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Schismatrix

Schismatrix

Titel: Schismatrix
Autoren: Bruce Sterling
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kreischenden Street Tech von Hip-hop und Scratch Music; im Synthesizer-Rock von London und Tokio. Dieses Phänomen, diese Dynamik, hat globale Reichweite; der Cyberpunk ist seine literarische Verkörperung.« Gleichzeitig verweist Sterling auch auf eine neue politische Haltung gegenüber dem technischen Know-how und den etablierten Machtstrukturen, eine Haltung, die er als ›Allianz‹ bezeichnet: »Plötzlich wird eine neue Allianz offensichtlich: eine Integration von Technologie und Gegenkultur der achtziger Jahre. Eine unheilige Allianz der technischen Welt und der Welt des organisierten Abweichlertums - der Untergrundwelt von Pop, visionärer Beweglichkeit und Street-Level-Anarchie.« Was ins Auge springt, ist das Moment der Integration. Es ist nicht ganz einsichtig, wie die integrierte Subkultur aus politisch-ästhetischen Beweggründen das High-Tech-Spielzeug des Establishment für ihre Zwecke übernommen haben soll, wo sie doch ihrerseits vermutlich nur das Ergebnis der Entfremdung von eben diesem Establishment ist. Eine Erklärung könnte Sterlings Äußerung geben, die er einmal in einem Interview machte, wonach die beste Science Fiction die sei, die sich nicht als eine Literatur der Ideen verstehe, sondern als eine Literatur über Ideen. Sie bilde nicht einfach Tendenzen der Gegenwart ab, sondern befasse sich mit den Strukturen, auf denen diese Tendenzen beruhen, Strukturen, die heutzutage überall auf der Welt die gleichen sind.
    Bruce Sterlings Auffassung von Science Fiction spiegelt unmittelbar die rasanten Veränderungen wider, denen die Gesellschaftssysteme der Welt derzeit unterworfen sind. Dabei ist er ebenso Abbild und Phänomen wie treibende Kraft innerhalb des Genres, zu dem er ein einigermaßen zwiespältiges Verhältnis aufweist. Einerseits ist er in ihren Traditionen gefangen, ein großer Verehrer von Autoren wie Arthur C. Clarke, den er für seine Fähigkeit bewundert, es sich in einem Bereich zwischen Kunst und Wissenschaft heimisch gemacht zu haben, andererseits drängt es ihn, das alte Inventar der Science Fiction mit ihren Kernenergiewundern, Robotergesetzen und breitschultrigen Raumschiffkapitänen hinter sich zu lassen und die Grenze zur allgemeinen Literatur niederzureißen, deren Stelle die SF einzunehmen habe - eine Forderung, die er als Vincent Omniaveritas jahrelang laut tönend verkündete. So heißt es in seinem Artikel »The New Science Fiction«: »Die objektive Weltsicht der Wissenschaften hat keine moralische Komponente. Sie wird dich rösten oder deinen Stereo zum Laufen bringen, das macht keinen Unterschied. Und Mainstream-Literatur hat dabei versagt, die Bedingungen dieser neuen Epoche anzunehmen. Die moderne Welt definiert sich durch ihre Technologie. Aber eine Literatur, die Technologie verachtet und ignoriert, läuft ins Leere. Jene, die den überwältigenden Einfluß der Technologie nicht begreifen können, sind wahrhaft hilflos. Mainstream-Literatur spiegelt diese Hilflosigkeit und die Anomie, die damit einhergeht, wider. Mainstream-Literatur ist machtlos geworden.« Und als Bruce Sterling erklärte er in einem biografischen Entwurf unter dem Titel »Twisted for a Living«: »Ich war immer der Meinung, daß SF Dinge tun und können sollte, zu denen andere Formen des Schreibens nicht in der Lage sind. Ich halte SF für eine populäre Kunstform mit großem subversivem Potential, ganz ähnlich der Pop-Musik. Indem sie sich wie eine unsichtbare Strahlung durch unsere Kultur stiehlt, ist der Einfluß der SF nicht spürbar, nicht sichtbar und doch profund. SF ist ein kulturelles Mutagen. Sie ist mehr als eine psychedelische Lichtshow; in ihren besten Augenblicken gibt sie Schüsse genzertrümmernder kosmischer Strahlen ab.« All dies und mehr soll der Cyberpunk erfüllen, zu dessen Markenzeichen Sterling/Omniaveritas zufolge technologische Bildung und imaginative Konzentration gehören, visionäre Intensität, ein weltumspannender Blick auf das einundzwanzigste Jahrhundert und - eine fiktionale Technik, die die Fortschritte der New Wave in der SF als gegeben ansieht und die volle Bandbreite ihres literarischen Könnens nutzt, dabei jedoch dem Inhalt den Vorrang über Stil und der Bedeutung den Vorrang über Manieriertheit einräumt.«
    Cyberpunk ist die ›hard sf‹ unserer Tage, und Sterling steht in der Tradition beider Auslegungen dieses Begriffes, sowohl jener, die das wissenschaftlich-technizistische Anliegen der Science Fiction in den Vordergrund stellt, als auch
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