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Schwanengesang (German Edition)

Schwanengesang (German Edition)

Titel: Schwanengesang (German Edition)
Autoren: Andreas Hoppert
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fielen mir aus, ich konnte nichts mehr essen, nicht mehr schlafen, es war entsetzlich. Das ging etwa zwei Monate so und irgendwann war ich tatsächlich so weit, dass ich mir das Leben nehmen wollte. Hinzu kam noch, dass mein Finanzberater mir im Januar 2012 völlig überraschend mitgeteilt hat, mein gesamtes Vermögen sei praktisch weg. Und nicht nur das: Es gäbe mittlerweile auch zahlreiche Gläubiger, die viel Geld von mir verlangten. Es täte ihm leid, er habe sein Bestes gegeben, aber da sei leider nichts mehr zu machen. Wissen Sie, ich habe mich in meinem Leben nie mit meinen Finanzen befasst. Zuerst hat mein Mann sich darum gekümmert, nach seinem Tod diverse Berater, denen ich eine Generalvollmacht erteilt hatte. Es war immer genug Geld da und ich hätte nie gedacht, dass sich das einmal ändern könnte. Also habe ich es mit vollen Händen ausgegeben. Ich habe einen sehr aufwendigen Haushalt mit vielen Angestellten geführt, viel gespendet, bin viel verreist. Als ich hörte, dass ich praktisch pleite bin, war mir das zuerst vollkommen egal, ja, ich habe sogar darüber gelacht. Schließlich hatte ich ein viel existenzielleres Problem.«
    Sie sah Marc fragend an. »Noch etwas Eistee, Herr Hagen?«, fragte sie und füllte auf Marcs Kopfnicken hin beide Gläser. Dann fuhr sie mit ihrer Geschichte fort: »Aber dann kam kurz darauf Charlotte Vollmer zu mir. Charlotte, die ich schon fast mein ganzes Leben kannte und die wie eine Schwester für mich war. Sie hat sich die Augen aus dem Kopf geheult und brauchte mehrere Minuten, bis sie sich beruhigt hatte und mir alles erzählen konnte. Und was ich dann zu hören bekam, hat mir fast das Blut in den Adern gefrieren lassen: Charlotte hatte einen viel jüngeren Mann namens Gabriel Wagner kennengelernt, in den sie sich hoffnungslos verliebt hatte. Dieser Wagner hatte ihr gebeichtet, er habe große Geldsorgen, die Mafia sei hinter ihm her und werde ihn umbringen, wenn er seine Schulden nicht bald zurückzahle. Irgendwie hat er wohl erfahren, dass ich eine hohe Lebensversicherung mit Charlotte als Begünstigter abgeschlossen habe, und dieses Geld wollte er sich unter den Nagel reißen. Charlotte hat mir erzählt, sie habe sich lange geweigert, bei seinem Plan mitzumachen, aber dann habe sie zugesagt, weil sie Wagner unter keinen Umständen verlieren wollte. Der Plan war, Heinen, der ebenfalls Geldsorgen hatte, mit ins Boot zu holen. Charlotte hatte vor Wagner eine Beziehung mit Heinen. Heinen hat sich bereit erklärt, mir einzureden, ich hätte Magenkrebs und wollte mich so in den Selbstmord treiben. Dazu hat er mich systematisch über Monate mit kleinen Dosen vergiftet, um mir unerträgliche Schmerzen zu bereiten und meinen Todeswunsch zu bestärken. Und fast hätten sie damit auch Erfolg gehabt. Aber irgendwann konnte Charlotte mein Leiden nicht mehr mit ansehen und hat sich mir offenbart.«
    »Wie haben Sie reagiert, als Charlotte Vollmer Ihnen von dem Mordkomplott erzählt hat?«, wollte Marc wissen.
    »Ich war schockiert. Die beiden einzigen Menschen in meinem Leben, denen ich hundertprozentig vertraut habe, hatten mich hintergangen und wollten mich sogar umbringen. Mein erster Gedanke war natürlich, die Polizei zu rufen. Aber dann wurde mir klar, dass dieser Mordversuch eine Chance für mich sein konnte, meine Geldsorgen und meine Gläubiger loszuwerden. Ich habe Charlotte also vorgeschlagen, es grundsätzlich bei dem Plan zu belassen, aber mit einer kleinen Änderung: Ich sollte nicht tatsächlich, sondern nur offiziell sterben, das Geld aus der Lebensversicherung anschließend unter uns aufgeteilt werden. Ich sollte die Hälfte bekommen, dann wäre noch genug da gewesen, damit Wagner seine Schulden bezahlen und Heinen versuchen konnte, sein Unternehmen zu retten. Charlotte hat meinen Vorschlag weitergeleitet und alle waren einverstanden. Schließlich war ein Teil des Geldes immer noch besser, als Jahre in den Knast zu wandern. Natürlich hat Heinen ab diesem Zeitpunkt aufgehört, mich zu vergiften. Also habe ich die Sache selbst in die Hand genommen und mit ein bisschen Theaterschminke weiter die Todkranke für die Hausangestellten gespielt. Das ist mir nicht sonderlich schwergefallen, schließlich bin ich ausgebildete Schauspielerin. Ich habe kaum noch etwas gegessen und mir sogar meine schönen Haare ruiniert. Aber was tut man nicht alles für eine richtige Charakterrolle.« Sie lächelte schmallippig.
    »Und irgendwann bin ich ins Spiel gekommen.«
    »Ja. Da
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