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Rhavîn – Gesang der schwarzen Seele 2 (German Edition)

Rhavîn – Gesang der schwarzen Seele 2 (German Edition)

Titel: Rhavîn – Gesang der schwarzen Seele 2 (German Edition)
Autoren: Janine Höcker
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Äußeren deutete darauf hin, dass er tot war. Auriel wurde von ihrer Zuneigung zu diesem Mann überwältigt. Die außergewöhnliche Ausstrahlung, die dem Sícyr´Glýnħ auch nach seinem Tod noch geblieben war, fesselte die junge Frau. Sie spürte ein nervöses Kribbeln, fühlte Tausende Nachtfalter in ihrem Schoß. Plötzlich sah sie sich in Rhavîns Armen, erinnerte sich an die Geborgenheit, die sie in seiner Nähe gefühlt hatte. Die Zauberin ergriff vorsichtig die linke Hand ihres Geliebten. Sie neigte sich vor und hauchte ihm einen zärtlichen Kuss auf die Lippen. Behutsam wischte sie ihm dann mit einem Ärmel das geronnene Blut aus dem Gesicht. Dass Renias weißes Kleid rotschwarze Spuren davontrug, interessierte die Hexerin nicht.
    „Rhavîn, was haben sie bloß mit dir vor?“ Auriels Stimme brach, sie seufzte laut auf. „Was habe ich dir angetan?“
    Über ihr füllte sich das Himmelszelt allmählich mit Sternen, der Mond begann, seinen Lauf zu nehmen. Im Hintergrund hallte die Musik der Spielleute. Aus Dutzenden Kehlen tönten fröhliche und kriegerische Lieder, während der Wind hin und wieder den Geruch von geröstetem Fleisch und brennendem Holz herantrug.
    Auriel lehnte sich wieder über Rhavîn, streichelte liebevoll über sein Gesicht. Seine Haut war kühl, aber weich, sodass sich Auriel der Eindruck aufdrängte, ihr Geliebter würde tatsächlich bloß schlafen.
    Wie durch eine unhörbare Stimme aufgefordert, begann sie eine Melodie zu summen, wurde lauter und mutiger. Bald sang Auriel ein sanftes Lied für Rhavîn. Dabei strich sie durch sein dichtes Haar, berührte wie beiläufig seinen Mund, seine Wangen und seine Stirn. Weinend hauchte sie Dutzende zarte Küsse auf seine blasse Haut, während ihre Tränen auf sein Gesicht tropften. Vor ihrem inneren Auge sah sie sich an die schönen Tage in Rhavîns Gesellschaft erinnert. Sie erfreute sich nochmals an seinem Duft, hörte seine tiefe Stimme in ihrem Kopf, spürte seine feste Umarmung.
    Schließlich jedoch endete ihr Lied und Auriels Gedanken kehrten in die Wirklichkeit zurück. Die Zauberin seufzte und verharrte trauernd in ihrer einsamen Umarmung.
     
    „Auriel!“ Renias Stimme weckte die junge Zauberin aus ihren Gedanken. „Ich habe dich überall gesucht.“ Renia kam schnellen Schrittes auf Auriel zu. Sie trug ein dunkles Kleid und einen goldenen Stirnreif. „Ich hätte mir denken können, dass ich dich hier finde. Möchtest du mir nicht folgen? Das Fest hat längst begonnen, das Essen liegt bereit. Der Jarl wartet darauf, dich seinem Gefolge vorzustellen und dich bei Tische zu bedienen. Grímmaldur hat allein für dich den Stuhl neben sich frei halten lassen.“
    „Verzeiht, Renia“, gab Auriel zurück. „Ich komme sofort.“ Gleichzeitig griff sie in den Ausschnitt ihres Kleides und tastete in ihre Bluse, die sie noch immer darunter trug.
    Nur einen Augenblick später zog sie Nymions Horn hervor. Sie betrachtete den magischen Gegenstand einen kurzen Moment lang, dann wandte sie sich wieder an Rhavîn.
    „Es gehört dir, mein Liebster. Ich habe nicht das Recht, es für meinen Schutz zu verwenden. Selbst wenn N’thaldur zurückkehren sollte, um Rache zu nehmen ... Nymion hat dir sein Horn zum Schutz geschenkt und nicht mir. Ich könnte dieses große Geschenk nicht ruhigen Gewissens bei mir tragen, denn es ist das letzte Andenken deines einzig wahren Freundes für dich, mein teurer Rhavîn“, wisperte sie. Mit schmerzverzerrtem Gesicht legte sie die Finger des Dunkelelfen fest um das gewundene Horn und legte ihm die geschlossene Hand dann auf die Brust. „Ich liebe dich!“ Mit Tränen in den Augen wandte sie sich ab.
    Dann eilte Auriel zu Renia hinüber, die sie mit einem fröhlichen Lächeln empfing.
    Gemeinsam gingen die beiden Frauen zum Festplatz hinab, wo sie eine bunte Mischung aus Gauklern, Essen, Musik und Tanz umfing. Als der Geruch gebratenen Fleischs in ihre Nase stieg, überkam Auriel großer Hunger.
    Ich muss etwas essen. Ich bin schon völlig entkräftet. Auriel fröstelte. Traurig warf sie einen sehnsüchtigen Blick auf den Steinkreis, dessen Menhire sich schwarz gegen den dunklen Himmel abhoben. Ich kann meine Tat nicht ungeschehen mache. Mich selbst zu quälen, indem ich faste und mich dazu zwinge, mich meinem Schmerz hinzugeben, macht Rhavîn nicht wieder lebendig. Die Zauberin zwang sich, ihren Kummer für eine kurze Zeit zu vergessen. Von Renia ließ sie sich gern ihren Platz zeigen. So saß sie bald an
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