Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ringwelt 08: Der kälteste Ort

Ringwelt 08: Der kälteste Ort

Titel: Ringwelt 08: Der kälteste Ort
Autoren: Larry Niven
Vom Netzwerk:
schimmerten sanftweiß, wo das Licht meiner Helmlampe sie traf. Alles andere war schwarz wie die Ewigkeit. Gestochen scharf glitzerten Sterne über den weichen Klippen; doch ihr Licht machte keinen Eindruck auf das schwarze Land. Das Schiff wurde kleiner und dunkler und verschwand.
    Hier sollte es Leben geben. Niemand hatte auch nur zu erraten versucht, was für eine Art von Leben. Vor zwei Jahren war die Messenger-VI-Sonde, die den Planeten umkreiste, hier in der Nähe niedergegangen, teilweise in der Absicht, zu ergründen, ob die Kappe aus Gasen brennbar war. Während der Landung hatte man im Kamerafeld Dinge beobachtet, die sich wie Schatten aus dem Lichtkegel der Sonde schlängelten. Auf den Filmen waren sie genau zu erkennen. Natürlich hatten ein paar Klugscheißer gemeint, es handele sich tatsächlich nur um Schatten.
    Ich hatte die Filme selbst gesehen. Ich wußte es besser. Hier gab es Leben.
    Etwas Lebendiges, das jegliches Licht scheute. Etwas dort draußen in der Dunkelheit. Etwas Riesiges …
    »Eric, bist du das?«
    »Wo würde ich wohl hingehen?« frotzelte er.
    »Also«, sagte ich, »wenn ich jedes Wort auf die Goldwaage legte, würde ich gar nichts mehr sagen.« Trotzdem war ich taktlos gewesen. Eric hatte einen bösen Unfall gehabt, einen sehr bösen. Er würde nirgendwo hingehen, es sei denn, das Schiff käme mit.
    »Auch wieder richtig«, sagte Eric. »Hat dein Anzug einen spürbaren Wärmeverlust?«
    »Kaum.« Tatsächlich schmolz die gefrorene Luft nicht einmal unter dem Druck meiner Stiefel.
    »Vielleicht ist der fremden Lebensform bereits dieser kleine Wärmeunterschied zu viel. Vielleicht hat sie Angst vor deinem Licht.« Eric wußte, daß ich nichts gesehen hatte. Er schaute durch einen Spion in meinem Helm.
    »Okay, ich werde diesen Berg besteigen und das Licht eine Weile abschalten.«
    Ich drehte meinen Kopf, damit er sehen konnte, welchen Hügel ich meinte, und ging die Steigung hinauf. Es war eine Lockerungsübung, keine Anstrengung bei der geringen Schwerkraft. Ich konnte fast so hoch springen wie auf dem Mond, ohne Angst haben zu müssen, daß ein scharfer Stein mir den Anzug zerriß. Das war alles gepreßter Schnee mit Vakuum zwischen den Flocken.
    Meine Fantasie begann wieder zu arbeiten, als ich den Gipfel erreichte. Schwärze umgab mich; die Welt bestand nur aus Schwärze und Kälte. Ich schaltete das Licht aus, und die Welt verschwand.
    Ich drückte auf einen Auslöser seitlich am Helm, und das Mundstück einer Pfeife schob sich mir automatisch zwischen die Lippen. Der Luftreiniger saugte den ausgeatmeten Rauch unter meinem Kinn ab. Heutzutage fabrizierte man großartige Raumanzüge. Ich saß und rauchte, wartete, erschauerte im Wissen um die Kälte. Schließlich merkte ich, daß ich schwitzte. Der Anzug war beinah schon zu gut isoliert.
    Unser Ionenantrieb erschien über dem Horizont, ein gleißender, sich rasch bewegender Stern. Er verschwand, als er in den Schatten des Planeten eintauchte. Die Zeit verging. Die Füllung in meiner Pfeife war ausgebrannt, und ich verstaute sie wieder.
    »Versuch es mit dem Licht«, sagte Eric.
    Ich stand auf und stellte das Fernlicht ein. Der Kegel reichte 1,6 Kilometer weit. Eine märchenhaft weiße Landschaft wurde lebendig, ein Wintermärchen-Wunderland in Reinkultur. Ich drehte eine langsame Pirouette, schaute, schaute … und sah es.
    Selbst aus der Nähe glich es einem Schatten. Zugleich sah es wie eine sehr flache, monströs große Amöbe aus. Oder wie eine Ölpfütze, die über Eis rinnt. Es lief hügelan, floß langsam und angestrengt an der Flanke eines Stickstoffberges empor, versuchte verzweifelt dem sengenden Licht meiner Lampe zu entkommen. »Den Kollektor!« befahl Eric. Ich hob den Kollektor über den Kopf und richtete ihn wie ein Teleskop auf das flüchtende Rätsel, so daß Eric es im Sucher des Kollektors anpeilen konnte. Der Kollektor spuckte an beiden Enden Feuer und sprang mir aus den Händen. Eric übernahm jetzt die Leitung.
    Nach einem Moment fragte ich: »Soll ich zurückkommen?«
    »Keinesfalls. Bleib, wo du bist. Ich kann den Kollektor nicht zum Schiff zurückbringen! Du mußt warten und ihn zurücktragen.«
    Die Schattenpfütze glitt über den Hügelkamm.
    Die Flamme der Kollektor-Rakete verfolgte sie, stieg hoch, wurde kleiner. Dann tauchte die Rakete hinter den Hügelkamm.
    Eine Sekunde später hörte ich Eric murmeln: »Habe es.« Die helle Flamme erschien wieder über dem Hügel, stieg hoch und bewegte sich
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher