Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
SdG 08 - Kinder des Schattens

SdG 08 - Kinder des Schattens

Titel: SdG 08 - Kinder des Schattens
Autoren: Steven Ericson
Vom Netzwerk:
Gespenster wichen zurück und machten einen Korridor zu der Doppeltür frei.
    Udinaas trat vor und stieß sie auf, begab sich nach drinnen und drehte sich um. Einen Schritt hinter ihm kamen Nifadas und die Freisprecherin, während der Prinz mit düsterer Miene ein wenig hinterherhing.
    Der Erste Eunuch starrte stirnrunzelnd auf den Vorhang am hinteren Ende des Raums. »Der Thronsaal ist voller adliger Edur? Und warum höre ich dann nichts?«
    »Sie erwarten Eure Ankunft«, sagte Udinaas. »Der Herrscher der Tiste Edur steht auf dem Podest in der Mitte der Halle. Seine Erscheinung wird Euch überraschen …«
    »Sklave«, sagte Quillas, und er sprach das Wort verächtlich aus, »wir gehen nicht davon aus, dass die Verhandlungen unverzüglich beginnen werden. Wir werden jetzt einfach nur zu Gästen erklärt werden …«
    »Dafür kann ich nicht garantieren«, unterbrach Udinaas ihn ruhig. »Ich würde Euch raten, mit allem zu rechnen.«
    »Aber das ist absurd …«
    »Lasst es uns also einfach herausfinden«, sagte der Erste Eunuch.
    Der Prinz war es nicht gewohnt, ständig unterbrochen zu werden. Sein Gesicht lief rot an.
    Freisprecherin Seren Pedac mischte sich ein. »Udinaas, aus deinen Worten schließe ich, dass Hannan Mosag vom Thron gestoßen wurde.«
    »Ja.«
    »Und Rhulad Sengar hat sich zum neuen König der Tiste Edur erklärt.«
    »Nein, Freisprecherin, zum Imperator.«
    Ein halbes Dutzend Herzschläge lang herrschte Stille, dann schnaubte der Prinz ungläubig. »Von was für einem Imperium? Einem aus sechs Stämmen von … Robbenjägern? Dieser Narr ist verrückt geworden.«
    »Es ist eine Sache, sich selbst zum Imperator zu erklären«, sagte Nifadas langsam, »aber es ist etwas ganz anderes, den Adel der Edur dazu zu bringen, vor einem solchen Anspruch das Knie zu beugen. Udinaas, haben sie das getan?«
    »Das haben sie, Erster Eunuch.«
    »Das ist … erstaunlich.«
    »Und was ist mit Hannan Mosag?«, fragte Seren.
    »Auch er hat das Knie gebeugt und Loyalität geschworen, Freisprecherin.«
    Erneut sagte mehrere Herzschläge lang niemand ein Wort.
    Schließlich nickte der Erste Eunuch Udinaas zu und sagte: »Danke. Ich bin jetzt bereit, dem Imperator gegenüberzutreten.«
    Udinaas nickte und begab sich zu dem Vorhang. Nachdem er ihn beiseite gezogen hatte, trat er hindurch und in den dahinter liegenden Raum. Die Adligen hatten sich ein Stück zur Seite bewegt und eine Gasse freigelassen, die hinunter zum zentralen Podest führte. Alle standen. Auf dem Podest stützte sich Rhulad Sengar auf sein Schwert. Seine Bewegungen hatten dafür gesorgt, dass ein paar Münzen von ihm abgefallen waren und gesprenkelte Flecken aus verbrannter Haut freigegeben hatten. Die Feuchtigkeit, die Hitze und die Öllampen machten die Luft neblig und gespenstisch. Udinaas versuchte, den Anblick so wahrzunehmen, als wäre er ein Fremder, und er war entsetzt, wie roh und barbarisch das alles wirkte. Das hier ist ein gefallenes Volk.
    Das sich wieder neu erheben wird.
    Der Erste Eunuch und die Freisprecherin erschienen auf der Schwelle, und Nifadas trat nach links zur Seite, um Platz für Prinz Qillas Diskanar zu machen.
    Udinaas hob die Stimme. »Imperator. Der Erste Eunuch Nifadas und Prinz Quillas Diskanar. Die Delegation der Letherii.«
    »Tretet vor«, erklang die mit krächzender Stimme vorgetragene Aufforderung des Imperators. »Ich bin Rhulad Sengar, und ich erkläre Euch zu Gästen des Imperiums der Tiste Edur.«
    Nifadas neigte den Kopf. »Wir danken Eurer Hoheit für das Willkommen.«
    »Der König der Letherii wünscht, einen offiziellen Staatsvertrag mit uns zu schließen«, sagte Rhulad. Er zuckte die Schultern. »Ich hatte bisher immer den Eindruck, wir hätten längst einen. Und während wir ihn in Ehren halten, tut Euer Volk das nicht. Welchen Sinn sollte dann also eine neue Übereinkunft haben?«
    Als der Erste Eunuch zu einer Antwort ansetzte, trat Quillas vor. »Ihr habt den Ertrag einer Robbenjagd beschlagnahmt. So sei es. Solche Dinge können nicht rückgängig gemacht werden, nicht wahr? Allerdings erhebt sich da die Frage der Bezahlung.«
    Udinaas lächelte. Er brauchte nicht aufzublicken, um die entsetzten Gesichter der versammelten Adligen vor sich zu sehen.
    »Was diese Angelegenheit betrifft«, erwiderte Rhulad nach einer kurzen Pause, »so wird Hannan Mosag für die Edur sprechen.«
    Udinaas schaute auf und sah, wie der ehemalige Hexenkönig vortrat und sich vor das Podest stellte. Sein Gesicht war
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher