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Sahnehäubchen: Roman

Sahnehäubchen: Roman

Titel: Sahnehäubchen: Roman
Autoren: Anne Hertz
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frühen Morgentermin gehabt, Tom Weidner im Konferenzraum plazieren und mit Kaffee versorgen. Aber: Sosehr ich auch in den Untiefen meiner Tasche wühle und dabei Dinge wiederfinde, die ich seit Wochen nicht gesehen habe, mein Handy ist nicht dabei. Das muss zu Hause liegen. Langsam beschleicht mich das Gefühl, dass das heute ein ganz, ganz furchtbarer Tag werden könnte.
    Völlig abgehetzt komme ich schließlich um zwanzig nach neun im Büro an, habe Ohrensausen und bin durchgeschwitzt. In diesem Zustand soll ich ein Bewerbungsgespräch führen? Wunderbar, das kommt ja sofort total seriös und professionell rüber!
    »Wo ist Herr Weidner?«, keuche ich Frau Smit entgegen, die wie immer am Empfang sitzt und in einer Zeitschrift blättert. »Ich hoffe, er ist nicht schon wieder gegangen.«
    Frau Smit blickt von ihrer Lektüre hoch und schaut mich verständnislos an. »Welcher Herr Weidner denn?«
    »Tom Weidner«, erkläre ich, »der will sich heute als Volontär vorstellen.«
    »Der war noch nicht da. Sie sind überhaupt die Erste, die heute hier reinkommt. Also, außer mir natürlich. Es hat auch noch niemand angerufen.«
    Bitte? Der ist noch gar nicht da? Habe ich mich etwa im Termin vertan?
    Ich gehe in mein Büro und fahre meinen Rechner hoch. Sobald mein Kalender geladen ist, öffnet sich mit einem dezenten Pling schon ein Terminfenster. Da steht es: neun Uhr, Vorstellungsgespräch Volontariat, Tom Weidner. Das darf doch jetzt nicht wahr sein, oder? Ich komme hier auf der letzten Rille reingeschossen, und der Typ versetzt mich. Gibt’s doch gar nicht!
    Genervt lasse ich mich auf meinen Stuhl plumpsen. Ich hätte noch in aller Ruhe duschen können!
    Okay, Nina, beruhig dich, sage ich mir selbst. Der Tag hat nicht gut begonnen, aber jetzt bist du wieder ganz Herrin der Lage. Trink erst mal einen Kaffee. Als ich mich gerade erhebe, um in die Küche zu gehen, klopft es an meine Tür und Frau Smit schaut herein.
    »Herr Weidner wäre jetzt da. Soll ich ihn in den Konfi setzen?«
    Ich schaue sie finster an. »Sah er so aus, als hätte er einen furchtbaren Unfall gehabt? Irgendetwas, was ihn nachvollziehbar aufgehalten hat? Also trug er beispielsweise seinen Kopf unter dem Arm?«
    Frau Smit kichert. »Nein«, erwidert sie. »Eigentlich wirkt er ganz entspannt und gutgelaunt.«
    » Entspannt und gutgelaunt?«, entfährt es mir. »Bei einer Verspätung von zwanzig Minuten? Ich hoffe, er hat eine Top-Entschuldigung parat!«

    Tatsächlich. Da sitzt Tom Weidner – und die Beschreibung gutgelaunt und entspannt könnte nicht besser passen. Ein kleiner Sonnenschein, gewandet in Jeans und weißes Longsleeve. Immerhin steht er auf, als ich in den Konferenzraum komme, und strahlt mich an. In der Tat ein hübsches Kerlchen. Mal sehen, wie lange seine gute Laune halten wird, wenn ich ihm jetzt auf den Zahn fühle.
    »Hallo Frau Seefeld! Ich hatte eigentlich mit Susanne Becelius persönlich gerechnet. Aber Sie nehme ich natürlich auch gerne!« Er grinst mich an. Ich ignoriere seinen forschen Einstieg in das Gespräch. Der bringt mich nicht aus der Ruhe. Der nicht!
    »Herr Weidner«, begrüße ich ihn knapp, schüttele seine Hand und nehme dann auf dem Stuhl ihm gegenüber Platz. Bedächtig falte ich die Hände, stütze mich auf dem Tisch auf und ziehe – hoffentlich so gekonnt, wie ich es hin und wieder vorm Spiegel übe – eine Augenbraue hoch, um mein leichtes Missfallen zum Ausdruck zu bringen. »Was hat Sie denn aufgehalten?«
    Er schaut erstaunt. »Wieso aufgehalten?«, will er wissen.
    »Ich warte seit neun Uhr auf Sie.« Gut, das stimmt nicht ganz, aber vielleicht erweckt das sein offenbar unterentwickeltes schlechtes Gewissen zum Leben.
    »Ach so … das ist jetzt natürlich dumm für Sie gelaufen.« Er zuckt mit den Schultern. »Ich habe die Hausnummer nicht gleich gefunden, und außerdem hatte ich Frau Becelius auch eher so verstanden, dass ich ab neun mal vorbeischauen könnte.« Er lächelt weiter.
    Na warte!
    »Herr Weidner, das ist hier keine Party, auf der man irgendwann aufkreuzt, wie es einem in den Kram passt, sondern ein Vorstellungsgespräch«, feuere ich meine erste Spitze mit einer Stimme ab, die vermutlich Wasser gefrieren lassen könnte. »Darf ich Ihren Ausführungen entnehmen, dass Ihr Interesse an einem Volontariat in unserem Hause doch nicht so groß ist?«
    Er schüttelt heftig den Kopf. »Nein, ganz im Gegenteil. Ich wollte nur sagen, dass das mit der Uhrzeit wohl ein Missverständnis war. Es
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