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Rapunzel auf Rügen: Roman (German Edition)

Rapunzel auf Rügen: Roman (German Edition)

Titel: Rapunzel auf Rügen: Roman (German Edition)
Autoren: Emma Bieling
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unfair«, beschwerte ich mich.
    »Dafür praktisch.«
    »Die Tasse ist unhandlich und schwer. Wo bitte ist das praktisch?«
    »Ach, Schätzchen, überleg doch mal. Für zehn normale Käffchen muss ich nur einmal zur Kanne gehen.«
    Wütend winkte ich ab. »Mir doch egal. Ich fahre jetzt sowieso.«
    »Natürlich. Mit deiner Vespa.«
    »Ja, genau!«
    »In strömendem Regen bis Rügen.«
    »O ja!«
    »Ich hoffe, du hast ein Zelt eingepackt, für dich und deine Vespa, weil du nämlich Tage unterwegs sein wirst«, klugscheißerte Richard.
    Von wegen Tage unterwegs! Exakt zweihundertneunzig Kilometer, dachte ich bei mir. Als wenn ich mich nicht informiert hätte.
    »Lass das meine Sache sein! Und überhaupt, lass Mokkaböhnchen in Ruhe. Ohne sie gehe ich nirgends hin.«
    »Ach so! Und ich bin dir egal oder wie?«
    »Bist du nicht! Aber ich brauche das Geld für die letzten Monate meiner Ausbildung. Denn ohne Kohle kein Abschluss.«
    »Ich hätte den Ring verkauft …«
    »Nein, Richard!«, fuhr ich ihm ins Wort. »Ich weiß, was ich tue, ich bin nämlich schon erwachsen. Und ich will meine Verbindlichkeiten und meinen Abschluss selbst bezahlen.«
    Er nippte am Kaffee. »Du bist stur wie ein Esel.«
    »Ich weiß. Und ich bin deine beste Freundin.« Ich stupste ihn an. »Bekomme ich eine Umarmung, bevor ich mich anziehe und davonfahre?«
    Richard stellte seinen Riesenpott ab und drückte mich fest an sich. »Ich will, dass du gesund wiederkommst, hörst du? Und du rufst mich an, sofort wenn du da bist.«
    Ich nickte.
    »Hast du auch genügend Socken und warme Unterhöschen eingepackt? Am Meer weht ja immer ein kühles Lüftchen.«
    »Ja, klar.«
    »Und nimm dich in Acht vor diesen Bestattungstypen und ihre weiß behandschuhten Patschhändchen. Und überhaupt, meldest du dich am besten täglich.«
    »Richard!«
    »Okay, so oft du kannst.«

Ein Schiff namens Friedhild
    Wer glaubt, dass Bestattungsboote immer schwarz sein müssen, irrt. Weiß ist chic, und es ist die Farbe der »letzten Seefahrt« auf Rügen, aber auch der Hoffnung. Auf was eigentlich? Ein besseres Leben nach dem Tod? Irgendwas in der Art musste es sein. Denn warum sonst hatte sich der Firmenchef für diese Farbe entschieden? Einzig der Zusatz »Friedvolle Seebestattung« und eine sich darunter schlängelnde Rosensilhouette wiesen dezent auf den Tod hin. Ich trat ehrfürchtig näher und beäugte die Blumenkränze, die rund um das Schiff gebunden waren. Ein offensichtliches Highlight für die Hauptperson des Begräbnisses, wenn sie es denn sehen könnte.
    »Kann ich Ihnen helfen?«, rief ein Matrose von der Friedhild herüber. Sein Gesicht war aufgequollen, und es hatte die Farbe eines jungen Ferkels, das das Leben noch vor sich hatte. Irgendwie unpassend für einen Begleiter des Himmelfahrtskommandos, dachte ich. Strahlte er doch das Gegenteil davon aus – das pure Leben.
    »Ja! Ich habe einen Termin bei Herrn von Pfaffenhof.«
    Er schnippte mit den Fingern. »Ach, dann sind Sie eine von den neuen Servicekräften.«
    Eine? Wie viele Servicekräfte braucht Gevatter Tod?
    »Scheint so«, erwiderte ich mit dem Charme eines Teenagers. Genauso fühlte ich mich jedenfalls – unsicher und ahnungslos. Er öffnete die Reling und winkte mich auf die Landungsbrücke. »Kommen Sie! Ich bringe Sie zum Kapitän.«
    Die Kajüte des Bestattungsunternehmers glich einem zeitgemäßen Büro, so wie man es auch aus anderen Berufszweigen kannte. Nichts erinnerte an den letzten Gang hinüber ins Jenseits. Ein großer schlanker Mann im schwarzen Anzug trat mir entgegen. »Gestatten, Ottfried von Pfaffenhof.« Dann wies er zum Stuhl. »Bitte nehmen Sie doch Platz.«
    Ich setzte mich und blickte umher, auf der Suche nach dem traditionellen Sargmodell, das ich aus Krimiserien kannte. Aber da war kein Sarg – weder aus Mahagoni noch aus Ebenholz.
    »Suchen Sie etwas?«, fragte er freundlich, aber bestimmt.
    »Nein! Ich dachte nur …«, begann ich zu stottern, während sich meine feuchten Hände im Rucksack, der auf meinen Schoß gebettet war, vergruben.
    »Was dachten Sie?«, forderte er mich auf, meine Antwort zu vervollständigen.
    Ich spürte die Röte, die sich in meine Wangenknochen vorkämpfte und mich dem Matrosen vom Deck optisch näherbrachte. »Ich dachte, es gibt so einen Vorzeige-Sarg, mit verzierten Schlössern, Gravur und aus Edelholz gefertigt.«
    Er lachte. »Das wäre schlecht fürs Geschäft.«
    »Ach ja! Und weshalb?«, fragte ich interessiert.
    »Schwimmende
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