Remes, Ilkka - 8 - Tödlicher Sog
sowie die Jacke und die Handschuhe weggebracht. Roni hatte wissen wollen, wohin, aber der Vater hatte es ihm nicht verraten. Besser, wenn du es nicht weißt, hatte er gesagt. Nach dem Gespräch mit Jenni hatte Roni sein Handy ausgeschaltet. Er hatte kein Wort mit der Polizei reden wollen, bevor er sich mit seinem Vater unterhalten hatte. In der Nacht hatten sie dann alles besprochen, aber Roni war so durcheinander gewesen, dass er sich nicht mehr genau an jede Einzelheit erinnern konnte.
Sein Vater würde ihm ein Alibi verschaffen. Ein todsicheres Alibi. Helsinki Security bot seit vielen Jahren auch einen Detektivservice an. Ein Profi der Sicherheitsbranche und ehemaliger Polizist kannte sich mit diesen Dingen aus. Oder etwa doch nicht? Der Vater hatte nie über seine Zeit bei der Polizei gesprochen, es musste damals irgendetwas Seltsames vorgefallen sein, aber Roni wusste nicht, was. Vielleicht war seinem Vater selbst oder dessen Boss klar geworden, dass ein Weichei sich nicht für die Polizeiarbeit eignete. Ronis Vater hatte eine harte und schwere Kindheit gehabt, aus der er etwas in sich trug, mit dem er immer noch nicht zurechtkam, eine merkwürdige Schwäche, die ihn bis zu einem gewissen Grad in Ronis Augen unweigerlich zum Loser machte. Manchmal hatte sich Roni für seinen Vater geradezu geschämt, wenn der im Boxenbereich gesessen und die Nase in ein Buch gesteckt hatte. Die italienische Sprache, die Geschichte der großen Entdeckungsreisen und die Biografien bedeutender Wissenschaftler waren die Objekte seiner jüngsten Begeisterung. Roni wusste, dass sein Vater ihm zeigen wollte, dass es im Leben mehr gab als Rennautos. Von allen Formel-i-Fahrern bewunderte der Vater am meisten James Hunt, den charismatischen Briten, der Klavier und Tennis gespielt und den gesamten Formel-1-Zirkus mit einem Funken Ironie betrachtet hatte.
Schade nur, dass die Bemühungen des Vaters sinnlos waren.
Er konnte einem richtig leidtun. Roni konzentrierte sich auf das Wesentliche. Nachdem er sein Gespräch beendet hatte, stieg der Vater schnell und sichtlich nervös aus seiner britischen Kostbarkeit auf vier Rädern. Es sah kein bisschen so aus, als hätte er die Lage unter Kontrolle. Enttäuschung, Sorge und ungebremster Zorn erfüllten Roni.
»Wer war das?«, fragte er.
»Marcus. Wir reden später darüber.«
Der Vater machte eine scharfe Kopfbewegung in Richtung Tür. Sie gingen hinein und blieben im Flur stehen.
»Haben sie schon angerufen?«, fragte der Vater beinahe flüsternd. »Wer?«
»Die Polizei«, zischte der Vater.
Teros Jovialität und Sicherheit waren dahin. An ihre Stelle waren Anspannung und Nervosität getreten. Roni wurde selbst immer unruhiger.
»Woher soll ich das wissen, ich habe das Handy ausgeschaltet.« »Gut.« Das schien den Vater zu beruhigen, er berührte Roni am Arm, als wollte er sich für seine Gereiztheit entschuldigen. Sie gingen ins Wohnzimmer und setzten sich dicht nebeneinander auf die Couch.
»Weißt du noch, was wir letzte Nacht ausgemacht haben?«, fragte der Vater leise.
»Vielleicht nicht mehr alles.«
»Wir gehen es noch einmal durch. Du bist gegen sechs Uhr nach Hause gekommen und danach nicht mehr weggegangen. Wir haben gut gegessen und uns noch einmal das Rennen in Monza auf Video angeschaut. Dann haben wir bis um eins ferngesehen. Nach dem Film >Der Marathonmann< bist du schlafen gegangen. In der Nacht hat dich Jennis Anruf geweckt. Anschließend hast du geschlafen bis um acht Uhr am nächsten Morgen.«
Roni nickte erleichtert. Sein Vater sprach wieder entschlossen und ruhig, wie früher, wenn er ihn auf ein Rennen vorbereitet hatte.
»Denk daran, nur dann etwas zu sagen, wenn die Polizei dich fragt. Jedes einzelne Wort aus eigenem Antrieb kann zu Komplikationen führen. Alle werden Verständnis haben, wenn du vor Erschütterung wortkarg bist.« Roni merkte, wie wichtig es für seinen Vater war, dass sie das Ganze heil überstanden. Sie beide, dachte er erleichtert.
»Kimmo war in der Firma«, fuhr der Vater fort, nun wieder angespannter. »Wie war er ... was ...«
»Er stand unter Schock, natürlich. Das war nicht unser Kimmo, das war der Kimmo von früher.« »Was meinst du damit?«
»Nichts. Kimmo ist Kimmo. Hüte dich vor ihm. Er ist... unberechenbar. Schon immer gewesen. Hätte ich ihn damals nicht eingestellt, hätte er sein Leben bestimmt nicht in Ordnung bringen können. Es gibt nicht viele, die einen ehemaligen Knastbruder beschäftigen.«
Toomas Ehaver war
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