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Polivka hat einen Traum (German Edition)

Polivka hat einen Traum (German Edition)

Titel: Polivka hat einen Traum (German Edition)
Autoren: Stefan Slupetzky
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Arzt zu Singh, «und wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich von einem Wunder sprechen.»
    «Auf einer geraden Straße ist noch niemand verlorengegangen», gibt Singh mit freundlichem Nicken zurück. Indem er sich von seinem Stuhl erhebt, fügt er hinzu: «Ich lasse Sie jetzt besser Ihre Arbeit machen. Dann also bis morgen, Herr Bezirksinspektor.» Er schenkt Polivka ein letztes Lächeln und verlässt den Raum.
    Die REINE WAHRHEIT vom 2. Juli 2012
    Torres und Co. im Fussballhimmel
    Mit einem wahren Torregen ging gestern die Euro 2012 im Olympiastadion von Kiew zu Ende. Die Spieler der spanischen Mannschaft deklassierten ihre italienischen Finalgegner mit einem klaren 4:0. Schon in der 14. Minute …
    Polivka legt das Blatt zur Seite. Singh und die Kollegen aus der Berggasse sind zwar so nett gewesen, ihm die Chronik seiner vierzigtägigen Absenz ans Krankenbett zu liefern, aber nicht so nett, sie auch in der korrekten Abfolge zu stapeln. Grund für eine Rüge ist das freilich keiner: Mit dem Ablagesystem im Kommissariat hat Polivka ja selbst die größten Schwierigkeiten; nicht erst einmal hat ihm Hammel deshalb schiefe Blicke zugeworfen.
    Hammel.
    Wie es ihm wohl geht, denkt Polivka. Er hebt den Kopf und schaut zur Tür, die sich jetzt einen Spaltbreit öffnet. Eine Hand schiebt sich herein, ein dunkler Haarschopf, schließlich ein Gesicht, an dem vor allem ein Accessoire ins Auge sticht: die schwarze Augenklappe.
    «Hammel!» Polivka schnellt hoch und lässt sich – schwindlig von der ungewohnten Position – gleich wieder in das Kissen sinken. «Hammel», sagt er noch einmal, um ein fast unhörbares «Ferdinand …» hinzuzufügen.
    «Schön, Sie wieder unter uns zu wissen, Herr Bezirksinspektor.» Hammel zieht sich einen Stuhl ans Bett und wartet, bis ihm Polivka bedeutet, sich zu setzen. «Ich hab gleich gewusst, Sie lassen sich nicht unterkriegen», sagt er dann. «Nicht unser Herr Bezirksinspektor, und schon gar nicht von so einem blöden Magenleiden. Also, Chef, wie geht es Ihnen?»
    «Gut, Hammel, gut. Zumindest nach Meinung der Ärzte. Vorhin war ein weißer Halbgott auf Visite da, der hat gesagt, ich solle meinen mühsam wiederhergestellten Körper künftig besser pflegen: kein Kaffee, kein Alkohol und keine Zigaretten, keine Rockmusik, kein Heroin und keine Pornofilme …»
    «Wirklich?» Hammel reißt das rechte Auge auf.
    Er ist noch ganz der Alte, freut sich Polivka. Mit einem warmherzigen Schmunzeln schüttelt er den Kopf. «Nicht wirklich, Hammel. Nur zum Teil. Der Chefarzt hat mir dringend anempfohlen, eine Diätberaterin aufzusuchen.»
    «Sind Sie denn nicht eh schon länger auf Diät?»
    «Mehr oder weniger, vor allem in den letzten vierzig Tagen: Leider ist die Medizin noch nicht so weit entwickelt, dass sie einen Schweinsbraten durch einen Infusionsschlauch kriegen würde. Jetzt aber genug von mir. Wie ist es Ihnen denn ergangen, seit Paris? Steht Ihnen übrigens hervorragend, die Augenklappe.»
    «Danke, Chef. Ich hab zwar auch ein Glasaug, aber das verrutscht mir immer, und ich wollt Sie nicht gleich so erschrecken, dass Sie mir wieder ins Koma fallen.»
    «Das lob ich mir. Seit wann sind Sie zurück in Wien?»
    «Seit gut vier Wochen. Ohne Ihre Hilfe, Chef, hätt ich das alles nicht so locker hinbekommen.»
    «Meine Hilfe? Aber … Frau Guillemain und ich, wir haben Sie doch nur ins Spital gebracht. Und dann sind wir gleich wieder fort, um …»
    «Ja, ich weiß schon, um sich diesen Kerl zu schnappen. Was Ihnen ja auch gelungen ist – der Doktor Singh hat mir das ganz genau erzählt.» Auf Hammels Piratengesicht macht sich ein seliges Lächeln breit, während er weiterspricht. «Dass Sie mir aber extra Ihre eigene Frau Mutter nach Paris geschickt haben, das war wirklich eine große Geste, das vergess ich Ihnen nie.»
    Für einen Augenblick versteift sich Polivka und mustert Hammel misstrauisch. Doch er kann nichts entdecken, was sich auch nur ansatzweise als versteckter Spott interpretieren ließe. Ironie ist sowieso nicht Hammels Stärke, seine Worte waren ernst gemeint, sein rechtes Auge glitzert feucht und dankbar.
    «Ihre gute Frau Mama: so aufopfernd und selbstlos, so humorvoll und charmant. Ein wahrer Schatz, wenn ich mir diese Anmerkung gestatten darf.»
    «Sie dürfen, Hammel.»
    «Und sie war in ständiger Verbindung mit dem Obersten …»
    «Was soll das heißen? Mit dem Schröck?»
    «Genau. Die beiden haben mehrmals täglich miteinander konferiert, und wie ich dann endlich
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