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Reise nach Genf

Reise nach Genf

Titel: Reise nach Genf
Autoren: Jacques Berndorf
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Es steht in den Arbeitsverträgen: Ein Wort über die Firma und du fliegst. Ich bin damals geflogen, weil ich am Stammtisch über irgend etwas geredet habe. Es war total unwichtig, aber ich flog, und das Arbeitsgericht hat ihm recht gegeben. Er ist wirklich brutal. Der Baron ist in Ordnung, aber der Baron weiß natürlich nicht, was wirklich läuft.«
    »Was läuft wirklich?«
    »Waffen, jede Menge Waffen. Die sind dann für Israel bestimmt und gehen nach Uganda. Oder sie sind für die Philippinen bestimmt und gehen nach Afghanistan. Oder da steht auf den Frachtpapieren was von Traktoren und Pflügen, und es sind Kanonen aus der Ex-DDR. So was läuft da dauernd.«
    »Mich interessiert aber nur Watermann.«
    »Was wollen Sie wissen?«
    »Watermanns Tod ist fünf Jahre her. Wie Sie wissen, hat man immer bezweifelt, daß es Selbstmord war …«
    »Ja, ja, das weiß ich alles«, unterbrach er mich. »Schließlich lese ich Zeitungen. Wo liegt der Knackpunkt?«
    »Der Knackpunkt ist, daß im Hotel mindestens zwei Leute waren, die offiziell an diesem Tag weder im Hotel noch in Genf waren, verstehen Sie? Ich suche diese Leute, ich versuche, sie zu identifizieren.«
    »Wieso kommen Sie dann zum Baron?« fragte er sehr aufgeregt.
    »Weil ein Privatdetektiv namens Gerber, der für das Bundeskriminalamt, für den Bundesnachrichtendienst, für das niedersächsische Landeskriminalamt und für die Regierung gearbeitet hat, auch im Dienst des Vereins und im Dienst von Westphal stand, und dieser Privatdetektiv in der Tatnacht im Hotel nebenan war.«
    »Gerber ist oft hier. Jetzt auch noch«, sagte er. »Er ist nie beim Baron, immer bei Westphal. Das war damals schon so. Man nimmt hier an, daß Gerber dem Westphal auch Waffengeschäfte vermittelt. Also 1987 war das Jahr, in dem das mit mir passierte. Westphal schmiß mich raus. Ich ging zum Baron, und der wollte mich retten. Er sagte, ich könnte bei ihm als Hausmeister in der Burg anfangen. Wir haben hier das Haus und alle Freunde und Verwandten.« Er seufzte tief und rieb die Hände aufgeregt ineinander. »Aber der Baron durfte mich nicht anstellen, Westphal war dagegen. Westphal ist in Wirklichkeit der Herr auf der Burg, der Baron kann nicht machen, was er will. Man nimmt hier an, daß das finanzielle Gründe hat. Jedenfalls wurde das nichts mit der Stelle. Ich weiß ja nicht, was Sie vorhaben, aber ich weiß, daß Blum und Westphal damals, als Watermann starb, in dem Hotel in Genf waren.«
    An der Fensterscheibe zum Hof war eine Schmeißfliege. Ihr Summen klang sehr laut.
    »Sind Sie sicher?«
    »Ja«, sagte er. »Ich erzähle Ihnen mal, was ich weiß.«
    »Ja, bitte.«
    »Also, das war so: Ich habe damals natürlich nicht an Watermann gedacht, konnte ich auch nicht. Ich lief beim Baron als Hausmeister auf Probe. Das ist ziemlich anstrengend, denn du bist für alles in dem Gemäuer zuständig, für jedes Telefonkabel, jeden Nagel, jedes Wasserrohr. Ein Vertrauensposten ist das. Ich hatte in Blums Büro zu tun. Da war ein Heizkörper geplatzt. Ich kriegte mit, wie er in Genf, in diesem Hotel … ich weiß nicht, wie man das spricht, also …«
    »›Beau Rivage‹.«
    »Richtig. Er buchte dort zwei Zimmer. Eines auf den Namen …«
    »Daun aus München und eines auf den Namen Meile aus Stuttgart.« Ich lächelte zufrieden.
    »Ach, das wissen Sie schon? Na ja, also so war das.« Er kniff die Augen zusammen, er konzentrierte sich.
    »Das bedeutet gar nichts«, sagte ich sanft. »Warum soll er für diese Herren nicht in Genf Zimmer buchen?«
    »Moment, Moment«, sagte er scharf, »das ist noch nicht alles. Blum sagte wörtlich: Wir werden Freitag gegen sechzehn Uhr ankommen. Und Westphal muß dann Daun gewesen sein. Denn an diesem Freitagmorgen holte Westphal den Blum in seinem Wagen ab. Als sie einstiegen, sagte Blum: Genf, wir kommen!«
    »Herr Mannstein, ich muß hier unterbrechen. Wenn Sie behaupten, daß Blum und Westphal als Meile und Daun nach Genf in das Hotel reisten, dann bedeutet das, daß sie als Mörder in Frage kommen. Ich bitte Sie, sich das genau zu überlegen. Ist kein Irrtum möglich?«
    »Keiner«, sagte er ruhig. »Das kann ich beschwören.«
    Ich sah ihn an, stand dabei auf und sagte: »Ich versichere Ihnen, daß ich Sie nicht auffliegen lasse. Ich war niemals hier.«
    »Das ist gut«, sagte er.
    »Ich muß zurück. Noch eine Frage: Was ist das für eine Truppe in dem Zeltlager da oben an der Burg?«
    »Ziemlich haarige Typen. Hier machen sie nichts, hier sind
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