienen, und bezeichnet sich dennoch als »faulen Mönch«. Er fasst diesen Gedanken in wunderschöne Worte: »Bei all diesem sozialen Engagement musst du zuerst die Lektion lernen, die auch der Buddha lernte, nämlich den Geist zur Ruhe zu bringen. Dann schreitest nicht du zur Tat; die Tat schreitet zu dir.« Nicht du schreitest zur Tat; die Tat schreitet zu dir.
    Beflügelt davon schrieb ich dieses Gedicht:
    Der Faule Bodhisattva
    Â 
    Trachte mit tiefem innerem Frieden
Und großem Mitgefühl
Täglich danach, die Welt zu retten.
Aber mühe dich nicht, dieses Ziel zu erreichen.
Tu einfach, was sich von selbst ergibt.
Wenn das Trachten stark ist
Und das Mitgefühl erblüht,
Ist das, was sich von selbst ergibt,
Auch das Richtige.
So rettest du,
Du weises und mitfühlendes Wesen,
die Welt, und hast deinen Spaß dabei.
    Mögen Sie, meine lieben Freunde, faul sein, und mögen Sie die Welt retten.

Dank
    Wenn ich weiter sehen konnte, so deshalb, weil ich
auf den Schultern von Riesen stand.
– Isaac Newton
    Â 
    Hey, da steht so ein Typ auf unseren Schultern.
– Die Riesen
    Â 
    Â 
    Dieses Buch handelt davon, wie man Weisheit aufs echte Leben überträgt, aber keine der Weisheiten stammt von mir selbst. Sie sind bereits vorhanden und werden seit unzähligen Generationen von weisen Männern und Frauen gelebt, gelehrt und verkörpert, von denen viele heute unter uns leben. Ich sehe
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