Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Rendezvous mit Rama

Rendezvous mit Rama

Titel: Rendezvous mit Rama
Autoren: Arthur C. Clarke
Vom Netzwerk:
aber bislang hatten die unerbittlichen Computer von PLANETCOM die Existenz eines Rama- Komitees noch nicht zur Kenntnis genommen.
    »Dieser Commander Norton«, sagte Sir Robert Mackay, der Botschafter der Erde, »hat eine enorme Verantwortung. Was für ein Mensch ist er?«
    »Darauf kann ich Ihnen Antwort geben«, erwiderte Professor Davidson, während seine Finger über die Tastatur seines Gedächtnisblocks flogen. Er runzelte angesichts der Unmenge an Infos die Stirn und begann eine extemporale Zusammenfassung zu geben. »William Tsien Norton, geboren 2077 in Brisbane, Ozeana. Erziehung Sydney, Bombay, Houston. Dann fünf Jahre in Astrograd mit Spezialausbildung in Antriebstechnik. Offizierspatent 2102. Aufstieg durch die normalen Ränge: Leutnant bei der Dritten Persephone-Expedition, zeichnete sich beim fünfzehnten Versuch, eine Station auf Venus zu errichten, aus ... hm... hm... außergewöhnliche Leistungen ... Doppelstaatsbürgerschaft, Erde und Mars ... Frau und ein Kind in Brisbane, Frau und zwei in Port Lowell, Option auf Nr. drei...«
    »Frau?«, fragte Taylor mit Unschuldsmiene.
    »Nein, Kind natürlich«, schoss der Professor zurück, bevor er das Grinsen auf dem Gesicht des anderen bemerkte. Ein leichtes Kichern lief um den Tisch, wenn auch die Delegierten der überbevölkerten Erde eher neidvoll als amüsiert lächelten. Nach hundertjähriger harter Anstrengung war es der Erde noch immer nicht gelungen, ihre Bevölkerung unter die Zielmarge von einer Milliarde zu verringern ...
    »... zum kommandierenden Offizier des Solar-SURVEY-
    Research-Schiffs Endeavour ernannt. Erster Flug zu den rückläufigen Jupitersatelliten ... hm, das war riskant... auf Asteroidenmission, als Auftrag erging, sich auf dieses Unternehmen vorzubereiten ... schaffte es, den Termin einzuhalten ...«
    Der Professor löschte das Monitorblatt und blickte seine Kollegen ringsum an.
    »Ich glaube, wir hatten enormes Glück, wenn man bedenkt, dass er der Einzige war, der so kurzfristig zur Verfügung stand. Wir hätten ja auch einen typischen Durchschnittskommandanten kriegen können.« Es klang, als meinte er die typische strammbeinige Plage der Raumfahrt: Pistole in der einen, den Dienstdolch in der anderen Hand.
    »Der Bericht beweist nur, dass er kompetent ist«, warf der Botschafter vom Merkur ein (Bevölkerungsziffer: 112 500, aber steigende Tendenz). »Wie wird er sich in einer vollkommen neuen Situation wie dieser verhalten?«
    Sir Lewis Sands (auf der Erde) räusperte sich. Anderthalb Sekunden später räusperte er sich auf dem Mond.
    »Nicht eine total neue Situation«, korrigierte er den Hermes-Merkurier. »Auch wenn es vor dreihundert Jahren zum letzten Mal so war. Wenn Rama tot oder unbesetzt ist - und bisher deuten alle Fakten darauf hin -, dann befindet sich Norton in der Lage eines Archäologen, der die Ruinen einer erloschenen Kultur entdeckt.« Er verneigte sich leicht vor Dr. Price, die zustimmend nickte. »Schliemann in Troja oder Mouhot in Angkor Wat sind die naheliegenden Beispiele. Die Gefahr ist minimal. Allerdings kann man Unfälle niemals vollkommen ausschließen.«
    »Aber was ist mit den Fallen und Fußangeln, von denen die Pandora-Leute geredet haben?«, fragte Dr. Price.
    »Pandora?«, fragte der Merkurbotschafter rasch. »Worum handelt es sich dabei?«
    »Eine Bewegung von Verrückten und Narren«, erklärte Sir Robert, so peinlich berührt, wie ein Diplomat dies jemals zugeben würde. »Sie sind davon überzeugt, dass Rama eine mögliche ernste Gefahr darstellt. Eine Schachtel oder Büchse, die man besser nicht öffnen sollte, wissen Sie.« Er bezweifelte, dass der Hermianer es wirklich wusste: Auf Merkur wurde das Studium der Klassik nicht gerade gefördert.
    »Pandora - Paranoia«, knurrte Conrad Taylor. »Aber ja, natürlich, dergleichen ist durchaus denkbar. Aber warum sollte irgendeine intelligente Rasse kindische Tricks anzuwenden versuchen?«
    »Nun, auch wenn wir solche unangenehmen Vorstellungen ausklammern«, fuhr Sir Robert fort, »bleibt noch immer die bei weitem bedrohlichere Möglichkeit, dass Rama aktiv und bewohnt ist. Dann handelt es sich um ein Aufeinandertreffen zweier Kulturen - von sehr unterschiedlichem technologischem Niveau. Wie Pizarro und die Inkas. Peary und die Japaner. Europa und Afrika. Und nahezu ausnahmslos waren die Folgen katastrophal - für einen oder beide Teile. Ich gebe hier keine Empfehlungen, ich weise nur auf Präzedenzfälle hin.«
    »Danke, Sir Robert«,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher