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PR 2642 – Der Maskenschöpfer

PR 2642 – Der Maskenschöpfer

Titel: PR 2642 – Der Maskenschöpfer
Autoren: Michael Marcus Thurner
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daran gewöhnen.«
    »Du kannst deine eigene Maske morgen am frühen Nachmittag abholen.«
    »Soso ... Mag sein, dass ich keine Zeit finden werde. Vielleicht komme ich erst übermorgen.«
    »Aber ...«
    »Keine Sorge, alter Mann! Deine Adgerce ist bei mir in guten, in sicheren Händen.«
    Porpyrim Andergas winkte beiläufig, überprüfte den Sitz seines Anzugs und drehte sich weg, um das Geschäft grußlos zu verlassen. Er ließ die Tür einen Spalt offen, als wollte er den Gepflogenheiten auf Lirbe Hohn spotten. Mit eiligen Schritten überquerte er die breite Straße, um im Schatten der Palastbauten unterzutauchen, nicht ohne vorher zwei verelendeten Frauen in weitem Bogen auszuweichen, die bittend die Hände nach ihm ausstreckten.
    Fartokal drückte die Tür zu. Sein Herz raste wie verrückt.
    Noch gestern hätte er eine derartige Behandlung mit der notwendigen Gelassenheit übergangen. Doch der Beamte hatte ihn an mehreren wunden Punkten zugleich getroffen: Er hatte ihm sein Alter bewusst gemacht. Hatte ihn auf den schlechten Geschäftsgang hingewiesen. Hatte ihn erpresst. Hatte ihn an den Idealismus seiner jungen Jahre erinnert, der der Lethargie gewichen war und ihn hatte vergessen lassen, wie schlimm es um breite Teile der Bevölkerung auf Lirbe bestellt war.
    Ächzend ließ er sich auf seinem Stuhl nieder und streckte die Beine von sich. Die einfache Beamtenmaske würdigte er keines Blicks. Auch die Sorge um die Adgerce war wie weggeblasen. Es kümmerte ihn nicht sonderlich, ob Porpyrim sie ruinierte oder sie einfach für sich behielt.
    Alles, was ihn nun beschäftigte, war das Gefühl der Hilflosigkeit. Und der Gedanke, ein Leben verschwendet zu haben. Mit Arbeit, mit der Suche nach ein wenig Ruhm und Anerkennung. Ohne jemals das Gefühl von Intimität kennengelernt zu haben und sich die Zuneigung einer Frau zu sichern.
    War es wirklich zu spät, etwas zu ändern? – Was, wenn er den Laden verkaufte und mit den Erlösen in einer der wenigen sicheren Landprovinzen auf dem Mittelkontinent ein Häuschen kaufte? – Grund war teuer, gewiss. Doch er stellte keine hohen Ansprüche. Und wenn sich eine tüchtige Frau fand, die zu wirtschaften vermochte, Benlie Arcenthea zum Beispiel, konnte ein ruhiges Leben im Alter viele seiner Fehler und Versäumnisse vergessen machen.
    Aus den Augenwinkeln nahm er eine Bewegung wahr, wo keine sein durfte.
    Auf einem Sims oberhalb des Werkzeugkastens saß etwas. Eine Gestalt, die es nicht geben dürfte.
    Fartokal Ladore drehte langsam den Kopf, hoffend, dass sich das ... Ding wieder verflüchtigen würde. Doch es blieb, und je länger er es beobachtete, desto deutlicher wurden seine Umrisse und seine Gestalt.
    Ein felides Wesen. Ein Raubtier. Es riss das Maul auf, als wollte es eben drauflosbrüllen. Aus seinen schaumbedeckten Flanken ragten mächtige Flügel, die sich bewegten, als würde stürmischer Wind durch den Laden wehen. Die Schwingen wirkten zäh und ledrig, der drachenähnlich geschuppte Schweif bewegte sich unruhig. Er fegte über den Sims und wirbelte Staub auf. Staub, der gar nicht existierte, schließlich war der Raum vor Kurzem antistatisch gereinigt worden!
    Das Löwenwesen roch streng. Es dünstete einen säuerlichen Gestank aus, den Fartokal niemals vergessen würde.
    »Wie geht es dir?«, brüllte der Escaran. Sein Schutzgeist. Sein Begleiter, der sich in mehr oder minder regelmäßigen Abständen blicken ließ.
    »Gut«, antwortete Fartokal verdattert. Der Escaran hatte niemals zuvor ein Wort mit ihm gewechselt.
    »Du hattest ein langes Leben. Ein gutes Leben. Es war schön, bei dir zu sein.«
    »Danke!«
    Diese Unterhaltung durfte nicht stattfinden! Was hier geschah, überstieg bei Weitem seinen geistigen Horizont. Träumte er? Lag er im Fieberwahn, durch Bakterien, Viren, chemische Kampfsubstanzen verunreinigt, die irgendwie in seine Räumlichkeiten vorgedrungen waren und ihm nun etwas vorgaukelten, was unmöglich sein konnte?
    »Du weißt, wer ich bin?«, fragte das Löwenwesen mit den Flügeln.
    »Du bist mein Escaran, mein Harmoniebewahrer, und ich bin dein Escalant, dein Harmonieträger.«
    »Das stimmt. Gewissermaßen. Aber woher beziehst du dieses Wissen?«
    »Man lernt es. In der Schule ...«
    Fartokal verstummte. Das stimmte nicht. In der Schule war über dieses Thema niemals gesprochen worden, zumindest nicht offiziell. Man hatte bloß gemunkelt. Waghalsige Behauptungen über Schutzgeister aufgestellt, die manchem Lirbal beiseitestanden und die man
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