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PR NEO 0039 – Der König von Chittagong

PR NEO 0039 – Der König von Chittagong

Titel: PR NEO 0039 – Der König von Chittagong
Autoren: Michael Marcus Thurner
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habe ...«
    »Die Entscheidung liegt bei dir.« Kakuta bemühte sich wegzuhören. Er wollte nichts über Elend und Not dieser Leute hören und über ihre verzweifelten Versuche, sich freizustrampeln. Er vertrug es nicht. Nicht mehr.
    »Mit diesem Geld kann ich mir nur eines von dreien leisten.« Bankim kehrte zu ihnen zurück. »Wie würdest du dich entscheiden? Für die Gesundheit deines Kindes? Dafür, dem Bruder eine Möglichkeit zu geben, aus seinem Elend auszubrechen? Oder aber für die Finanzierung eines Lebenstraums, der womöglich der gesamten Familie Wohlstand beschert? Was würdest du an meiner Stelle tun?«
    »Ich weiß es nicht«, gestand Kakuta. »Wahrscheinlich würde ich in erster Linie an mein Kind denken.«
    Bankim sah ihn an. Lange. »Gib mir eintausend Taka für die Information – und ein Darlehen, das nochmals so hoch ist, solltest du mit meinen Informationen zufrieden sein. Ich zahle es dir so rasch wie möglich zurück.«
    Eine Familie. Er würde sie womöglich retten, aus dem Sumpf der Armut ziehen und ihr eine rosigere Zukunft bescheren. Eine von etwa dreißig Millionen, die in Bangladesch unter der offiziellen Armutsgrenze der UNO lebten.
    »Einverstanden«, sagte Kakuta dann.
    Bankim spuckte in die Rechte und reichte sie ihm. Kakuta tat es ihm gleich, sie schüttelten die Hände und besiegelten damit ihr Übereinkommen. »Kommt heute Abend gegen zehn Uhr zum Mittelrumpf der QUEEN KATE. Ich werde auf euch warten. Sollte ich innerhalb von fünfzehn Minuten nicht auftauchen, dann verschwindet so rasch wie möglich. Lauft weg, dreht euch nicht um und vergesst mich.«
    Bankim wandte sich grußlos ab und verlor sich in der Menschenmenge, die sich mit beginnender Nervosität Richtung Osten wandte. Gebetsteppiche, bunte Tücher oder auch nur Zeitungspapiere wurden ausgebreitet, um das Nachmittagsgebet zu sprechen.
    »Das ist immerhin ein Anfang«, meinte Sengu.
    »Allerdings kein besonders schöner.« Kakuta schüttelte den Kopf. Er fühlte gleichermaßen Scham, Traurigkeit und Zorn. Je länger er hier verweilte, desto elender fühlte er sich. Chittagong war ein Ort, in dem die Hoffnungslosigkeit florierte.
     
    Die QUEEN KATE war ein Containerschiff mit berühmt-berüchtigtem Namen. Der Stapellauf war 2017 in Nantong erfolgt, der Heimathafen war der neu errichtete Yangshan Port südlich von Shanghai gewesen, einer der modernsten und größten Containerterminals weltweit. 2032 war das Schiff am Kap der Guten Hoffnung Leck geschlagen, aus Gründen, über die sich die chinesische Regierung ausschwieg. Gefährliche kennzeichnungspflichtige Substanzen, die auf der der QUEEN KATE nichts zu suchen gehabt hatten, waren containerweise im Meer versunken. Die möglichen und tatsächlichen Auswirkungen auf die lokale Flora und Fauna waren nach wie vor nicht vollends geklärt, zumal China jegliche Zusammenarbeit mit den süd-afrikanischen Behörden verweigert hatte.
    Das unter großen Mühen geborgene Schiff lag nun hier, nahe dem ehemaligen Fischerdorf von Süd-Kattali, das vor wenigen Jahren vom Inhaber einer großen Abwrackwerft konfisziert worden war. Die QUEEN KATE war in drei etwa gleich große Scheiben geschnitten, von denen jede immer noch 130 Meter maß, 50 Meter breit und 30 Meter hoch war. Es waren einige der größten Brocken, die derzeit im Brackwasser des Golfs von Bengalen feststeckten. Südlich dieses Abschnitts waren Teile zweier Kreuzfahrtschiffe zu sehen, die noch größer, noch monumentaler wirkten.
    Der Mittelteil der QUEEN KATE ragte vor Kakuta hoch. Wenn er den Kopf in den Nacken legte, konnte er die wie Ameisen wirkenden Quittagonger beobachten. Sie arbeiteten mit Schweißbrennern, um tonnenschwere Platten aus der QUEEN KATE zu schneiden und sie unter größten Mühen abzuseilen. Die Arbeiter nahmen dabei keinerlei Rücksicht auf die Statik des riesigen Objekts. Die Vorarbeiter, die sich durch meist helle und saubere Gewänder von den anderen traurigen Gestalten hier unterschieden, gaben lautstarke Anweisungen. Schrien durcheinander, deuteten mal hier-, mal dorthin. Hielten ihre Leute auf Trab und knabberten Cocabetta-Blätter.
    »Und nun?« Sengu sah sich um. »Es gibt Hunderte Plätze im Inneren des Wracks, an denen Bankim auf uns warten könnte.«
    Ein Ton, ähnlich dem einer Alarmsirene, erfüllte die salzgeschwängerte Luft. Die Arbeiter unterbrachen ihre Arbeit dort, wo sie standen, saßen oder hingen, legten ihre Geräte beiseite und verließen das Schiff.
    »Die Ameisen haben
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