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Sag nichts, kuess mich

Sag nichts, kuess mich

Titel: Sag nichts, kuess mich
Autoren: Sandra Marton
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… es gab so etwas wie zu viel Nähe.
    Vielleicht lag es ja auch nur an ihm. Wie auch immer … Zeit, zu gehen.
    Er sah durch die großen Glastüren in den Garten hinter der Orsini-Villa hinaus. Die Stauden und Büsche, die seine Schwester Isabella vor Jahren gepflanzt hatte, waren noch immer grün, auch wenn bereits der Herbst in der Luft lag. Die Mauer, die den Garten umschloss, war hoch genug, um den Lärm der dahinter liegenden Straßen abzublocken. Straßen, die sich so schnell veränderten, dass er sie kaum noch wiedererkannte. Little Italy, einst Heimat für Generationen von Einwanderern, wurde mehr und mehr verdrängt von Greenwich Village.
    Schicke Läden, teure Restaurants, Kunstgalerien. Der Fortschritt, dachte Nick grimmig und trank noch einen Schluck. Er hasste es, das mit ansehen zu müssen. Er war in diesem Viertel aufgewachsen. Nicht, dass er nur schöne Kindheitserinnerungen hätte, das nicht. Wenn der Vater der Kopf einer mächtigen kriminellen Vereinigung war, lernte man schnell, dass man anders war als die anderen. Bereits seit frühester Kindheit wusste Nick, für welche Organisation Cesare Orsini arbeitete , und er hasste ihn dafür.
    Die Bindung zu seiner Mutter und seinen Schwestern dagegen war immer stark gewesen. Was nun die Bindung zu seinen Brüdern betraf …
    Nicolos Lippen verzogen sich zu einem Lächeln.
    Die ging weit über Blutsbande hinaus.
    Als Kinder hatten sie sich gestritten und einander gnadenlos aufgezogen, hatten zusammengehalten gegen die anderen Kinder, die sich einbildeten, den Söhnen eines don der famiglia das Leben schwer machen zu können. Kaum aus der Teenagerzeit heraus, waren sie getrennte Wege gegangen, nur um sich wieder zusammenzufinden und eine Investmentfirma zu gründen, die sie ebenso reich und mächtig wie ihren Vater gemacht hatte, allerdings ohne die kriminellen Energien in Cesares Leben.
    Sie waren Teile eines Ganzen – Raffaele, Dante, Falco und er. Sie ähnelten einander im Aussehen, besaßen ähnliche Charakterzüge, ein ähnliches Temperament.
    Würde sich das ändern? Es würde sich ändern müssen, jetzt, nachdem drei der vier Brüder Ehefrauen an ihren Seiten hatten.
    Nick ging zur Bar, um sein Glas nachfüllen zu lassen.
    Unglaublich, dachte er, als er Rafe mit Chiara tanzen sah. Seine Brüder waren verheiratet. Erst Rafe, dann Dante und jetzt sogar Falco. Ausgerechnet Falco, der „Ich-bin-eine-Insel“-Falco.
    Absolut unglaublich. Seine Brüder hatten sich verliebt.
    „Das passiert dir auch eines Tages“, hatte Rafe gestern Abend noch gesagt, als sie sich in The Bar, der Kneipe in Soho, die ihnen gehörte, getroffen und mit einem Bier auf Falcos Junggesellenabschied angestoßen hatten.
    „Ganz bestimmt nicht“, hatte er überzeugt von sich gewiesen, und alle waren in lautes Gelächter ausgebrochen.
    „Doch, Mann“, hatte Dante dagegengehalten, „irgendwann erwischt es dich auch.“
    „Wenn du es am wenigsten erwartest“, ergänzte Falco. „Dir wird eine Frau über den Weg laufen, und schon hält sie dein armes kleines Herz in ihrer Hand.“
    Wieder hatten sie alle gelacht, und Nick hatte beschlossen, es dabei zu belassen. Warum herausposaunen, dass er schon einmal die Erfahrung gemacht hatte – und nicht die geringste Chance bestand, dass er sich ein zweites Mal auf so etwas einlassen würde.
    Sicher, konnte durchaus sein, dass seine Brüder der Statistik, die da besagte, dass drei von vier Ehen wieder geschieden wurden, ein Schnippchen schlugen. Ihre Ehefrauen schienen alle süß und liebevoll zu sein. Aber das war ja die Sache mit den Frauen, nicht wahr?
    Sie gaben sich immer süß und liebevoll. Aber sie spielten nur. Sie waren wie Vertreter, die Eskimos Kühlschränke verkauften.
    Warum also überhaupt heiraten?
    Nick kannte die Antwort. Ein Mann wollte etwas Dauerhaftes hinterlassen. Er wollte seinen Namen an seine Kinder weitergeben. Also würde er wohl auch eines Tages heiraten. Doch er würde sich nicht von einer Frau in die Irre führen lassen und glauben, es sei Liebe.
    Draußen vor den Glastüren verdunkelte sich langsam der Himmel. Die Wettervorhersage hatte Regen angekündigt, ausnahmsweise schien sie tatsächlich einmal recht zu behalten. Nick schob die Türen auf und trat hinaus auf die Terrasse.
    Wenn er bereit war, sich eine Frau zu suchen, würde er die ganze Sache logisch angehen. Er brauchte eine Frau, die sich nahtlos in sein Leben einfügte, die keine Ansprüche stellte – die nichts erwartete, außer dass er
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