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Rebellion Der Engel

Rebellion Der Engel

Titel: Rebellion Der Engel
Autoren: Brigitte Melzer
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heiseres Krächzen herausbrachte, das schnell in einen schmerzhaften Hustenanfall überging. Schwester Sue setzte mir einen Becher mit Wasser an den Mund und ließ mich ein paar kleine Schlucke machen, ehe sie ihn auf den Nachttisch zurückstellte. Überall an mir waren Kabel befestigt, die zu piependen Monitoren führten, auf denen meine Lebensfunktionen in Linien, Kurven oder Zahlen über den Bildschirm flimmerten. Eine Infusionsnadel ragte aus meinem Arm, der daran hängende Schlauch führte zu einem Gestell, an dem gleich mehrere Beutel hingen. Ich setzte noch einmal zu einer Frage an, doch ich hatte vergessen, was ich wissen wollte. Einen Moment später schlief ich wieder ein.
    Wilde Träume verfolgten mich, von Axtmördern auf Rücksitzen und Dunklen Engeln, die am Straßenrand standen und mir zuwinkten, während ich langsam mit dem Wagen vorüberfuhr. Als ich genauer hinsah, hatte der Engel Dads Gesichtszüge. Die Flügel schwanden und im nächsten Moment war ich nicht mehr auf der Straße unterwegs, sondern lag in einem Krankenhausbett, an meiner Seite mein Dad. Ich sah ihn nur unscharf und verschwommen, doch er war es zweifellos. Er saß in einem der unbequemen Besucherstühle und betrachtete mich nachdenklich. Ich blinzelte, doch statt ein klareres Bild zu bekommen, war er plötzlich verschwunden.
    Tage vergingen, in denen ich keine Kontrolle über meinen Zustand hatte, mein Bewusstsein kam und ging, wie es ihm gefiel – und meistens entschied es sich ausgerechnet dann dafür, sich zu verziehen, wenn ich drauf und dran war, mit einem Arzt oder einer Schwester zu sprechen.
    Schließlich hielten die wachen Phasen länger an, sodass ich endlich Gelegenheit bekam, einen Arzt, der sich mir als Dr. Fiedler vorstellte, mit meinen Fragen zu überhäufen. Streng genommen war es nur eine und selbst die wollte mir erst nach längerem Räuspern und ein paar Schlucken Wasser über die trockenen Lippen kommen. »Was ist passiert?«
    Der Mediziner beugte sich über mich und musterte mich eingehend. Er war ein gut aussehender Mann mit kurzem blondem Haar und freundlichen grauen Augen. Zweifelsohne hätte er es auf Ambers Liste der Männer geschafft, mit denen sie ausgehen würde. »Wie fühlen Sie sich, Miss Underwood?«
    Eine Gegenfrage zu stellen, war unfair, vor allem da ich mir nicht sicher war, ob ich mir so lange merken konnte, was ich wissen wollte – oder ob ich lange genug wach bleiben würde, um die Antwort zu hören. »Sagen Sie es mir.«
    »Nun«, meinte er mit einem breiten Lächeln, »diePatientin ist zu Scherzen aufgelegt. Das würde ich als gutes Zeichen werten.«
    »Kein Scherz«, brachte ich hervor. »Ich will nur Kraft sparen.«
    Das Lächeln schwand nicht aus seinen Zügen, doch in seinen Augen stand nun eine Ernsthaftigkeit, die mich vermutlich erschreckt hätte, wenn ich ein paar Schmerzmittel weniger intus gehabt hätte. »Sie hatten einen wirklich aufmerksamen Schutzengel.«
    Schutzengel? Hätte ich nicht befürchten müssen, dass es schmerzhaft werden könnte – ich hätte darüber gelacht. Zu gern hätte ich sein Gesicht gesehen, wenn ich ihm vom schwarz gefiederten Engel des Todes erzählte. Allerdings fürchtete ich, dass er wohl eher meine Schmerzmitteldosis erhöhen würde, als mich ernst zu nehmen. Vermutlich war dieses Wesen ohnehin nur meiner Fantasie entsprungen. Ich konnte nicht einmal sagen, ob ich diesen Engel tatsächlich gesehen hatte, oder ob er erst später in meinen Träumen aufgetaucht war und ich ihn im Medikamentenrausch für eine echte Erinnerung an den Unfallort hielt.
    Ich hob einen verkabelten Arm. »Das habe ich wohl kaum dem Schutzengel zu verdanken, oder?«
    »Nein, das waren wir, seine irdischen Hilfskräfte.«
    Entweder fühlte ich mich noch nicht gut genug, um Humor zu ertragen, oder aber Dr. Fiedler gehörte doch in die Kategorie Mann, die zumindest ich von Ambers Liste streichen würde. Immerhin begann er endlich zu reden. Ich hatte einen Milzriss davongetragen, der erst im Krankenhaus entdeckt worden war. In einer Notoperation wurde die Blutung gestillt und die Milz entfernt. Mein Kopf war gegen das Lenkrad geprallt, wobei ich mir ein Schädelhirntrauma zugezogen hatte, das CT sei jedoch ohne Auffälligkeiten gewesen. Neben diversen Blutergüssen hatte ich zweigebrochene Rippen, beide waren der Herzdruckmassage zu verdanken. Es war jedoch der Milzriss, der mich um ein Haar ins Jenseits befördert hätte. Tatsächlich, so erklärte mir Dr. Fiedler, war ich mehrere
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