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Schottische Ballade

Titel: Schottische Ballade
Autoren: Suzanne Barclay
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Tage, in denen sie der Unbill des Wetters ebenso ausgesetzt waren wie der schlechten Laune Eneas’. Er hatte darauf bestanden, dass sie jede Nacht in den Wäldern lagerten, nur von ihren Tartans bedeckt und dem Ölzeug, das Wat ihnen zum Schutz vor Wind und Wetter mitgegeben hatte.
    Gewiss geschah dies aus Bosheit, dessen war sich Rowena sicher. Nass, erschöpft und schlecht gelaunt, weigerte sie sich jedoch, Eneas die Genugtuung zu geben, ihm ihre Stimmung zu zeigen. Sie ritt hinter ihm, mit gestrafften Schultern und eiserner Entschlossenheit.
    „Wann, glaubt Ihr, erreichen wir Blantyre?“ fragte Harry Gunn, der junge Krieger, den Finlay ihr als Knappe mitgegeben hatte.
    „Du musst jemanden haben, der deine Befehle ausführt und der dich beschützt“, hatte Finlay gesagt, „da du dich weigerst, eine der Zofen mitzunehmen.“
    „Ich muss Jennie hier lassen, damit sie sich um Paddy kümmert. Schlimm genug, dass er seinen Vater verloren hat. Nun reitet auch noch seine Mutter weg. Er braucht jemanden, der ihn umsorgt und behütet. Und die anderen Mägde sind entweder zu alt, um den Ritt zu überstehen, oder zu flatterhaft.“
    „Der Hof des Earls ist ein rauer Ort.“
    „Ich habe mein ganzes Leben mit rauen Gesellen zugebracht“, hatte sie gesagt und den Kopf in den Nacken geworfen. Sie genoss diese Freiheit, für sich selbst zu entscheiden, nach so vielen Jahren unter der Kuratel von Padruig.
    „Ich hörte Eneas zu Clem sagen, wir könnten Blantyre noch am heutigen Tag erreichen“, sprach Rowena zu ihrem sommersprossigen Begleiter.
    „Nicht einen Augenblick zu früh.“ Harry verzog das Gesicht,
    als er sich im Sattel aufrichtete. „Ich wette, mein Hinterteil wird für immer flach bleiben.“
    Rowena lächelte und blies einen Regentropfen von ihrer Nasenspitze. „Ich weiß, was du meinst.“
    „Was denkt Ihr, wird es eine reiche Burg sein?“
    „Es sollte mich nicht überraschen. Finlay sagte mir, es sei der altehrwürdige Stammsitz des Clans Shaw, die eine überaus wohlhabende Familie sind.“ Auch sie wollte einen guten Eindruck auf den einflussreichen Earl machen, der sich dort niedergelassen hatte. Einen flüchtigen Augenblick hatte sie Bedenken, als sie an das wollene Kleidungsstück dachte, das sie sorgsam gefaltet in der Satteltasche verstaut hatte. Es war das feinste, das sie jemals besessen hatte, und Jennie hatte ihr versichert, wie gut ihr die tiefblaue Farbe zu Gesicht stehe.
    „Denkt Ihr, dass auch Mädchen da sein werden?“
    „Schäm dich, Harry“, sagte sie. „Du hast den Befehl, mich zu beschützen und nicht hinter einer Schar leichter Röcke her zu sein.“
    „Mylady! Ich ... ich versichere Euch, dass ich das nicht meinte, ich ..."
    „Es war nur ein Scherz, Harry.“
    Er sah sie von der Seite an, die dunklen Augen blickten erstaunt unter langen roten Haarsträhnen hervor. „Ich habe Euch nie zuvor scherzen sehen, Mylady. Ihr wart immer eine ernsthafte und schickliche Dame.“
    „Du hast Recht.“ Doch da war einst eine Zeit gewesen, eine kurze Zeit, während jenes wilden, glorreichen Sommers mit Lion, als sie fröhlich und glücklich gewesen und geliebt worden war. Die Erinnerung kehrte mit einem heftigen Verlangen zurück. Sechs Jahre waren vergangen, seit jemand sie geküsst oder in den Armen gehalten hatte. Sechs einsame, lange Jahre.
    „Lady Rowena?“
    Sie erschrak. „Ja, Harry.“
    „Seht doch. Eneas’ Späher sind mit der Nachricht zurückgekehrt, dass wir nur noch eine Meile von Blantyre Castle entfernt sind.“
    „Gelobt sei Gott“, sagte Rowena. „Können wir anhalten, damit ich frische Kleider anziehen und mein Haar kämmen kann?“
    „Ich zweifle, dass Eneas anhalten lässt, und ich möchte nicht alleine in diesen Wäldern verweilen.“
    Rowena folgte seinem besorgten Blick in das dunkle, undurchdringliche Gehölz, das sie zu umschließen schien. Dunstschwaden stiegen von den schwarzen Geröllmassen auf, die den Pfad begrenzten. Sie vermischten sich mit dem Dunst aus den Bäumen und bildeten einen dichten Nebel, in dessen Tiefen das Böse zu lauern schien. Irgendwo in der Nähe durchbrach der einsame Schrei eines Falken die Stille, und Rowena lief es kalt über den Rücken. „Ich glaube, du hast Recht. Hoffentlich wird der Earl das verstehen.“
    „Ihr seht gut aus, wie Ihr seid, Mylady. Nur habt Ihr ein wenig Schlamm auf Eurer Wange.“
    Hastig rieb sich Rowena das Gesicht. „Oh, es ist so wichtig, dass der Earl mich wohlwollend betrachtet.“
    „Wir
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