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QED: Die seltsame Theorie des Lichts und der Materie (German Edition)

QED: Die seltsame Theorie des Lichts und der Materie (German Edition)

Titel: QED: Die seltsame Theorie des Lichts und der Materie (German Edition)
Autoren: Richard P. Feynman
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Präzisierung immer weiterer Dezimalstellen hinfällig wurden.
    Auch wenn wir j heute noch mit Hilfe eines verrückten Prozesses errechnen müssen, ist doch nicht auszuschließen, daß eines Tages eine legitime mathematische Verbindung zwischen j und e entdeckt wird. Dann wäre j die mysteriöse Zahl, aus der sich e ableiten ließe. Zweifelsohne würde das eine ebensolche Flut von Abhandlungen über die Berechnung von j heraufbeschwören (natürlich wieder aus dem hohlen Bauch) und j schließlich als 1 geteilt durch 4 mal pi oder ähnliches enttarnt werden.
    Damit haben wir nun alle von der Quantenelektrodynamik aufgeworfenen Probleme angesprochen und wollen uns im folgenden noch kurz der übrigen Physik zuwenden.
    Eigentlich hatte ich bei der Planung dieser Vorlesungen beabsichtigt, mich auf jenen Teil der Physik zu beschränken, der uns bestens vertraut ist, und es mit seiner ausführlichen Beschreibung bewenden zu lassen. Da wir nun schon bis hierher vorgedrungen sind (weil ich, wie jeder ordentliche Professor, außerstande bin, meine Mitteilungsfreude rechtzeitig zu zügeln), kann ich der Versuchung nicht widerstehen, noch ein paar Worte über die restliche Physik zu verlieren.
    Voranschicken muß ich allerdings, daß die übrigen Bereiche der Physik nicht halb so sorgfältig überprüft worden sind wie die Elektrodynamik: Einiges von dem, was ich Ihnen vortragen werde, beruht auf recht brauchbaren Vermutungen, anderes auf teilweise ausgearbeiteten Theorien und wieder anderes auf reiner Spekulation. Deshalb wird es in diesem Teil der Vorlesung etwas kunterbunt zugehen; er wird sich im Vergleich zu den voraufgegangenen Vorlesungen unvollständig und in vielen Einzelheiten lückenhaft ausnehmen. Nichtsdestotrotz bewährt sich die Struktur der Theorie der QED vortrefflich als Ausgangsbasis für die Beschreibung von Phänomenen aus anderen Bereichen der Physik.
    Beginnen wir mit den Protonen und Neutronen, den Bausteinen des Atomkerns, die bei ihrer Entdeckung zunächst für fundamentale Elementarteilchen gehalten wurden. Sehr bald schon stellte sich heraus, daß sie nicht fundamental sein konnten fundamental in dem Sinn, daß es zur Berechnung ihrer Amplitude, von einem Punkt zu einem anderen zu wandern, genügte, bei der Formel E(A nach B) lediglich n durch eine andere Zahl zu ersetzen. Zum Beispiel erhielte man für das Proton ein magnetisches Moment von nahezu 1, wenn man es auf dieselbe Weise errechnete wie beim Elektron. In Wahrheit ergaben die Experimente die vollkommen verrückte Zahl – 2,79! Deshalb merkte man bald, daß im Proton etwas vorging, was die Gleichungen der Quantenelektrodynamik nicht berücksichtigten. Ganz ähnlich lagen die Dinge beim Neutron, das als neutrales Teilchen eigentlich keine magnetische Wechselwirkung hätte zeigen dürfen, in Wirklichkeit aber ein magnetisches Moment von etwa – 1,93 besitzt! So wußte man schon seit langem, daß auch im Neutron nicht alles mit rechten Dingen zugehen konnte.
    Dazu kam noch das Rätsel, was die Neutronen und Protonen im Atomkern zusammenhält. Der Austausch von Photonen, das stand von allem Anfang an fest, genügte nicht; es mußten weit stärkere Kräfte am Werk sein: Das Aufbrechen eines Kerns erforderte viel mehr Energie als die Abspaltung eines Elektrons vom Atom – wie umgekehrt bei der Explosion einer Atombombe mehr Energie freigesetzt wird als bei der Explosion von Dynamit: wird bei dieser lediglich die Elektronenanordnung verändert, so wird bei jener die ganze Protonen-Neutronen-Anordnung umgekrempelt.
    Um mehr über die den Atomkern zusammenhaltenden Kräfte herauszufinden, wurden immer energiereichere Protonen auf Kerne geschossen – in der Erwartung, nur wieder Protonen und Neutronen zu erhalten. Ab einem bestimmten Energiegrad jedoch tauchten neue Elementarteilchen auf. Erst Pionen, dann Lambdas und Sigmas und Rhos, und schließlich reichte das Alphabet nicht mehr aus. Dann kamen Elementarteilchen mit Zahlen (ihren Massen), wie Sigma 1190 und Sigma 1386. Und schon bald mußte man erkennen, daß der Zahl der Teilchen in der Welt keine Grenze gezogen ist, daß sie von der zum Aufbrechen des Atomkerns verwendeten Energie abhängt. Gegenwärtig kennen wir über vierhundert solcher Partikel, was den Physikern unannehmbar, da viel zu kompliziert erscheint! 24
    Große Erfinder wie Murray Gell-Mann wurden fast verrückt über dem Versuch, die Gesetze, nach denen all diese Teilchen agieren, zu entdecken, und in den frühen siebziger
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