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Runlandsaga - Wolfzeit

Runlandsaga - Wolfzeit

Titel: Runlandsaga - Wolfzeit
Autoren: Robin Gates
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jung, keine dreißig Jahre alt, mit heller Haut. Trotz seiner schwarzen Haare besitzt er auffällig blaue Augen.«
    Der Händler antwortete und rührte sich nicht. Pándaros fuhr fort. »Ein Krämer meint, jemanden wie unseren verschwundenen Mitbruder in Eurem Laden gesehen zu haben. Es ist nur eine geringe Hoffnung, aber vielleicht fällt Euch noch ein, was er gekauft oder gesagt hat, als er hier war. Jede Kleinigkeit kann uns womöglich einen Hinweis darauf geben, wo er sich inzwischen aufhält.«
    Nach einem Moment des Zögerns fügte er mit fester Stimme hinzu: »Es steht fest, dass er bei Euch war. Wenn Ihr den Orden in dieser Angelegenheit unterstützt, soll es Euer Schaden nicht sein!«
    Er wusste, dass er damit gleichzeitig auch eine unterschwellige Drohung geäußert hatte, für den Fall, dass Gersan ihm seine Hilfe verweigerte. Jedem Einwohner von Sol war bekannt, dass der Tempel des Sommerkönigs in der Stadt das Sagen hatte.
    Abwartend blickte er den Händler an. Auf dessen Gesicht zeigte sich der Anflug eines Lächelns. Pándaros fragte sich, ob er es übertrieben hatte, und der Mann ihn gleich in hohem Bogen aus seinem Laden werfen würde.
    »Er ist Euer Freund, nicht wahr?«
    Überrascht starrte der Priester ihn an, ohne etwas zu erwidern. Diese Entgegnung hatte er nicht erwartet. Aber sie stimmte. Ranár war mehr für ihn gewesen als nur ein Mitbruder. Dass er einfach fort war, als ob der Erdboden ihn verschluckt hätte, hatte jeden bisherigen Tag seit dessen Verschwinden an Pándaros genagt.
    »Ich ... glaube, da war vor ein paar Monden tatsächlich ein Ordensmann in meinem Laden, auf den Eure Beschreibung passt«, fuhr Gersan langsam fort. Ein Ruck ging durch seinen Körper. Er kam wieder hinter dem Tresen hervor. »Nichts für ungut, Priester! Ich muss jetzt wirklich nach meinem Feuer sehen. Kommt doch morgen wieder, dann hatte ich bis dahin Zeit, darüber nachzudenken, worüber ich mich mit diesem Mann unterhalten habe, den Ihr sucht.«
    »Oh, ich könnte durchaus noch einige Kerzen für das Fest heute Abend brauchen«, entgegnete Pándaros schnell. Ich darf mich nicht von ihm abwimmeln lassen!, schoss es ihm durch den Kopf. Wenn ich herausfinden will, warum Ranár verschwunden ist und wohin, muss ich jeder Spur nachgehen!
    »Wenn Ihr sie mir zeigt, könntet Ihr mir währenddessen noch etwas mehr über Euer Geschäft mit unserem Mitbruder erzählen. Ich denke, ich werde sogar eine Menge Kerzen benötigen.«
    Der Händler zuckte seufzend die Achseln. »Ihr seid schwerer loszuwerden als eine Wespe, die ein paar reife Beeren gefunden hat. – Na, da Ihr schon einmal hier seid, warum nicht? Kommt mit.«
    Ohne eine Entgegnung seines Gastes abzuwarten, drehte er sich um und öffnete die Tür an der rückwärtigen Wand des Raumes.
    Ich verstehe wirklich nicht, wie dieser Mann es hinbekommt , sein Geschäft zu halten, dachte Pándaros kopfschüttelnd, während er Gersan eilig folgte, bevor dieser es sich am Ende noch anders überlegen mochte. Der will von Kunden so viel wissen wie eine Katze vom Schwimmen.
    Während er durch die geöffnete Tür in die Stille des dahinterliegenden Zimmers schritt, befiel ihn für einen Augenblick erneut das Gefühl, dass er sich meilenweit vom Alten Markt fortbewegt hatte, hinein in die Welt einer der zahllosen abenteuerlichen Geschichten aus den Büchern, die ihm im Lauf seines Lebens in die Hände gefallen waren. Irgendetwas an diesem Gersan war mehr als eigenartig.
    Dann aber tauchte in seinem Geist erneut die Gestalt seines Ordensbruders auf, dessen verschmitztes Lächeln und seine eindringlichen Augen, manchmal hervorblitzend hinter einer tief in die Stirn hängenden dunklen Haarsträhne. Ein entschlossener Zug trat auf Pándaros´ Gesicht.
    Ranár war nicht davongerannt, weil er den Orden satt gehabt hatte. Die anderen mochten das glauben, aber die kannten ihn nicht gut genug.
    Nicht so wie er.
    Pándaros folgte Gersan und der Spur, die er auf so unerwartete Weise gefunden hatte. Jenes merkwürdige Gefühl hatte er bereits wieder beiseite geschoben.

2
    Neria träumt vom Wald.
    In ihrem Traum herrscht Sommer, jene wenigen Wochen, in denen sich der Norden Runlands so stark erwärmt, dass man tagsüber ins Schwitzen gerät und auch nachts nicht friert. Ein milder Wind flüstert in den Kronen der Buchen und bringt ihre Blätter zum Tanzen. Die Strahlen der Sonne verwandeln sich in tastende Finger, die sich ihren Weg hinunter zum dämmerigen, moosüberzogenen Boden
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