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Sacramentum

Sacramentum

Titel: Sacramentum
Autoren: Simon Toyne
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Schäden waren neueren Datums, vermutlich von Aufständischen oder auch von amerikanischen beziehungsweise britischen Truppen. Der Geist knirschte vor Wut mit den Zähnen und fragte sich, ob es den Invasoren wohl gefallen würde, wenn Iraker Stonehenge oder Mount Rushmore durchsieben würden.
    »Da drüben! Da müssen wir anhalten.« Der fette Mann deutete auf einen kleinen Felshaufen ein paar hundert Meter von der Hauptruine entfernt.
    Der Fahrer lenkte den SUV darauf zu und brachte den Wagen schließlich mit knirschenden Bremsen zum Stehen. Der Geist suchte den Horizont ab und sah das Flimmern der Luft, die von der heißen Erde aufstieg, die sanften Bewegungen der Palmwedel und in der Ferne Staubwolken. Vermutlich fuhr dort eine Militärkolonne, doch sie war zu weit entfernt, als dass er sich deswegen den Kopf zerbrochen hätte. Er öffnete die Wagentür und drehte sich zu der Geisel um.
    »Zeig’s mir«, flüsterte er.
    Der fette Mann stolperte über die knochentrockene Erde, und der Geist und sein Fahrer folgten ihm in den Fußstapfen für den Fall, dass er sie auf eine Mine führen wollte. Drei Meter vor dem Felshaufen blieb der Mann stehen und deutete auf den Boden. Der Geist sah eine leichte Delle in der Erde. »Sprengfallen?«
    Der fette Mann starrte ihn an, als hätte er seine Familie beleidigt. »Natürlich«, antwortete er und streckte die Hand nach den SUV-Schlüsseln aus. Er nahm sie, richtete sie auf den Boden, und ein leises elektronisches Klicken war zu hören. Dann kniete der fette Mann sich hin, wischte den Staub beiseite, und eine Falltür kam zum Vorschein. Der Riegel war mit einem Vorhängeschloss gesichert, das man zum Schutz vor Sand und Staub in eine Plastiktüte gewickelt hatte. Der fette Mann wählte einen kleineren Schlüssel vom Schlüsselbund, schloss auf und wuchtete die Falltür in die Höhe.
    Sonnenlicht strömte in den Bunker hinein. Der fette Mann stieg auf eine Leiter, die in der Dunkelheit verschwand. Der Geist beobachtete ihn über den Lauf seiner Pistole hinweg. Schließlich schaute der fette Mann wieder nach oben und kniff sein gesundes Auge zum Schutz vor der gleißenden Sonne zu. »Ich werde eine Taschenlampe holen«, sagte er und griff in die Dunkelheit hinein.
    Der Geist schwieg. Er krümmte lediglich den Finger um den Abzug für den Fall, dass seine Geisel plötzlich etwas anderes in der Hand hielt. Dann erschien ein Lichtstrahl in der Dunkelheit und erhellte das geschwollene Gesicht des Werkstattbesitzers.
    Der Fahrer stieg als Nächster hinab, während der Geist seinen Blick noch einmal über den Horizont schweifen ließ. Die Staubwolke hatte sich weiter wegbewegt, nach Norden, in Richtung Bagdad. Sonst war nirgends eine Spur von Leben zu sehen. Zufrieden, dass sie allein waren, ließ er sich in die dunkle Erde hinab.
    Die Höhle war schon in antiker Zeit aus dem Felsen gehauen worden, und sie erstreckte sich mehrere Meter in alle Richtungen. Metallregale, wie man sie auch bei der Army fand, standen an den Wänden. Ihr Inhalt war mit Plastikplanen vor dem Staub geschützt. Der Geist streckte die Hand aus und zog eine Plane beiseite. Das Regal war voller Gewehre, vorwiegend AK-47, die alle gebraucht aussahen. Und darunter standen chinesisch, russisch und arabisch beschriftete Munitionskisten, die mit Geschossen im Kaliber 7,62 mm gefüllt waren.
    Der Geist arbeitete sich durch die Regale und zog eine Plane nach der anderen weg. Weitere Waffen kamen zum Vorschein, darunter Artilleriegranaten, und auch dicke Dollarbündel, Taschen voller getrockneter Blätter und weißem Pulver, und schließlich – ganz hinten in der Höhle auf einem eigenen Regal – fand der Geist, was er suchte.
    Er zog den Sack näher zu sich heran und spürte den schweren Gegenstand darin. Dann packte er ihn vorsichtig und voller Ehrfurcht aus. Im Inneren befand sich eine flache Schiefertafel. Der Geist hielt sie ins Licht, sodass die Zeichen darauf zu erkennen waren. Mit dem Finger fuhr er über eines davon, einen auf dem Kopf stehenden Buchstaben, ein ›T‹.
    Die Waffe noch immer auf die Geisel gerichtet riskierte der Fahrer einen Blick auf das heilige Objekt. »Was steht da?«
    Der Geist zog den Sack wieder über den Stein. »Es ist in der verlorenen Sprache der Götter geschrieben«, sagte er, nahm das Bündel und hielt es in den Armen wie ein Neugeborenes. »Es ist nicht an uns, es zu lesen. Wir sollen es nur beschützen.« Er ging zu dem fetten Mann und funkelte ihn an. »Das gehört dem
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