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Riedripp: Kriminalroman (German Edition)

Riedripp: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Riedripp: Kriminalroman (German Edition)
Autoren: Michael Boenke
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brauche. Weitere Fragen?«
    Vicky setzte sich aufrecht auf ihren Stuhl, schüttelte ihr langes Haar und fragte kokett:
    »Sie haben vorhin gesagt, Sie hätten sich bei jemandem in Wilhelmsdorf versteckt, in der Klinik. War das ein Mann?«
    »Das habe ich vorhin schon erwähnt. Nächste Frage!«
    Alisas zartes Ärmchen ging in die Höhe:
    »Frau Fränkel, bekommen Sie jetzt auch eine Strafe?«
    »Ich habe seit gestern einen Rechtsanwalt, es kann sein.«
    Eine Lautsprecherdurchsage unterbrach die ruhige Stimme Ann-Kathrins:
    »Herr Bönle, bitte sofort ins Rektorat!«
    »Entschuldigung. Vielen Dank, Frau Fränkel. Für den Fall, dass es länger geht, vielen Dank, Herr von Abwinkel-Krausermann.«
    Ich gab beiden die Hand und verließ schleunigst, mich nochmals entschuldigend, nichts Gutes ahnend, das Klassenzimmer in Richtung Rektorat.

52 Staatsgewitter
    Das Buch Jesaja
    30:30 Der Herr lässt seine mächtige Stimme erschallen, und man sieht, wie sein Arm herabzuckt mit zornigem Grollen und verzehrendem Feuer, mit Sturm, Gewitter und Hagel.
    30:31 Vor der Stimme des Herrn wird Assur erschrecken, wenn er zuschlägt mit seinem Stock,
    30:32 jedesmal, wenn die Zuchtrute auf Assur herabsaust, mit der der Herr auf es einschlägt. Unter dem Klang von Pauken und Zithern und bei schwungvollem Reigentanz kämpft er gegen Assur.
     
    Mein mächtiger Rektor sah wie immer gut aus. Die rote Fliege saß korrekt, das dunkle Haar seiner Halbglatze war mit viel Gel und einem feinzinkigen Kamm streng an den Schädel geklebt worden, sodass die schön parallel verlaufenden Furchen im diffusen Herbstgegenlicht glänzend zu erkennen waren. Sein dunkelblauer Anzug war von unaufdringlichem Chic, das weiße Hemd blendete. Mit einer grazilen und ebenso bestimmten Handbewegung seiner DIN A4 großen Rechten beförderte er mich auf den Klassenzimmerstuhl vor seinem mächtigen Schreibtisch. Einige Sekunden blickte er mir ins Gesicht, dann nahm er seinen Pelikan-Füllfederhalter und zielte damit auf meine Brust. Freundlich fragte er:
    »Bönle, wissen Sie, warum ich Sie habe rufen lassen?«
    »Nein, Herr Oberstudiendirektor.«
    Sein sensibles Naturell bemerkte mein Unwohlsein und er gestattete seinem Gesicht eine unverbindliche Mimik.
    »Keine Angst, Bönle, ich wollte nur mal wieder mit Ihnen reden. Und da Sie mit Ihren sechs Stunden sehr selten an unserer schönen Schule sind, wollte ich die Gelegenheit gleich beim Schopfe packen und mich mit Ihnen austauschen. Kommunikation ist das A und O eines gelingenden Verhältnisses zwischen Chef und Unterge …, aaah, Kollegen. Unsere letzten Gespräche waren ja nicht sonderlich, aah, erfreulich, wenn ich so sagen darf. Nun, Bönle …«
    »Was nun?«
    »Na ja, einige Erfolge habe ich schon in Ihrer Angelegenheit erzielen können. Das, was heute bei Ihnen im Unterricht abläuft, alle Achtung! Ganz schön mutig! Das zeigt mir, dass Sie, wenn Sie willens sind, doch etwas leisten können, was Schüler und Schulleitung gleichermaßen anspricht. Das ist moderne Pädagogik, das ist Info- und Edutainment, wie es dem modernen Geist unserer Schule entspricht. Machen Sie weiter so! Im pädagogischen Bereich, da haben Sie meine Ratschläge befolgt – und schon sehen Sie den Erfolg! Aaaaber im privaten Bereich, nun ja, da sind mir doch Beschwerden zu Ohren gekommen. Also als Lehrer, als ein Mann der Öffentlichkeit können Sie sich doch nicht in polizeiliche Ermittlungen einmischen! Auch wenn die Ergebnisse gut sind, das tut man doch nicht als Religionslehrer! Ich erwähne in diesem Kontext jetzt bewusst nicht, dass mir auch Beschwerden, Ihre Partnerschaft betreffend, vorliegen. Ein Religionslehrer, im besten Heiratsalter, der in wilder Ehe lebt! Weiß das Ihr Bischof? Aber wie gesagt, das möchte ich Ihnen gar nicht sagen. Vielmehr appelliere ich an Ihre Intelligenz. Seien Sie doch nicht so dumm und setzen sich der Kritik der Öffentlichkeit aus!«
    Mittlerweile war Saitling aufgestanden und durchwanderte angemessenen Schrittes bedächtig sein gepflegtes, mit grauem Teppichboden gepflastertes Reich.
    »Und, Bönle, wir hatten das ja schon vor den Ferien, ich meine, vor der unterrichtsfreien Zeit: Ihr Aukfit! Das geht so nicht!«
    »Outfit!«
    »Sage ich doch, Bönle. Ihr Aukfit ist immer noch, aah, mangelhaft. Ich gestehe ja einem Theologen dunkle Kleidung zu, aber um Himmels Willen doch nicht aus Leder und so eng. Das sieht ja aus, also das möchte ich gar nicht sagen, wie! Und von den Stiefeln sollten Sie sich
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