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Schatz, schmeckts dir nicht

Schatz, schmeckts dir nicht

Titel: Schatz, schmeckts dir nicht
Autoren: Ella Danz
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Nachtisch abräumen? Sie entschied, nur den Vergissmeinnichtpokal stehen zu lassen und für die anderen jetzt Mokka und Digestif zu servieren.
     
    Beinahe hätte sie das vollgeladene Tablett fallen lassen, als sie aus der Küche zurückkam, so fuhr ihr der Schreck in die Knochen.
     
    Ulli löffelte seelenruhig aus dem Vergissmeinnichtpokal!
     
    Sie musste Helenes starren Blick gespürt haben, denn sie hob den Kopf und mit halb vollem Mund stotterte sie:
    »Den hätte Diane ja sowieso nicht mehr gegessen, und ist doch schade drum, oder? Übrigens finde ich, der Geschmack wird, je mehr man davon isst, immer besser und intensiver!«
    Jetzt fehlte bloß noch, dass sie die ganze Runde probieren ließ.
    Doch dazu blieb ihr keine Zeit. Sie wurde erst blass, dann rot im Gesicht, erhob sich abrupt, murmelte etwas wie: »Mir ist so schlecht« und wankte in Richtung Gästetoilette. Noch ehe sie die Terrassentür erreichte, brach sie zusammen. Entsetzt sprangen alle bei dem Geräusch, das ihr ziemlich umfangreicher Körper beim Fall erzeugte, von ihren Stühlen auf und eilten, ihr zu helfen.
    Ihr war nicht mehr zu helfen. Der Notarzt, der wenig später eingetroffen war, konnte nur noch den Tod feststellen. Todesursache: Akutes Herzversagen. Dass die stark übergewichtige Ulli an einer Herzschwäche litt, war allgemein bekannt.
    Das hatte Helene nicht gewollt und es tat ihr unendlich leid, besonders wegen Bobby und der Kinder. Doch nachdem sie den ersten Schock überwunden hatte, stellte sich ein gewisser Trotz ein. Hatte sie nicht immer schon prophezeit, dass Ulli an ihrer unmäßigen Fresserei einmal krepieren würde?
    So weit, so gut. Oder auch schlecht. Dieser unerfreuliche Betriebsunfall war leider nicht mehr rückgängig zu machen. Und wieder war wertvolle Zeit verstrichen und nichts hatte sie erreicht, außer sich der Gefahr ausgesetzt zu haben, als tödliche Giftmischerin entlarvt zu werden. Noch drei Wochen. Jetzt musste sie Nägel mit Köpfen machen. Wo blieb die verzauberte Kröte, die in Wahrheit ein Prinz war, um der armen, verzweifelten Königstochter zu helfen?
     
    Die Interviews / Nr. 6
     
    Susanne
     
     
    Sie fragen, ob man Helene als meine beste Freundin bezeichnen kann? Na ja, wir kennen uns jetzt seit über 20 Jahren. Vielleicht ist sie sogar meine beste Freundin, wenn Sie das so nennen wollen. Aber das muss ja nicht bedeuten, dass ich an ihr alles gutheiße, oder? Sie kann ganz schön eigen sein, die Helene. Mir gegenüber benimmt sie sich zuweilen so – wie soll ich sagen – so herzlos, so völlig ohne Verständnis. Sie wirft mir dann Sachen an den Kopf … Wäre ich nicht so gutmütig, wären wir längst geschiedene Leute. Bisher hab ich immer gedacht, na ja, jetzt ist sie wahrscheinlich wieder neidisch auf mein Singledasein, deshalb spielt sie die Abgebrühte. Aber inzwischen kommen mir da so meine Zweifel.
    Und ihre Kochleidenschaft ist ja schon mehr eine Macke, oder? Ich profitiere davon, ja das stimmt. Aber ich finde das manchmal schon sehr übertrieben, was Helene da für einen Aufwand treibt. Immerhin geht es doch nur um Essen! Aber sie hat halt nichts anderes, wo sie drin glänzen kann. (Schulterzucken)
    Wir sind eben sehr verschieden, wissen Sie. Ich habe mir immer meine persönliche Unabhängigkeit bewahrt. Gut, ich habe damals Dieter geheiratet. Er ist ja auch ein reizender Mensch. Aber irgendwann habe ich festgestellt, dass wir doch nicht so gut zusammenpassen und mich von ihm getrennt. Und seitdem genieße ich mein Leben. (vielsagendes Lächeln)
    Helene hat sehr jung geheiratet, Kinder bekommen und ihr Studium an den Nagel gehängt. Und dann ist sie voll in diesem Hausfrauen- und Mutterdasein aufgegangen! Ich habe das nie kapiert, ich fand das grässlich. Sie hätte an der Uni Karriere machen oder Museumsdirektorin oder sonst was werden können, aber sie hat es vorgezogen, ihrem Jan das perfekte Heim zu bescheren. Gut, er bringt genügend Geld nach Hause, dass sie sich ein ziemlich luxuriöses Leben leisten kann, aber ist das so erfüllend? Helene tat jedenfalls immer so, als ob sie vollauf mit ihrem Schicksal zufrieden wäre. Sie schien sich mir als alleinstehender Frau total überlegen zu fühlen. Aber ich hab mich schon manchmal gefragt, wieso sie eigentlich nie so richtig viel über sich erzählt? Irgendwie habe ich mir einfach nicht vorstellen können, dass es hinter dieser glänzenden Fassade keine dunklen Punkte gibt. (wissendes Lächeln) Und damit lag ich wohl nicht ganz
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