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Psycho-Logisch Richtig verhandeln

Psycho-Logisch Richtig verhandeln

Titel: Psycho-Logisch Richtig verhandeln
Autoren: Vera F. Birkenbihl
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aber noch heiß ist. Sofort empfindet er heftige Unlustgefühle, die sein Denkhirn zunächst »total« blockieren. Er schreit auf, gleichzeitig die Hand wegziehend (Fluchtverhalten) und schüttelt jetzt die Hand vor Michaels Nase in der Luft (um die Haut abzukühlen, eine Reflexhandlung, ausgelöst vom Rep.). EinenMoment später löst sich die »totale« Denkblockade teilweise auf: Er schreit einige höchst unfreundliche Sätze, Ehefrauen und vergessenen Zucker betreffend, bis er sich langsam beruhigt. Nun kann sein Denkhirn über eine Strategie zum Abbau des Unlustgefühls nachdenken. Soll er nun Mehl draufstreuen, wie man es in seiner Kindheit tat? Oder sollte er die »neue« Theorie ausprobieren und Eiswürfel auflegen?
    Aus diesem Fallbeispiel sehen wir:
    1. Ein Ziel des Denk-Hirns (Michael eine gute Erklärung zu geben) wird im Zweifelsfalle sofort geopfert, wenn das Rep. sein eigenes Ziel hat (Unlustgefühle zu vermeiden durch Kampf- oder Fluchtverhalten).
    2. Die erste Reaktion bei akuter Gefahr für Gesundheit und/oder Wohlbefinden löst eine »totale« Denkblockade aus. Das Rep. handelt jetzt selbständig. Wir nennen solche Reaktionen oft »instinktiv«, »automatisch«, »unbewußt« u.ä.
    3. Wiewohl wir von einer Kampf- oder Flucht-Reaktion sprechen, können auch oft beide Verhaltensweisen hintereinander (oder miteinander) auftreten, z.B. wenn jemand einer Gesprächssituation, welche Unlust auslöst, entflieht, dabei aber die Tür laut und aggressiv zuknallt (Kampf).
    4. Wenn jemand schimpft, tobt oder herumschreit, dabei jedoch Worte und Sätze von sich gibt, dann ist das Denk-Hirn bereits teilweise wieder aktiv. Denn bestimmte typisch »menschliche« Verhaltensweisen, wie die Sprache, gehen immer mit Denkhirn-Aktivitäten einher.
    5. Wiewohl das Denk-Hirn beim Prozeß des Herumschreiens mit beteiligt gewesen war, befand sich Herr Huber nicht ausschließlich im analytischen Bereich, sonst hätte er ja gemerkt, daß es keinen Sinn hat, die nicht-anwesende Ehefrau zu beschimpfen. (Wenn der Mensch nur halb so rational wäre, wie er gerne glaubt, würden 80 % aller irrationalen Handlungen nicht Zustandekommen!)
    Wir hatten gesagt, daß das Rep. immer dann »eingreift«, wenn seine Bedürfnisse gefährdet seien. Was sind denn dann diese Bedürfnisse?
    Diese Frage ist nicht leicht zu beantworten, und zwar aus zwei Gründen:
    1. Das Rep. ist in erster Linie für die Absicherung des Überlebens, der Gesundheit und des Wohlbefindens zuständig. Da aber der Mensch nicht nur ein Rep., sondern auch ein Denk-Hirn hat, kann sein Wohlbefinden durchaus von Dingen abhängen, die mit dem Überlebennichts zu tun haben. Diese typisch »menschlichen« Bedürfnisse werden aber ebenfalls vom Rep. mit-geschützt.
    2. Diese typisch »menschlichen« Bedürfnisse wurden zum größten Teil von Psychologen erarbeitet. Die Psychologie ist aber eben keine exakte Wissenschaft, so daß gerade hier der Streit verschiedener psychologischer Schulen recht laut ist. Inwieweit die Informationen der einen oder anderen Gruppe letztlich »besser« sind, ist m.E. noch nicht abzusehen.
    Deshalb werden wir uns die Bedürfnisse hier nur insoweit ansehen, wie sie zum Versäumnis unseres Themas (Verhandlungsstrategie) von Nutzen sind. Ich stütze mich dabei überwiegend auf die Arbeiten von CAMPBELL (13), VESTER (42), SPITZ (37), und MONOD (30) für den physiologischen (biologischen) Bereich und BERNE (2), MASLOW (29) und WATZLAWICK (46-49) für den psychologischen Bereich. (Was die Reptiliengehirn-Reaktionen angeht, werden wir psychologische Bedürfnisse hier mit eingliedern. Ansonsten findet die Besprechung psychologischer Mechanismen erst im zweiten Kapitel statt.)
    Um es gleich vorwegzunehmen: Das Rep. hat nur eine einzige (Doppel-) Funktion: Es will
Lust suchen und Unlust vermeiden.
    Hoffentlich empfinden Sie jetzt keine Unlust, wenn Sie den Gedanken lesen. Manche Menschen mögen es nicht, wenn man behauptet, alles tierische Leben sei mit diesem Bestreben ausgestattet. Andere wiederum können sehr wohl akzeptieren, daß jeder Organismus danach trachtet, Unlust (z.B. Schmerz) zu vermeiden, wollen aber die Suche nach Lust ablehnen. Hierzu sei gesagt: Wenn ein Physiologe oder ein Psychologe »Lust« sagt, meint er damit: »Befriedigung vitaler Bedürfnisse«. So daß die »Lust« im landläufigen Sinne zwar ein, aber eben nur ein (kleiner) Aspekt dessen ist, was wir unter »Lust« in diesem Rahmen verstehen.
    Wenn wir diesen Gedanken (zumindest als
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