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Rebellion Der Engel

Rebellion Der Engel

Titel: Rebellion Der Engel
Autoren: Brigitte Melzer
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wünschen konnte, vom Aussehen über den Verstand bis hin zum Humor, trotzdem zog sie immer wieder Typen an, die in ihr nur eine Trophäe sahen. Erst vor ein paar Wochen hatte sie Bradley, einen angehenden Investmentbanker, in den Wind geschossen, nachdem sie herausgefunden hatte, dass er sich nicht für sie interessierte, sondern sich lediglich mit ihr schmücken wollte.
    »Ich habe diese oberflächlichen Idioten satt.« Amber setzte sich so ruckartig auf, dass ihre Locken wild hin und her schwangen. »Alles, was einen Anzug trägt, kannst du gleich von der Liste streichen.«
    »Wir haben eine Liste?«
    »Jetzt schon. Und ich kann dir sagen, die Seite …«
    Ein Prickeln in meinem Rücken blendete Ambers weitere Worte aus. Wir waren definitiv nicht allein! Beinahe glaubte ich, eine Hand zu spüren, die mit kühlen Fingern über mein Genick strich. Die feinen Härchen auf meinen Armen richteten sich auf, als sich eine schmerzhafte Gänsehaut über meinen Körper ausbreitete. Ich hatte Mühe, den Verkehr nicht aus den Augen zu verlieren oder panisch auf die Bremse zu treten.
    Da ist niemand, versuchte ich mich selbst zu überzeugen. Hinter uns versteckte sich kein durchgedrehter Axtmörder, der nur darauf wartete, uns abzuschlachten – wäre er da gewesen, hätte ich ihn entdeckt, als ich meine Jacke und die Handtasche auf den Rücksitz gelegt hatte.
    Ich zwang mich, den Axtmörder aus meinen Gedanken zu verbannen und mich wieder auf die Unterhaltung zu konzentrieren, doch das ungute Gefühl ließ sich nicht abschütteln. Unwillkürlich wanderte mein Blick zum Innenspiegel. Der Spiegel hatte einen blinden Fleck am linken Rand, von dem ich hätte schwören können, dass er vorhin noch nicht da gewesen war. Sah dieser Fleck etwa wie eine menschliche Silhouette aus? Ich unterdrückte das Verlangen, mich umzudrehen und nach hinten zu sehen.
    »Stimmt was nicht?«
    Es dauerte einen Moment, bis Ambers Worte zu mir durchdrangen. Ein defekter Spiegel und ein dummes Gefühl, schon drehte ich durch. »Der Spiegel ist im Eimer.« Ich zwang mich zu einem Grinsen. »Ich dachte doch glatt, da sitzt jemand auf dem Rücksitz.«
    Amber lachte. »Dabei hast du noch gar nichts getrunken.«
    »Entweder sollte ich das dringend nachholen oder heute lieber die Finger vom Alkohol lassen.«
    Wir liefen auf einen alten Camry auf, der mit nicht einmal fünfzig Meilen vor uns über die Interstate zuckelte. Ich setzte den Blinker und warf einen Blick in den Außen- und dann in den Innenspiegel, um zu sehen, ob die Spur neben mir frei war. Wieder bemerkte ich den blinden Fleck. Diesmal nicht mehr am linken Rand, sondern in der Mitte des Spiegels. Er war größer geworden. Als beuge sich jemand zwischen den Sitzen nach vorne.
    »Was zum Teufel …?«
    Nicht allein, schoss es mir durch den Kopf.
    Dieses Mal drehte ich mich um – und starrte einem Mann ins Gesicht, der keine Armlänge von mir entfernt saß. Ich schrie auf und verriss das Lenkrad. Der Wagen schoss von der Interstate, die Böschung hinunter und überschlug sich.
    *
    Dunkelheit und Stille umgab mich wie ein schützender Kokon. Tief in mir wusste ich, dass ich die Augen öffnen und aufstehen musste, mir war nur nicht klar, warum. War es Zeit, aufzustehen und mich für die Arbeit fertig zu machen? Noch während ich mich das fragte, drang ein nervtötendes Piepen an mein Ohr. Der Wecker. Verflucht, was hätte ich darum gegeben, noch ein oder zwei Stunden liegen bleiben zu können.
    Was für ein Abend! Ich konnte mich nicht einmal erinnern, wie ich ins Bett gekommen war. Moment mal, ich konnte mich nicht einmal an den Abend erinnern, nur an die Fahrt.
    Und den Mann auf dem Rücksitz.
    Ich fuhr hoch und riss die Augen auf. Statt in meinem Bett saß ich im regennassen Gras am Fuß einer Douglasie, die über mir in den Himmel ragte. Jetzt erinnerte ich mich wieder. Ich hatte die Kontrolle über den Wagen verloren und war von der Straße abgekommen. Wir hatten uns mehrfach überschlagen und … dann endete meine Erinnerung.
    Ich musste aus dem Auto geschleudert worden sein, auch wenn es mir ein Rätsel war, wie das mit angelegtem Sicherheitsgurt möglich sein sollte. Vorsichtig sah ich an mir herunter, suchte meinen Körper nach Verletzungen ab. Da war nichts. Keine unnatürlich verrenkten Gliedmaßen, keine Schnittwunden, nicht einmal Blut. Trotzdem war ich mir sicher, dass ich verletzt sein musste; ein Unfall wie dieser ließ sich unmöglich unversehrt überstehen. Dass ich keine Schmerzen
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